Stormarner Tageblatt 26.06.2019
Mehrheit der Oldesloer Stadtverordneten hat dem Vorsitzenden des Wirtschafts- und Planungsausschusses das Vertrauen entzogen
Patrick Niemeier Bad Oldesloe Das Vertrauen ist nachhaltig zerstört. Die Oldesloer Stadtverordneten haben mit deutlicher Mehrheit Matthias Rohde (FBO) als Vorsitzenden des Wirtschafts- und Planungsausschusses abgesetzt. Ein Vorgang der in der jüngeren Geschichte der Oldesloer Lokalpolitik einmalig ist. „Es ist schon ein unerhörtes Ding, dass wir zu diesem Mittel greifen müssen“, fühlte sich nicht nur Dr. Hartmut Jokisch (Die Grünen) nicht wohl mit der Situation. Doch die Art der Ausschussleitung sei durch Rohde so gestaltet worden, dass eine konstruktive Zusammenarbeit nicht mehr vorstellbar sei.
Da half es auch nicht, dass im Publikum einige Unterstützer aus Rethwischfeld – dem Wahlbezirk Rohdes – erschienen waren und deutlich machten, dass sie kein Verständnis für eine Absetzung haben. Sie sahen die Situation so, dass er für den Einsatz für seine Wähler vor allem wegen der Diskussion über ein geplantes Wohngebiet abgesetzt werde. Es sei ein politisches Ränkespiel, um einen „Gegner loszuwerden“. Rohde habe keinen Angriff unter der Gürtellinie gegen Politik und Verwaltung in der Bürgerfragestunde zugelassen, wie behauptet werde. Öffentliche Anschuldigungen seien unwahr. Die Rohde-Unterstützer störten durch Zwischenbemerkungen und Beifall für die FBO die Sitzung, weshalb Bürgerworthalterin Hildegard Pontow die Gemüter beruhigen musste und damit drohte, die Störer des Saales zu verweisen.
Gestellt hatte den Absetzungsantrag die gemeinsame Fraktion aus Familienpartei und Freien Wählern. Tom Winter (Familienpartei) führte aus, weshalb das geschehen sei und dass es eben mitnichten so sei, dass es um Rethwischfeld und das Verhalten des Aussschussvorsitzenden mit Bezug auf dieses Thema gehe. Er sprach Rohde ab, dass er den Ausschuss neutral und überparteilich geleitet habe. „Da war die Sache mit Rethwischfeld nur die Spitze des Eisbergs. Es war ein Vorfall in einer ganzen Reihe“, so Winter.
Die FBO führte alles ins Feld, um ihren Fraktionsvorsitzenden zu verteidigen. Hauptsächlich wurde ihm dabei die Opferrolle zugesprochen. Er sei beispiellos in der Öffentlichkeit diffamiert worden. Da müsse man überlegen, ob man noch ein politisches Ehrenamt ausführen wolle, merkte Hinrich Stange (FBO) an. Hans-Jörg Steglich (FBO) betonte, er sehe die rechtliche Grundlage gar nicht für eine Absetzung. Patricia Rohde verteidigte ihren Mann und behauptete, ihre Partei sei es, die für Transparenz stehe, den Bürgerwillen ernst nehme, immer auf Fairness bedacht sei und stets auch Kandidaten anderer Parteien für Ausschussvorsitze und andere Ämter unterstützt habe, selbst wenn sie von denen nicht überzeugt waren. Bemerkungen, die bei den übrigen Fraktionen für Kopfschütteln und ungläubiges Lachen sorgten. Die Partei sei nach Bürgerwillen die drittstärkste Kraft geworden und habe das Zugriffsrecht auf den Vorsitz in diesem Ausschuss, so Patricia Rohde weiter. Man sei massiv enttäuscht, dass die Bürgerworthalterin nicht vermittelnd eingegriffen habe, um die Situation zu klären. Die FBO rief die übrigen Parteien auf, den Antrag zurückzunehmen oder ihm nicht zuzustimmen. „Das klingt alles mehr nach Wahlkampf, als dass es was mit dem Thema zu tun hat“, merkte Anita Klahn (FDP) an. Und wenn man öffentliche Kritik hinnehmen müsse – was sie auch kenne – dann müsse man vorher überlegen, ob man für ein öffentliches, politisches Amt antrete.
„Es geht hier nicht gegen die FBO. Es geht um das Verhalten des Ausschussvorsitzenden. Sie können und werden natürlich ihr Zugriffsrecht behalten. Hier sollen keine demokratischen Regeln angegriffen werden, wie die FBO es gerade versucht zu drehen“, stellte Winter klar. „Es geht hier nicht um Herrn Rohde. Es geht um den Ausschuss. Da sitzen viele Mitglieder, die ihre Arbeit durch diesen Umstand gefährdet sehen. Das Vertrauen ist weg und daher muss der Ausschussvorsitzende ausgetauscht werden“, so Hendrik Holtz (Die Linke). Dass die FBO Menschen im Publikum positioniert habe, die sie unterstützten, fände er nicht tragisch. Das sei menschlich nachvollziehbar. „Von mir aus dürfen die jetzt auch buhen“, sagte er.
Zweifel am Sinn der Absetzung hatte Klahn, die Vergleiche zur AfD im Bundestag zog. „Dort wird immer wieder ein Kandidat für ein Amt vorgeschlagen, der durchfällt. Wenn die FBO nun immer wieder Herrn Rohde vorschlägt, ist hier niemandem geholfen. Ich will niemandem sagen, wie er seinen Ausschuss zu leiten hat“, so die Liberale.
„Es geht um die Art und Weise, wie der Ausschuss geleitet wird. Herr Rohde kommentiert oft fast jeden Redebeitrag ohne sich an die Rednerliste zu halten und übersieht Meldungen. Das ist der Punkt. Daher bestätige ich, dass Rethwischfeld nur die Spitze des Eisbergs war“, so Hans Hermann Roden (SPD). Auch die Mehrheit der CDU schloss sich der Kritik an. Insgesamt stimmten 20 von 32 Stadtverordneten für den Antrag.