Betrachtungen zum Wochenausklang: Von Licht, Schatten & Schwellenangst

Stormarner Tageblatt  07.03.2020

Stormarner Wochenschau

Von Licht, Schatten & Schwellenangst

Dirk Gusick, Patrick Niemeier, Stephan Poost

Gewöhnung Die neue LED-Beleuchtung in der Kreisstadt hat nur Vorteile: Sie ist insektenfreundlich – unsere Karikaturistin hat das mal zeichnerisch dargestellt –, sie spart rund sechs Millionen Euro Stromkosten in den kommenden 25 Jahren, sie ist zukunftssicher und könnte mit modernen Bewegungsmeldern ausgestattet werden oder gar gedimmt werden und wirkt gegen die Lichtverschmutzung, weil weniger Streulicht abgegeben wird. Allerdings gibt es Kritik, dass Atmosphäre verloren gehe, weil die Lampen kühler leuchteten. Eine moderne Straßenbeleuchtung soll zwei Aufgaben erfüllen: Orientierung in der Dunkelheit geben und dem Bürger Sicherheit im öffentlichen Raum vermitteln. Die Atmosphäre ist in einer normalen Wohnstraße egal. An das kühlere Licht wird der Bürger sich gewöhnen (müssen).

kartendrama Viele Kinder in Stormarn leben in Verhältnissen, die als „arm“ definiert sind. An diese Kinder richten sich die Vorteile des Bildungs- und Teilhabepakets. In den Genuss davon kommen aber nur sehr wenige, denn die Beantragung und Abrechnung ist kompliziert. 2016 beschloss die Kreispolitik also, dass eine Bildungskarte eingeführt werden sollte und es passierte jahrelang gar nichts. Erst als 2019 vor allem die Stadtverordneten aus Bad Oldesloe die Kreisverwaltung und die zuständige Abteilung hart kritisierten, kam Bewegung in die ganze Sache. Doch noch immer ist die Karte nicht eingeführt. Erneut sollen Datenschutzprobleme ins Feld geführt worden sein. Die Oldesloer Stadtpolitiker reagierten „fassungslos“ auf diese Nachricht. Es sei einfach ein Skandal. Das Thema habe offenbar in der Kreisverwaltung keine Priorität, was kaum noch zu ertragen sei. Die Kreisverwaltung spricht von Missverständnissen und dass der Datenschutz sich bei seiner Einschätzung geirrt habe. Zusammengefasst gibt es momentan nur Verlierer: Das Geld kommt immer noch nicht besser bei den Familien und vor allem Kindern an. Die Politik ist frustriert und die Verwaltung kommt wie ein bürokratisches, herzloses Monster rüber, dass sich nur in Zeitlupe vorwärts bewegen kann.

Punktuelle Demokratie Immer mehr Mitbürger scheinen demokratische Prozesse nur dann zu interessieren, wenn sie selbst von einem Thema direkt betroffen sind. Sobald bestimmte Themen auf den Tagesordnungen landen, werden die Ausschüsse besucht. Viele Besucher glänzen dann damit, dass sie die Abläufe in den Gemeinde- und Stadtverordnetenversammlungen gar nicht kennen. Sie echauffieren sich über Rederecht und Umgangsformen, sie kritisieren Verwaltung und Politik und treten zum Teil selbst gerne in Bürgerfragestunden wie die Axt im Walde auf. Wenn der eigene Tagesordnungspunkt durch ist, verlassen sie dann oft kollektiv – je nach Ausgang „ihres“ Themas – lächelnd, schulterzuckend oder wutschnaubend die jeweilige Sitzung. Dabei hätten andere Themen auf den Tagesordnungen durchaus auch ihre Aufmerksamkeit verdient. Denn auf dem Niveau von Gemeinden und Kleinstädten geht jede Entscheidung den Bürger an. Natürlich mag es sein, dass man nicht genug Zeit hat, dass der Babysitter zuhause wartet und so weiter. Aber dann kann man sich auch nicht beschweren, wenn man die Abläufe nicht versteht und „Intransparenz“, „Gemauschel hinter verschlossenen Türen“ und falsche Entscheidungen kritisiert. Demokratie funktioniert nicht so, dass sich jeder nur für das Thema einbringt, das ihm akut unter den Nägeln brennt.

Schwellenhysterie Manche Autofahrer halten sich nicht an das vorgeschriebene Tempo. Das ist nicht neu. Meist wird dort auf das Gaspedal gedrückt, wo sich die Autofahrer anonym und unerkannt fühlen. Vor der eigenen Haustür halten sie sich dann an das vorgeschriebene Tempolimit. Was sollten sonst die Nachbarn von einem denken. Um so erstaunlicher ist es, das im Pölitzer Ortsteil Schmachthagen im dortigen Schulsteig zu Beginn einer Sackgasse eine Schwelle zur Verkehrsberuhigung montiert ist. Dahinter befinden sich rund ein Dutzend Einfamilienhäuser und der örtliche Bolzplatz. Es fahren somit quasi alle vor der eigenen Haustür. Die Schwelle weckt aber nun bei anderen Pölitzern Begehrlichkeiten. Auch in ihren Anliegerstraßen sollen Schwellen montiert werden. Das spricht nicht gerade für ein friedliches dörfliches Zusammenleben, wenn einige ihre Nachbarn auf diese Art ausbremsen wollen. Sollte tatsächlich ein Raser unter den Nachbarn sein, dann muss es doch auf dem Dorf die Möglichkeit geben, mit ihm zu reden. Zum Beispiel bei einem Straßenfest. Sonst sind bald in allen Anliegerstraßen mit zwei oder mehr Häusern Schwellen zur Verkehrsberuhigung auf der Straße.

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