Stormarner Tageblatt 09.06.2018
Stormarner Wochenschau
Sage niemand, es ginge nichts anders
Party-Kids Ist der Kunstrasen auf dem Oldesloer Exer ruiniert? Nein, ist er definitiv nicht! Ist es eine Sauerei, dass eine Horde Party-Kids dort haufenweise Müll hinterlassen hat? Ja, ist es definitiv! Deshalb jetzt aber wieder die Rufe nach einem Zaun anzustimmen, ist leicht als interessengesteuert durchschaubar und löst „das Problem“ nicht.
Jugendliche haben friedlich gefeiert, hatten in großer Zahl ihren Spaß. Das ist doch schön. Okay, es wurde auch gesoffen. Aber offenbar nicht dermaßen viel, dass sich die Polizei zum Handeln genötigt sah oder gar Notärzte gerufen werden mussten. Wäre da bloß nicht der Müll. Der Exer ist als offene Anlage konzipiert – und das wird nirgendwo anders in der Stadt so gelebt wie dort. Auf dem Platz ist immer Leben. Es ist eine Freude das zu erleben. Dass sich dort Menschen nicht an die Regeln halten, ist bitter. Aber wenn man Sozialarbeiterstellen, ob nun an Schule oder als Streetworker, streichen oder gar nicht erst einrichten will, darf man sich auch nicht wundern. Das soll nicht als Entschuldigung herhalten, kann aber vielleicht ein Teil der Lösung sein.
Quote Das kommt von sowas. Bei der konstituierenden Sitzung der Oldesloer Stadtverordnetenversammlung wurde erstmals bei der Besetzung von Gremien die Einhaltung des Gleichbehandlungsgesetzes eingefordert. Drei Männer in den Aufsichtsrat – die Zeiten sind vorbei. Nur zwölf von 34 Stadtverordneten sind weiblich. Die CDU hat nur zwei Frauen, die SPD gar nur eine unter ihren Abgeordneten. Das sind Quoten weit unterhalb von gut und böse. Die anderen Fraktionen sind da deutlich besser. Satte 100 Prozent Frauen bei der FDP, drei von fünf Grünen sind weiblich, FBO und Linke kommen auf 50 Prozent Frauen. Aber immerhin haben wir nach vielen Jahren mal wieder eine Bürgerworthalterin. Glückwunsch an Hildegard Pontow von der CDU. Aber ist das mehr als nur ein Alibi? Jeder weiß, dass die politische Arbeit in den Ausschüssen gemacht wird. Keine Fraktion konnte sich dazu durchringen, eine Ausschussvorsitzende zu nominieren. Das war vergangene Periode noch anders: Bis auf den Umweltausschuss waren alle Ausschüsse weiblich geführt. Es soll also keiner sagen, dass es nicht anders ginge.
Unabgeholt Schön ist das wahrlich nicht und auch keine vertragsgemäße Erfüllung der Pflichten. Die seit Monaten anhaltende Verspätung bei Abholung der grauen und braunen Tonnen wirft kein gutes Licht auf die so oft gelobte Abfallwirtschaftsgesellschaft – siehe Karikatur. Die AWSH ist der richtige Ansprechpartner. Direkt kann die Gesellschaft der Kreise Stormarn und Herzogtum Lauenburg aber nichts dafür, auch wenn ein lapidares „Sorry für Verzögerungen“ auf der Homepage natürlich nicht ausreicht. So wie die Kreise die Aufgabe der Müllentsorgung auf die AWSH übertragen haben, hat die AWSH die Abholung der Tonnen ausgeschrieben. Zum 1. Januar 2014 hatte das die Grabau Entsorgung GmbH aus Geesthacht übernommen, die dafür 35 Mitarbeiter einstellte und 24 Fahrzeuge anschaffte. Nach den Anlauf- und Umstellungsschwierigkeiten klappte das vier Jahre normal. Im März musste bereits die Abfallfibel neu gedruckt werden, weil die Touren umgestellt wurden und die Termine nicht mehr stimmten. Das war nicht der Anlass für die anhaltenden Probleme, aber der Auftakt. Seitdem kam es durch den Ausfall und Weggang von Fahrern zu Verzögerungen, die durch die Feiertage im Mai kumulierten. Zwei Arbeitstage sind über das Wochenende schon vier Tage, an denen Tonnen unabgeholt an der Straße stehen. Kritik ist also berechtigt, nur wer hat Schuld? Wenn die Firma Grabau grundsätzlich ein schlechter Arbeitgeber ist, hätte es schon früher Probleme gegeben, zumal das Unternehmen vor 2014 auch schon die Tonnen im Herzogtum abgeholt hatte. Sind es Firmen in Hamburg, weil die höhere Löhne zahlen? Der Staat, weil die Vorschriften und Bedingungen für Lkw-Fahrer immer weiter verschärft wurden? Die AWSH, weil sie die Firma Grabau beauftragt hatte? Oder der Kreis, weil er die kommunale Aufgabe übertragen hat? Das Ob und Wie von Ausschreibungen ist exakt geregelt. Ob eine andere Firma weniger Probleme hätte, Fahrer zu finden, lässt sich kaum beantworten. Natürlich hätte der Kreis die Müllentsorgung in seiner Obhut behalten können. Aber glaubt wirklich jemand, dass es bei direkter Zuständigkeit der Kreisverwaltung anders wäre? Vielleicht verfügt ja der eine oder andere der vielen neuen und zusätzlichen Kreistagsabgeordneten über einen Lkw-Führerschein. Da könnte man doch schon mal vorab sein Engagement beweisen und seine Entschädigung rechtfertigen. Rolf Blase Andreas Olbertz