Stormarner Tageblatt 07.12.2019
Acht Kartons voller Versteinerungen fanden Mitarbeiter im Heimatmuseum – darunter eine absolute Rarität
Susanne Rohde Bad Oldesloe Er ist zwar nur etwa ein Zentimeter klein, aber in der Fachwelt wird der Winzling wahrscheinlich noch für viel Wirbel sorgen. Sein Name ist Whitbyceras pingue und er gehört zur Familie der Ammoniten. Trotz seines Alters von rund 180 Millionen Jahren ist das versteinerte Tierchen noch wunderschön erhalten. Es befindet sich mit vielen weiteren Ammoniten der Gattung Eleganticeras in einer großen Toneisensteinknolle oder -geode, die zur so genannten Ahrensburger Geschiebegemeinschaft gehört.
Dass das seltene Stück, von dem es weltweit nur vier weitere dokumentierte Exemplare gibt, überhaupt im Heimatmuseum gefunden wurde, war ein Zufall. Mitarbeiter Andreas Ahne suchte eigentlich nur ein Werkzeug und stieß dann auf dem Dachboden unter einigen Zeitungsexemplaren des Stormarner Tageblatts aus den 90er Jahren auf unbeschriftete Kartons. Als er sie öffnete, traute er seinen Augen nicht. „Es handelt sich um acht Kartons mit Fundstücken aus der Sammlung von Richard Wenck, die der inzwischen verstorbene Museumsleiter Dr. Klaus Baumgarten einst für das Museum kaufte“, erzählt Museumsleiterin Petra-Maria Schark.
Sofort wurde Ammonitenexperte Hans-Jürgen Lierl alarmiert und der ehemalige geowissenschaftliche Präparator der Universität Hamburg, der auch schon die aktuelle Ausstellung des Museums „Lebensspuren in Stein“ wissenschaftlich begleitete, staunte nicht schlecht, als er die Dachbodenfunde untersuchte. Neben großen und besonders schön erhaltenen Ammoniten sowie anderen spektakulären Cephalopoden befand sich auch der so seltene Winzling, den der Fachmann mit einem Blick erkannte. „Das ist schon eine ganz besondere Rarität, die alle bisherigen Fundstücke toppt“, sagt Hans-Jürgen Lierl. Mehr als 50 Versteinerungen aus dem Kambrium, Jura und Tertiär schlummerten in den vergessenen Kartons, die inzwischen alle gesichtet und beschriftet wurden. Rund 15 Exemplare sollen jetzt in die seit Mai laufende Fossilienausstellung des Heimatmuseums integriert und ausgestellt werden.
Aber wie kam der kleine Ammonit aus dem Lias überhaupt nach Norddeutschland, wo er doch die Wärme so sehr liebte? „Wahrscheinlich ist es eine Art Irrläufer, den Hobbyarchäologe Richard Wenck hier bei Ahrensburg gefunden hat“, vermutet Hans-Jürgen Lierl. Ein weiteres Exemplar wurde an der englischen „Jurassic coast“ bei der Kleinstadt Whitby gefunden, daher auch der Name Whitbyceras für den kleinen Ammoniten. Interessierte Besucher können ihn demnächst im Museum bestaunen.