Betrachtungen zum Wochenausklang: Von Päckchen, die zu tragen sind

Stormarner Tageblatt  09.11.2019

Stormarner Wochenschau

Von Päckchen, die zu tragen sind

Oldesloer Stadtverordnete erwarten ein Paket... Was da wohl letzten Endes drinsteckt?Megi Balzer
Oldesloer Stadtverordnete erwarten ein Paket… Was da wohl letzten Endes drinsteckt?Megi Balzer

Patrick Niemeier und Stephan Poost

Erinnerungskultur Verwunderlich ist es, wenn Stadtverordnete der Ansiedlung eines großen Versandhändlers erst mit kritischen Fragen begegnen, diese Fragen einige Wochen später fast allesamt vergessen haben und den Händler nur noch sehnlichst erwarten. Dass die kritischen Fragen nach hoher Verkehrsbelastung, geringer Gewerbesteuer, prekären Arbeitsverhältnissen und die nach dem schlechten Signal für die Oldesloer Innenstadt auch nichts ändern, ist klar, die Macht haben die Oldesloer Kommunalpolitiker nicht, trotzdem sollten die Fragen gestellt werden. Es sei denn, man will als Kommunalpolitiker nicht an die eigenen Versäumnisse und Fehler erinnert werden. Denn ob Amazon sich ansiedeln darf oder nicht, das war zumindest indirekt eine Entscheidung der Kommunalpolitik.

Parken Kostenlos parken und alles wird gut in der Innenstadt – dieses Gerücht wabert immer wieder durch Ausschüsse. Unfreiwillig wird diese Idee nun in Bad Oldesloe getestet – in dem Zeitfenster, in dem die alten Parkautomaten nicht mehr repariert und die neuen noch nicht aufgestellt sind. Und dieses Experiment zeigt: Kostenloses Parken ist eine Katastrophe. Menschen steigen vom Rad aufs Auto um, noch vor dem ersten Kaffee schreien sich Menschen in Parkhäusern an und vor allem weckt knapper Parkraum komplett asoziales (im wahrsten Wortsinne) Verhalten. Da werden Behindertenparkplätze zugeparkt, weil „ja kein anderer Platz frei war und kein Behinderter in Sicht“ oder halt in zweiter Reihe geparkt, nach dem Motto: Ist mir doch egal, wie der andere rauskommt. Es scheint tatsächlich eher die Lösung, den Autoverkehr mehr aus der Stadt rauszuhalten, als noch weiteren hereinzulocken.

Aufgabenverteilung In Zeiten, in den Kindergartenkinder und Grundschüler kaum noch wissen, wie Lebensmittel auf den Bauernhöfen erzeugt werden, geht das Gut Wulfsdorf in Ahrensburg zusammen mit der bundesweiten Sarah-Wiener-Stiftung einen neuen Weg: Kinder ernten auf dem Acker Kräuter und Gemüse und kochen sich dann – natürlich unter Anleitung – ein leckeres Essen. Tolle Aktion! Zu erfahren ist, dass es nicht genug Sponsoren für eine Erweiterung dieses Programms gibt. Aber: Warum Sponsoren? Ist es nicht Aufgabe der Eltern, ihren Nachwuchs zu erziehen? Und gehört dazu nicht auch, Kindern die eine oder andere lebenspraktische Erfahrung mitzugeben?

Ersatz Die Hochhäuser im Hölk und Poggenbreeden sind wahrlich keine architektonischen Kleinodien. Sie abzureißen – wie es jetzt der Oldesloer Bürgermeister vorschlägt – wäre ein Gewinn für die Stadt, zumal, wenn ein Neubau dem Eigentümer nichts mehr kostet, als eine fällige Sanierung. Allerdings nur, wenn auch Ersatz für die rund 200 Wohneinheiten geschaffen wird. Denn ob schön oder hässlich, in den Gebäuden wohnen Menschen. Und Wohnraum ist knapp.

Pädagogisch Mehr Polizeistreifen, Radarkontrollen, Führerscheine entziehen, Straßen sperren, Zufahrt nur für Anlieger – bei jeder der Stadtteilbegehungen von Oldesloes Bürgermeister Jörg Lembke klagten Anwohner über Raser und stellten teils drastische Forderungen. Oft wurde die Hardliner-Linie gefordert. Das ist ja emotional verständlich, wenn man Angst um die eigene Gesundheit oder die der Kinder hat. Doch objektiv ließen sich „permanente Geschwindigkeitsüberschreitungen“ manches Mal nicht feststellen: Statt der großen Keulen könnten jetzt mehr Geschwindigkeitstafeln helfen, die nicht gleich Bestrafungen einbringen, aber dafür sorgen, dass Autofahrer sich bewusst werden, dass sie gerade zu schnell – oder auch im korrekten Tempo – unterwegs sind. Pädagogik statt Sanktionen also.

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