Nicht für jedes Syndrom gibt es eine Heilung

Stormarner Tageblatt   28.07.2018

Stormarner Wochenschau

Nicht für jedes Syndrom gibt es eine Heilung

Megi Balzer
Megi Balzer

Aber-Syndrom „Kinder sind unsere Zukunft!“ hört man stets in Sonntagsreden. Und oft lacht man bitter über diesen Satz, weil er nicht immer die Maxime der Handlungen von Politik und Verwaltung darstellt. Doch auch die Bürger sind von Kindern nicht immer begeistert, so wie jüngst bei einer Stadtteilbegehung des Oldesloer Bürgermeisters. Dem schlug nämlich der Wind ins Gesicht, als Bürger sich über den Lärm eines Spielplatzes beschwerten. Kita-Gruppen und Mütter würden sich dort treffen und gelegentlich würde ein Ball im Garten landen. Zu allem Überfluss würde es bald noch mehr Kinder geben, wenn erst das Wohngebiet „Claudiussee“ bebaut wird. Man habe ja nichts gegen Kinder, aber… Diesen Satz kennt man aus vielen Zusammenhängen, ich habe nichts gegen Straßen, Flugzeuge, Baugebiete (die Liste ließe sich unendlich verlängern), aber doch bitte nicht vor meiner Tür! Unbestritten, Lärm vom Spielplatz ist nicht immer schön und kann richtig nerven. Da haben die Anwohner sicher Recht, aber wenn wir so eng zusammenleben, wie in Deutschland, haben wir alle die eine oder andere „Belästigung“ zu erdulden. Der eine die Flieger, der andere die Durchfahrtsstraße und der dritte Kinderlärm. Da sind spielende Kinder sicher noch das geringste Übel, wenn man es überhaupt so nennen sollte. Das St. Florian-Prinzip hat noch nie funktioniert und wird es auch hier nicht.

Hitz-Syndrom Natürlich wird die Temperatur im Schatten gemessen, aber 45 Grad Celsius sind auch unter Sonneneinstrahlung eine Ansage. So viel zeigte ein Thermometer am Donnerstag in der Oldesloer Fußgängerzone. Und am Freitag war es kaum weniger. Dass es wirklich heiß ist, merkt man weniger an den Notaufnahmen in Krankenhäusern. Die sind auch bei geringeren Temperaturen schon überlaufen, weil viele nicht von gärtnerischer oder sportlicher Betätigung lassen. Dass Sport gesund sein soll, verkehrt sich bei tropisch drückender Hitz nämlich ins Gegenteil. Nein, wirklich heiß ist es, wenn die Eisdiele leer ist. Entweder weil den Menschen die Plätze im Freien viel zu heiß sind oder weil die Eisdiele gleich ganz geschlossen ist – weil die Kühlmaschinen nicht mehr gegen die Hitze ankommen.

Quasi das ICE-Syndrom, wobei mittlerweile ja auch Regionalzüge mit Klimaanlagen ausgestattet sind. Wenn die ausfallen, wird’s heiß oder der Wagen ganz geschlossen, denn einfach die Fenster öffnen wie früher, das geht heute nicht mehr.

Die Frage, wie viel Sommer der Mensch verträgt, ohne Schaden zu nehmen, hat sich der Norddeutsche bislang höchstens nach der Rückkehr aus Mallorca gestellt. Demnächst kann man dort zur Abkühlung hinfliegen.

Sisyphos-Syndrom Nicht nur Mensch und Tier, auch die Pflanzen leiden, wenn auch weniger unter der Hitze als unter der wochenlangen Trockenheit. Angesichts der Ernteeinbußen weinen die Bauern vermutlich im stillen Kämmerlein, weil die Landwirtschaft ihren Ruf als Jammerer der Nation loswerden möchte. Aber mal im Ernst: Jammern nervt doch nur dann, wenn es ständig erfolgt. Wenn die Situation wirklich dramatisch ist, ist es durchaus erlaubt. Leider betrifft das Nicht-Wachstum nicht alle Pflanzen. Die Herkulesstaude, auch Riesenbärenklau genannt, lässt sich überhaupt nicht beeinträchtigen. Selbst wenn regelmäßig gemäht wird, die Pflanze legt Samendepots im Boden an, die sieben Jahre reichen. Der Kampf gegen den Riesenbärenklau ist also nicht nur eine Herkules-, sondern auch eine Sisyphos-Aufgabe.

Rolf Blase Stephan Poost

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