Stormarner Tageblatt 07.09.2018
Anschubfinanzierung für Abenteuer-Spielplatz durch Holsteins Herz läuft aus / Diskussion über Personalbedarf
Bad Oldesloe Für einige Sekunden wurde es im Sozialausschuss der Stadt so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Die Mitglieder des Vereins „Erleben leben“ (Erle) schauten sich ungläubig an, standen schweigend auf, jemand wischte sich Tränen aus dem Gesicht, zahlreiche Ausschuss-Besucher schauten auf den Boden und selbst die Politiker verharrten nach dem Votum einen Augenblick. Es sei der Moment gewesen, „in dem Sie ein gutes, wichtiges, soziales Projekt über die Klinge haben springen lassen“, kommentierte Boris Bouchon, Fachbereichsleiter der Kinder- und Jugendarbeit, später diesen Moment. „Erle hat mir eben erzählt, dass sie raus sind. Unter diesen Bedingungen machen sie nicht weiter“, verkündete er sichtlich schockiert.
Im September 2019 läuft die Förderung für den von Erle ausgebauten „Abenteuerspielplatz“ in Bad Oldesloe aus. 100 000 Euro von „Holsteins Herz“ auf drei Jahre verteilt, hatten der Anschubfinanzierung gedient. Das Projekt ist gewachsen, viel Zeit und Arbeit wurde vom Team investiert und nun wünschte sich der Verein statt bisher 36 000 Euro im Jahr 88 000 Euro Förderung von der Stadt, um das erarbeitete Konzept fortführen und möglichst noch ausbauen zu können. Dieser Antrag war vor den Sommerferien abgelehnt worden. Verwaltung und Erle waren beauftragt worden, ein Modell mit deutlich geringerem Zuschussbedarf zu erarbeiten. Das Ergebnis ist, dass die Mitarbeiter von Erle bereit wären, ihre Arbeitszeit um 25 Prozent zu verringern – der Zuschussbedarf sänke auf etwa 75 000 Euro. „Das ist als einziges Ergebnis etwas dünn. Ich muss sagen, dass wir unter deutlichen Senkungen was anderes verstanden haben“, so Anika Klöhn (SPD). Der Vorschlag der Sozialdemokraten lautete, dass statt der zwei nur eine Stelle finanziert und zusätzlich eine Stelle im „Freiwilligen Sozialen Jahr“ oder „Ökologischen Jahr“ eingerichtet werden. Das brachte Oliver Mylonas, einer der Projektgründer und Köpfe hinter Erle, auf die sprichwörtliche Palme. „Es ist eine Frechheit. Wir haben Ihnen genau gesagt, was wir brauchen. Wir haben sieben Jahre ein professionelles Konzept erarbeitet und Sie kommen jetzt hier an und erzählen uns, was wir verändern müssen? Das ist eine Geringschätzung unserer Arbeit“, so Mylonas.
„Ich wundere mich über die Schärfe, die hier von Erle reingebracht wird. Wir finden den Vorschlag der SPD gut“, sagte Jörn Lucas (CDU). „Das ist alles unübersichtlich. Es sind immer wieder neue Zahlen im Raum, dann bekommen wir gestern nochmal kurzfristig etwas von Erle per Mail reingereicht. Das ist aus meiner Sicht alles nicht sehr transparent“, klagte Anita Klahn (FDP).
Tom Winter von der Familienpartei argumentierte: „Natürlich wollen wir Ihr Angebot erhalten. Aber wir müssen objektiv auch schauen, dass wir Sie nicht besser behandeln, als andere Angebote in der Stadt. Und dafür würde ich gerne alle Optionen der Finanzierungen ausloten.“ So sah es auch CDU-Mann Lucas. Seinen Vorschlag auf Vertagung lehnten die Erle-Vertreter ab und drängten auf Abstimmung.
Die Linke stellte einen Antrag auf Förderung der vollen 88 000 Euro. Der Antrag fiel genauso durch wie der Kompromiss-Vorschlag der FDP, 60 000 Euro zu bewilligen. Die Familienpartei bot an, zumindest den Zeitraum Oktober bis Dezember 2019 schon mal finanziell abzudecken – ohne Mehrheit. Nachdem all diese Vorschläge vom Tisch waren, blieb nur der Vorschlag der Verwaltung, weiterhin 36 000 Euro zu bewilligen. Dieser Antrag wurde mehrheitlich angenommen.
Schon im Vorwege hatte Erle allerdings erklärt, dass dieser Betrag für die Fortsetzung des Projekts nicht reichen werde. Sogar ein Rückbau von Teilen des Geländes wäre dann 2019 wahrscheinlich. Erweiterungen würden ab sofort auf Eis gelegt. Die Abstimmung könnte der Anfang vom Ende von „Erleben leben“ gewesen sein. nie