Stormarner Tageblatt 04.10.2019
Lärmaktionsplan wird in Oldesloer Stadtverordnetenversammlung zum „Lokalpolitikzirkus“
Patrick Niemeier Bad Oldesloe Dass die Mehrheit der Stadtverordneten eine Ausweitung der 30er-Zonen in der Kreisstadt befürwortet, steht nach der jüngsten Stadtverordnetenversammlung fest. Doch ob die Abstimmung zu diesem Thema Bestand haben wird – und wenn ja, ob das bedeutet, dass dieser Wunsch tatsächlich umgesetzt wird –, das sind zwei Fragezeichen, die hinter dem aktualisierten Lärmaktionsplan stehen.
Fakt ist: Die überwältigende Mehrheit der Stadtverordneten ist dafür, dass ein umfassendes Paket auf den Weg gebracht wird, das seit Ende 2018 geplant ist. Als Maßnahmen gegen Verkehrslärm hatte der Ausschuss für Umwelt, Energie und Verkehr (UEVA) beschlossen, die Lorentzenstraße in eine Tempo-30-Zone umzuwandeln, ebenso die Mewesstraße, Kurparkallee, den Sülzberg sowie der Pölitzer Weg bis zur Kreuzung Stoltenrieden/Industriestraße. Nachts sollen auch der Berliner Ring, der Konrad-Adenauer-Ring sowie die Ratzeburger Straße im Abschnitt Up den Pahl bis Treppenaufgang Turmstraße nur noch mit 30 befahren werden dürfen.
In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung meldete die FBO Zweifel an. „Die 12.000 Euro für eine Lärmberechnung, die eingestellt werden sollen, sind unnötig. Denn wir gehen nach den Erfahrungen der Vergangenheit davon aus, dass die Verkehrsfachbehörden der Einrichtung von 30er-Zonen nicht zustimmen wird. Dann sind die 12.000 Euro verloren“, so Matthias Rohde. Das Geld sei dann zum Fenster rausgeworfen, das könne sich die Stadt nicht leisten. „Ohne Gutachten gibt es so oder so keine 30e r-Zone. Daher müssen wir dieses Gutachten definitiv erstellen lassen“, so Wilfried Janson (Die Grünen), bis zur Stadtverordnetenversammlung noch Vorsitzender des UEVA (wir berichteten).
„Wir sind dafür, dass die 30er-Zonen kommen, und daher sind wir für das Gutachten“, so Horst Möller (CDU). „Lärmverschmutzung ist ein großes Thema, und es wird in den nächsten Jahren noch größer werden. Daher sind wir in der Pflicht dieses Thema anzugehen, auch für die Attraktivität unserer Innenstadt“, so Hendrik Holtz (Die Linke). Björn Wahnfried (SPD) betonte, dass die Sozialdemokraten hinter dem Vorschlag stehen. Er machte aber darauf aufmerksam, dass nach den vorgelegten Planungen zwischen zwei 30-Zonen eine kurzer 50-Bereich entstehe. „Da können wir uns gleich auf die Kritik einstellen und uns für Schilda bewerben“, mahnte Wahnfried, der daher einen Ergänzungsantrag stellte, der diese Lücke schließen sollte.
Ein Großteil der Stadtverordnetenversammlung konnte diese Argumentation nachvollziehen. Bürgerworthalterin Hildegard Pontow verstand die Stimmungslage, so dass der Ergänzungsantrag mit aufgenommen und der Hauptantrag zu Abstimmung vorgebracht wurde. Dem Antrag wurde mit überwältigender Mehrheit zugestimmt.
Matthias Rohde von der FBO zeigte sich im Anschluss verwundert, dass nicht – wie er annahm – zunächst über den Ergänzungsantrag abgestimmt wurde. Anita Klahn (FDP) gab Schützenhilfe: „Das geht so nicht. Wir machen uns angreifbar. Ich beantrage eine Wiederholung der Abstimmung.“ Dann entbrannte eine lange Debatte über Demokratieverständnis und Verwaltungsvorschriften.
„Wir können nicht zwei Mal in einer Sitzung über einen Antrag abstimmen. Das geht nicht“, so Hauptamtsleiter Malte Schaarmann, der die erfolgte Abstimmung für eindeutig erklärte. Die Emotionen begannen überzukochen. „So einen Blödsinn habe ich ja nun noch nie erlebt“, poltert Wolfgang Schmidt (Freie Wähler) in Richtung Klahns, die entgegnete, dass ihr klar sei, dass er keine Ahnung von juristischen Grundlagen habe. Klahn ging noch weiter: „Ich verlange eine rechtliche Überprüfung der Abstimmung. Das ist im Sinne der Bürger, für die wir hier sitzen“, so die Liberale.
Ein Teil der Bürger im Publikum sah das ganz anders. „So ein Affentheater habe ich selten erlebt. Das ist nur noch peinlich, wie man sich hier aufführt“, sagte eine Frau, die den Saal während der Debatte verließ. „Kein Wunder, dass die Menschen politisch frustriert sind“, pflichtete ein Mann bei: „Ich schaue mir so ein Trauerspiel nie wieder vor Ort an“.