Klare Plädoyers gegen den Abriss

Stormarner Tageblatt  07.09.2020

Die Mehrheit der Bad Oldesloer Stadtverordneten erteilt dem privaten Besitzer des Gutshaus Rethwischhof ein Rückbau-Verbot

Das ehemalige Gutshaus ist mittlerweile hinter Büschen und Bäumen verschwunden. Vor Jahren konnte man sich bei einer Begehung noch einen besseren Eindruck machen, der Blicke in die Vergangenheit zuließ (kleine Fotos).  Niemeier
Das ehemalige Gutshaus ist mittlerweile hinter Büschen und Bäumen verschwunden. Vor Jahren konnte man sich bei einer Begehung noch einen besseren Eindruck machen, der Blicke in die Vergangenheit zuließ (kleine Fotos). Niemeier

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Patrick Niemeier Rethwischfeld Als bewerbe es sich als perfekte Kulisse für einen Psychothriller oder Horrorfilm steht das ehemalige Hauptgebäude des Gutes Rethwischhof im Herzen des Oldesloer Ortsteils Rethwischfeld. Zugewuchert hinter Sträuchern und Bäumen ist der 1780 erbaute ehemalige Prachtbau mit seinen kaputten Fenstern und zugenagelten Türen nur schemenhaft zu sehen und verfällt täglich mehr.

Dass er auf der Denkmalliste des Landes steht, hat ihn bisher nicht davor gerettet, dem langsamen Niedergang preisgegeben zu sein. Immer wieder gab es Pläne zur Sanierung und neuer Nutzung des historischen Gebäudes, doch keiner dieser Pläne wurde im Endeffekt Realität.

Wie bekannt wurde, plant der jetzige Eigentümer nun den Abriss – und bringt damit Teile der Stadtpolitik gegen sich auf. Denn der Verdacht steht im Raum, dass der Verfall in den vergangenen Jahren bewusst nicht aufgehalten werden sollte, damit die Genehmigung für einen Abriss realistischer ja vielleicht sogar unabwendbar notwendig erscheint.

Statt einer aufwendigen Sanierung des historischen Gemäuers wäre damit der Weg für eine Neubebauung oder den rentablen Verkauf eines leeren Grundstücks frei.

Der aus Datenschutzgründen namentlich nicht bekannte Eigentümer soll laut Verwaltung bereits einen Antrag gestellt haben, das Gebäude aus der Denkmalliste streichen zu lassen – ein weiterer Schritt Richtung Abriss. Per Eilantrag wurde das Thema daher nun auf die Tagesordnung der Stadtverordnetenversammlung gehoben. Denn obwohl seit 2018 eine Erhaltungssatzung für den Bereich rund um das Gebäude geplant war, ist diese noch nicht in Kraft. Die Chance also für den Eigentümer, eiligst Fakten zu schaffen.

Genau das befürchtet Matthias Rohde (FBO). „Es ist ein Kulturgut in Bad Oldesloe, und davon haben wir wirklich nicht so viele. Eigentum verpflichtet, und wir wollen es nicht hinnehmen, dass dieses Gebäude einfach verfällt und für immer vernichtet wird“, stellte er klar.

Die Verwaltung hatte warnend erklärt, dass die Möglichkeit bestünde, dass der Besitzer – sollte er das Gebäude nicht erhalten und sanieren können – verlangen könne, dass die Stadt ihm Grundstück und Gutshaus abkaufe. Das könnte ein finanzielles Risiko bergen, weil das Gebäude mittlerweile in einem sehr schlechten Zustand sei. Begehungen hätten ergeben, dass Dielenböden und Mauerwerk zahlreichen Schäden aufweisen, das Wasser im Keller steige an, eine komplette Begehung sei im Endeffekt zuletzt nicht möglich gewesen. Insgesamt müssten wohl im Zweifel deutlich über eine Million Euro investiert werden, heißt es aus dem Bauamt.

Unter anderem aus Sicht der FDP ist das zu viel. Man könne einem privaten Besitzer nicht abverlangen, eine solche Geldmenge aufzubringen, wenn ein Gebäude bereits so verfallen sei, trug Anita Klahn (FDP) vor. Und wenn das Haus der Stadt so wichtig sei, hätte man viel früher einschreiten müssen. Auch aus Teilen der CDU kam Kritik mit Blick auf mögliche finanzielle Belastungen des sowieso schon angegriffenen Haushalts.

Hendrik Holtz (Die Linke) sah das anders. Er habe kein Verständnis dafür, warum man das Gebäude überhaupt über die Jahre so verkommen ließ. Der historische Wert sei nicht zu leugnen. Auch die Grünen, die SPD und die Stadtfraktion wollen das Gebäude nicht einfach aufgeben.

Bei der Abstimmung folgte so die Mehrheit der Stadtverordneten nicht der Empfehlung der Verwaltung auf die 2018 geforderte Erhaltungssatzung zu verzichten und den Weg für den Abriss durch den Privatbesitzer frei zu machen, sondern beschloss genau diese. Damit ist der vom Eigentümer beantragte kurzfristige Abriss vom Tisch. Ob die Stadt nun einspringen muss, ist noch unklar.

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