Halb Oldesloe war ein Trümmerfeld

Stormarner Tageblatt  23.04.2020

Bomben-Inferno jährt sich am 24. April zum 75. Mal

An der Gedenkstätte auf dem Oldesloer Friedhof werden auch in diesem Jahr am 24. April wieder Kränze niedergelegt. Rohde
An der Gedenkstätte auf dem Oldesloer Friedhof werden auch in diesem Jahr am 24. April wieder Kränze niedergelegt. Rohde

Susanne Rohde Bad Oldesloe Es war der schlimmste und schwärzeste Tag in der Geschichte von Bad Oldesloe – ein Inferno, das sich bis heute in das kollektive Gedächtnis der Stadt eingebrannt hat. Am Vormittag des 24. April 1945 – ein paar Tage vor dem Ende des 2. Weltkriegs – bombardierte ein Geschwader von 110 englischen Lancaster-Flugzeugen in drei Wellen die damals rund 9000 Einwohner zählende Stadt.

G enau 18 Minuten lang dauerte der verheerende Angriff, 1262 Bomben legten einen Teil der Stadt rund um den Bahnhof in Schutt und Asche. Mehr als 500 Häuser waren zerstört worden, mehr als 100 beschädigt. Insgesamt 706 Menschen kamen ums Leben.

30 Tote im Präparandeum

Denn zu diesem Zeitpunkt hielten sich jede Menge Flüchtlinge in der Stadt und am Bahnhof auf, darunter viele ausgebombte Hamburger, die in Oldesloe Unterschlupf gefunden hatten. Gut 300 Menschen wurden verwundet. Am schlimmsten traf es damals die Mewes-, Brunnen- und Bahnhofstraße. Aber auch in der Innenstadt gab es massive Zerstörungen, außerdem in der Ratzeburger Straße und im Pölitzer Weg – halb Oldesloe war ein Trümmerfeld. Auch das voll belegte Präparandeum in der Königstraße wurde zerstört. Hier starben 30 Menschen, unter ihnen der kommissarische Landrat Rolf Carls. Besonders viele Todesopfer gab es auch im Unfallkrankenhaus zu beklagen – in der von den Alto- naern Diakonissen betriebenen ehemaligen Kinderheilanstalt in der Turmstraße. Die Peter-Paul-Kirche wurde kurzerhand zum Notlazarett umfunktioniert.

Viele Menschen wurden verschüttet und mussten aus Kellern und Schutzräumen meist mit bloßen Händen ausgegraben werden. Im Bereich der heutigen Bangert-straße wurden die toten Bombenopfer in vielen langen Reihen niedergelegt, um sie zu identifizieren. Darunter waren sehr viele Soldaten und Krankenschwestern.

S echs Tage nach dem Bombenangriff hatte man erst 300 Tote geborgen. Und ein kleines Mädchen wurde erst zehn Wochen später tot zwischen den Trümmern in den Armen einer ebenfalls ums Leben gekommenen Krankenschwester gefunden. Einige Oldesloer Bombenopfer hat man indes nie gefunden.

Vor fünf Jahren veröffentlichte Stadtarchivarin Dr. Sylvina Zander anlässlich des 70. Jahrestages des Bombenangriffs eine Broschüre mit dem Titel „Mein Herz ist so von Schmerz zerwühlt“, in der die schrecklichen Ereignisse aus der Sicht von Zeitzeugen geschildert werden. Weil das Heftchen relativ schnell vergriffen war, bringt die Stadt jetzt eine zweite, leicht überarbeitete Auflage mit 500 Exemplaren heraus, die demnächst in der Stadtinfo erhältlich sein wird.

Kränze an den Gedenkstätten

Eigentlich war zum morgigen 75. Jahrestag der Bombardierung von Bad Oldesloe eine Feierstunde mit Schülern der TMS geplant, die aber nun ausfallen muss. „Sowohl auf dem alten als auch auf dem neuen Friedhof werden wir aber Kränze an den Gedenkstätten ablegen“, sagt Bürgerworthalterin Hildegard Pontow. Das Gedenken solle im kommenden Jahr nachgeholt werden. Ein Feldstein, der auf dem Gelände des Neubaugebiets Claudiussee bei Baggerarbeiten gefunden wurde, kommt dort in ein besonderes Hochbeet, das vom Bauhof angelegt wird. Er zeigt das eingravierte Datum 24.4.1945 und lag viele Jahrzehnte lang neben der alten Farbenfabrik, die damals auf dem Gelände stand. Fabrikbesitzer Carl Folkens, starb hier bei einem Bombenangriff.

Kirchenglocken sind zu hören: Alle Oldesloer Kirchengemeinden werden am Freitag, 24. April, um 10.36 Uhr für fünf Minuten die Kirchenglocken läuten lassen.

 
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