Betrachtungen zum Wochenausklang: Mal demütig, mal demokratisch

Stormarner Tageblatt  11.04.2020

Stormarner Wochenschau

Mal demütig, mal demokratisch

Megi Balzer
Megi Balzer

Cordula Poggensee und Volker Stolten

Zur Lage Es sind beängstigende Zeiten, in denen schon Osterhasen vorsichtshalber – wie unsere Karikatur zeigt – Mundschutz tragen. Zeiten, die man sich in Friedenszeiten bislang nicht vorstellen konnte – außer im Film. Doch die Realität hat die Fiktion eingeholt, sie überflügelt und zeigt sich in katastrophaler Weise. Was sich täglich in der Welt abspielt, in Nachbarländern, vor unserer Haustür, ist kaum in Worte zu fassen. Unzählige Tote und Infizierte, das Gesundheitswesen am Anschlag, das freie Leben eingefroren. Leergefegte Straßen und Gassen, geschlossene Geschäfte und skeptische Blicke von vielen Seiten. Unnötige Hamsterkäufe auf der einen, zwischenmenschliche Dissonanzen auf der anderen Seite. Selbst das Denunziantentum blüht auf. Muss das wirklich sein? Gottlob gibt es Lichtblicke: Hilfsangebote und -aktionen ohne Ende (siehe auch Seite 9). Die sind wichtiger denn je.

Wir sind mittendrin statt nur dabei, direkt betroffen auf vielfältige Weise. Da kommt Demut ins Spiel statt Egoismus und es stellt sich die Frage, ob nicht andere Dinge im Leben das gewisse Etwas ausmachen. Wie das Miteinander, das derzeit gänzlich auf der Strecke bleibt. Egal ob Familie, unter Freunden, Bekannten oder Unbekannten. Soziale Kontakte sind das A und O. In diesen Virus-Zeiten vermisst man sogar Menschen, die man nicht mal kennt. Das nette Wort am Rande, das leichte Geplänkel zwischen Tür und Angel, der ungezwungene Schnack. Es fehlt das Menschsein. Das, was das Leben ausmacht. Bei allem Leid: Vielleicht ist die Krise ein Weckruf und bei Bewältigung ein Neuanfang, es in Zukunft besser zu machen. Nicht bei jeder Nichtigkeit nörgeln und die vermeintlich kleinen, vorher vernachlässigten Dinge des Lebens wieder wahrnehmen. Leben und leben lassen. In diesem Sinne: Frohe Ostern allerseits und bleiben Sie gesund!

Faules Ei Wie blöd ist das denn? Ein richtiger Eiertanz zum Osterfest. Laut neuer Landesvorgabe darf man jetzt doch mit bis zu zehn Familienmitgliedern Ostern feiern. Alle gemeinsam in der guten (kleinen) Stube bei Omi. Jung und Alt. Na prima. Das schreit ja geradezu nach Neuinfektionen. Außer Omi wohnt im weitläufigen Vereinsheim oder in der Turnhalle. Warum lässt man nicht alles, wie es war, um Corona auf Abstand zu halten? Wir hatten uns doch eh schon damit abgefunden. Nun die unbegreifliche Kehrtwende. Da wird doch jetzt noch mehr gehamstert als ohnehin schon. Weil die Familie vor der Tür steht und man für die ordentlich auftischen will. Nach dem Motto: „Jetzt erst recht!“ Alles meins, gell. Jetzt geht die Party richtig los… Dabei sind wir doch noch gar nicht über den Berg. Oder?

Zuhören Man kann sagen, was man will: Einfach hat es sich Großhansdorf nicht gemacht, sich unpopulär gegen den Strom zu stellen. Denn nachdem aus Kiel die Ankündigung kam, landesweit 50 Millionen Euro für die Rückerstattung von Kinder-Betreuungsgebühren auszuschütten, entschieden die meisten Kommunen umgehend, die Förderungen für April zu erstatten oder auszusetzen. Nur Großhansdorf wollte erst abwarten, wie die Auszahlungsmodalitäten aus Kiel aussehen würden – immerhin geht es um eine erhebliche Summe im Gemeindehaushalt. Sehr zum Unmut der betroffenen Eltern, die es – nachvollziehbar – nicht akzeptierten, für eine Kinderbetreuung zu zahlen, die gar nicht stattfindet. Natürlich hätte man die Reaktion der Eltern bis zur nach Ostern anberaumten Versammlung der Gemeindevertreter aussitzen können – aber das hätte nicht dem Stil der Gemeinde entsprochen. So traf sich Bürgermeister Janhinnerk Voß mit den Eltern – und ließ sich überzeugen. Folge: Auch in Großhansdorf müssen im April keine Kita-Gebühren gezahlt werden. So geht Demokratie: Sich zusammensetzen, sich gegenseitig ernst nehmen, einander zuhören und eine einvernehmliche Lösung suchen und finden.

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