Lübecker Nachrichten 04.08.2020
Junge Leute, die jetzt beim Kreis und bei der Stadt Bad Oldesloe ihre Ausbildung beginnen, schätzen die guten Perspektiven
Von Markus Carstens

Bad Oldesloe. Der Fachkräftemangel beschäftigt auch die Verwaltung bereits seit Jahren. „Früher haben sich junge Leute bei uns beworben und wir konnten auswählen. Mittlerweile ist es so, dass wir uns um die Auszubildenden bewerben“, sagte Stormarns Landrat Henning Görtz den LN am Montag nach der Begrüßung der neuen Azubis in der Stormarner Kreisverwaltung.
Da in den kommenden Jahren viele der inzwischen fast 800 Mitarbeiter altersbedingt ausscheiden, hat der Kreis die Zahl seiner Ausbildungsplätze auf 16 verdoppelt. Weil eine Person kurzfristig absprang, fingen nun 15 junge Menschen zwischen 17 und 34 Jahren ihre Ausbildung in verschiedenen Berufszweigen an. Und die Chancen, anschließend in der Kreisverwaltung weiterarbeiten zu können, sind laut Landrat Görtz sehr gut. „Wir übernehmen fast jeden Auszubildenden.“ Die guten Perspektiven sind jedoch nicht der einzige Grund für junge Leute, in der Verwaltung zu arbeiten. Die LN haben einige dazu befragt.
Karina Bondar kommt ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen und beginnt nun eine Ausbildung zur Kreisobersekretäranwärterin im mittleren Dienst. Die 23-Jährige zieht es wegen der Liebe in den Norden, ihr Freund wohnt in Lübeck. Sie hat vorher als selbstständige Handelsvertreterin gearbeitet und freut sich nun auf eine gewisse Sicherheit im Job auch im Hinblick auf eine mögliche Familienplanung. Außerdem, sagte sie, „möchte ich etwas für Menschen tun“.
Sogar aus Rheinland-Pfalz kommt ursprünglich Nicole Lampka, die jetzt eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten macht – in Teilzeit. Das heißt, sie arbeitet jeden Tag fünf Stunden. Zusammen mit ihrem Ehemann, der eine Anstellung beim Bauamt in Neustadt/Holstein gefunden hat, und der fast dreijährigen Tochter hat es sie in den Norden verschlagen.
Nicole Lampka ist aber auch deswegen eine Exotin, weil sie bereits 34 Jahre alt ist und ein fertiges Studium der Kunstgeschichte und Archäologie vorweisen kann. „Das ist meine Leidenschaft, aber Stellen gibt es nur wenige“, sagt sie. Der Job in der Verwaltung biete ihr hingegen gute Zukunftschancen und die Vereinbarkeit mit der Familie. „Außerdem macht es mir viel Spaß, Dinge zu organisieren.“ Vielleicht könne sie später auch Dinge aus ihrem Studium anwenden, etwa in der Kultur, so Landrat Görtz.
Auf die Vielseitigkeit der Verwaltung mit ihren ganz unterschiedlichen Bereichen freut sich auch die angehende Kreisobersekretärin Anna-Maria Alfarano. Die 18-Jährige ist in Italien geboren und hat gerade an der Theodor-Mommsen-Schule in Bad Oldesloe ihr Abitur gemacht. „Ich möchte etwas Gutes tun für meine Umgebung“, sagt sie zu ihrer Motivation. Sie erwartet vielfältigen Aufgaben. „Ich kann mich mal zurückziehen, habe auch direkten Kontakt zu Menschen. Es wird nie langweilig“, sagt die junge Oldesloerin. Sie interessiere sich für Kultur und Bildung, könne sich aber auch eine Tätigkeit in der Ausländerbehörde vorstellen.
Wie Anna-Maria Alfarano ist auch Alex Keksel über die Jobtour auf die Kreisverwaltung aufmerksam geworden. Das ist eine Veranstaltung, bei der sich mehrere Betriebe an einem Tag vorstellen und die Jugendlichen von Ort zu Ort fahren können. Alex Keksel hat auch gerade unter Corona-Bedingungen an der Oldesloer TMS sein Abitur gemacht und ist mit 17 Jahren der jüngste Azubi. Wie sechs andere in diesem Jahrgang will er Kreisinspektor werden. Die dual Studierenden können sich nach drei Jahren Bachelor of Arts/Allgemeine Verwaltung nennen.
Der junge Oldesloer hat sich im Vorwege sehr breit informiert und festgestellt, dass die Kreisverwaltung schon sehr modern aufgestellt sei. Er freut sich darauf, viele verschiedene Bereiche kennenzulernen und ist besonders interessiert an der Abteilung Inneres, in der es unter anderem um das Personal geht.
Während beim Kreis rund 200 Bewerbungen eingegangen sind, waren es bei der Stadtverwaltung in Bad Oldesloe sogar mehr als 300. Fünf Auszubildende in vier Berufen hat die Stadt dann eingestellt, sie wurden am Montag von Bürgermeister Jörg Lembke und der neuen Ausbildungsleiterin Jennifer Lehmann begrüßt. Damit sind in der Oldesloer Stadtverwaltung derzeit insgesamt 14 Auszubildende beschäftigt – so viele wie noch nie. Und auch sie haben laut Lembke gute Zukunftsaussichten.
Zum Stadtobersekretär lässt sich Martin Fräßdorf aus Reinbek ausbilden. Der 32-Jährige war Zeitsoldat und hat bei mehreren Praktika festgestellt, dass „Verwaltung überhaupt nicht so eingestaubt ist wie von mir gedacht“. Im Gegenteil: Er freut sich auf die Vielseitigkeit und Praxisnähe.
Jan-Oliver Schomann (18) aus Kastorf im Herzogtum Lauenburg ist ehrenamtlicher Jugendbetreuer beim Stadtspiel Mölln und möchte auch hauptberuflich mit Menschen arbeiten – als Verwaltungsfachangestellter. Er sei gespannt, welche Bereiche ihm gefallen werden. „Das ist das schöne an der Verwaltung, dass man in jede Abteilung reinschnuppern und gucken kann, wo die eigenen Stärken liegen“, sagt Stadtsprecherin Agnes Heesch. Sie freue sich zudem, dass die Stadt ein attraktiver Arbeitgeber für junge Leute aus der Umgebung sei.
So auch für Jorina Saß aus Bad Oldesloe. Die 28-Jährige hat Jura studiert, ihr ersten Kind bekommen, dann eine Ausbildung zur Augenoptikerin gemacht und ihr zweites Kind bekommen, bevor sie nun zurück in Bad Oldesloe Stadtinspektorin im gehobenen Dienst werden möchte. Das erste Ausbildungsjahr wird sie fast komplett an der Verwaltungsakademie in Altenholz verbringen. „Aufgrund meines Jura-Studiums möchte ich mich gerne in Gesetzestexte vertiefen.“
Auch der angehende Verwaltungsfachangestellte Marco von Bergen (20) aus Bargfeld-Stegen freut sich auf vielfältige Aufgaben in vielen verschiedenen Bereichen. Besonders interessant finde er das Ordnungsamt und die Personalabteilung. Luca Leppert aus dem Oldesloer Ortsteil Schadehorn ist ebenfalls 20 Jahre alt und hat bereits eine Ausbildung zum Landwirt abgeschlossen. Jetzt folgt die zweite zum Gärtner beim Oldesloer Bauhof. „Auch hier bin ich draußen an der frischen Luft, habe aber geregelte Arbeitszeiten“, sagt der junge Mann zu seiner Motivation. Somit könne er im Nebenerwerb auf dem elterlichen Resthof noch etwas Landwirtschaft betreiben.