Corona: Lembke wird deutlich

Stormarner Tageblatt  12.11.2020

Bad Oldesloer Bürgermeister distanziert sich von Corona-Leugnern, betont aber auch die Meinungsfreiheit

Ein Anti-Corona-Sticker auf einem Maskenpflicht-Plakat. An anderer Stelle waren Infos überklebt. Niemeier
Ein Anti-Corona-Sticker auf einem Maskenpflicht-Plakat. An anderer Stelle waren Infos überklebt. Niemeier

Patrick Niemeier Bad Oldesloe Woche für Woche trifft sich eine kleine Gruppe von Corona-Leugnern und Corona-Maßnahmen-Kritikern in Bad Oldesloe. Zahlreiche Bürger fühlen sich von dort getätigten Aufrufen irritiert. Es tauchten neben Flyern mit teilweise kruden Thesen auch Sticker im gesamten Stadtbild auf.
Die Aussagen auf den Zetteln der „Initiative für Aufklärung und Transparenz“ werden von manchen Mitbürgern als „Angstmache“ bezeichnet, weil darin suggeriert werde, dass Schäden durch einen zu wenig getesteten Impfstoff drohen oder eine Pleitewelle ihren Job gefährde. Mit manchen Stickern wurden Informationen auf Maskenpflicht-Plakaten der Stadt überklebt.
Bürgermeister Jörg Lembke kritisiert das deutlich. „Es ist nicht nachvollziehbar, wenn wichtige Informationen für die Bürger der Stadt Bad Oldesloe zumindest in Teilen durch Aufkleber abgedeckt und damit unlesbar werden. Die Verschandelung städtischen Eigentums durch Aufkleber jeder Art ist leider ein Phänomen, das seit Jahren zu beobachten ist“, sagt der Oldesloer Verwaltungschef. Er habe viel Verständnis für die Wichtigkeit der Meinungsfreiheit, aber damit hätten diese Aufkleber nichts zu tun. Er selbst werde an einer solchen Demonstration sicher nicht teilnehmen. Die dort verbreiteten Gedanken stünden trotzdem aber zunächst einmal unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit, solange sie keine Straftatbestände oder Rechte Dritter berühren, stellt der Bürgermeister klar.
„Leider ist das Verbreiten ‚alternativer Fakten‘ heutzutage weit verbreitet und greift auch bei derartigen Demonstrationen immer weiter um sich“, sagt Lembke und ergänzt: „Auch wenn mir die hier offenbar verbreiteten Thesen ebenso wenig gefallen, wie den meisten anderen Menschen, müssen wir es ertragen, dass Menschen Meinungen vertreten, die einer objektiven Überprüfung an keiner Stelle standhalten.“
Natürlich müsse man das genau beobachten. Wenn bestimmte Dinge strafrelevant wirken, müssten Staatsanwaltschaft und Staatsschutz ermitteln, ob das tatsächlich auch juristisch so sei. „Ich bin der festen Überzeugung, dass die große Mehrheit unserer Bürger zwischen abstrusem Gedankengut und der Wahrheit differenzieren kann“, sagt Lembke. „Unsere Demokratie ist stabil, die staatlichen Strukturen funktionieren reibungslos. Vor allem ist unser Gesundheitssystem so gut, dass es selbst eine Pandemie in Schach halten kann, die es nach Meinung vieler Gegner der Maßnahmen gar nicht gibt“, führt der Verwaltungschef aus.
Die Oldesloer Stadtverwaltung steht derweil selbst in der Kritik mit Blick auf die  Kontrolle der Maskenpflicht. Diese erfolge unregelmäßig und teilweise nicht konsequent. Die Verwaltung weist das stets von sich. Zunächst — darauf wurde bereits mehrfach verwiesen — sei ja auch das Gesundheitsamt des Kreises zuständig. Das eigene Ordnungsamt leiste genau wie die Polizei nur Amtshilfe und habe eigentlich keinen Außendienst für diesen Zweck.
Die Kritik entzündet sich bei Passanten und mittlerweile auch in der Lokalpolitik vor allem am Verhalten der Parkraumkontrolleure, die für Mitarbeiter des Ordnungsamts gehalten werden, allerdings nur der Außendienst der Bußgeldstelle sind. Auf dem Exer ärgerten sich Parkende, dass im Skateland – auf dem eigentlich Maskenpflicht herrscht – 20 Jugendliche ohne Masken unterwegs waren, während die Parkraumkontrolleure, auch nachdem sie darauf hingewiesen worden seien, einige Meter weiter lediglich Tickets für Parkzeitüberschreitungen ausstellten.
In der Vergangenheit hieß es seitens der Stadtverwaltung, dass die Außendienstmitarbeiter der Bußgeldstelle natürlich auch ein Auge auf die Maskenpflicht haben sollen. In diesem – und in weiteren Fällen – besteht allerdings großer Zweifel daran, dass das auch in der Praxis passiert. Eine zugesagte Antwort darauf, wie die Außendienstmitarbeiter der Stadt die Maskenpflicht genau kontrollieren oder durchsetzen, blieb die Stadtverwaltung auch vier Tage nach der Anfrage bis zum Redaktionsschluss noch schuldig.

Dieser Beitrag wurde unter Presseartikel veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.