Nur Appelle, kein Verbot: Das Böller-Missverständnis

Stormarner Tageblatt  28.12.2020

Bad Oldesloer Grüne und Linke zogen gemeinsamen Antrag zum Feuerwerksverbot zurück, weil sie dachten, das sei bereits geregelt

Der Müll ignoranter Böllerfreunde: In Bad Oldesloe sahen die Straßen am 1. Januar 2020 teilweise erschreckend aus. Auch das ist ein Grund für die Verbots-Bestrebungen.  Nie
Der Müll ignoranter Böllerfreunde: In Bad Oldesloe sahen die Straßen am 1. Januar 2020 teilweise erschreckend aus. Auch das ist ein Grund für die Verbots-Bestrebungen. Nie

Patrick Niemeier
Bad Oldesloe Es sei eine wunderbare Entscheidung, freute sich Dr. Hartmut Jokisch (Die Grünen), in der letzten Stadtverordnetenversammlung. Aus den Reihen der CDU hatte er gehört, dass die Landesregierung mit Blick auf die Corona-Krise an Silvester ein generelles Böllerverbot erlassen habe. Entsprechend zog er den gemeinsamen Antrag von Grünen und Linken zurück, ein solches für Bad Oldesloe auszusprechen. Denn das sei ja nun nicht mehr notwendig. Schon im Januar, ganz unabhängig vom Corona-Virus, hatten die Grünen angekündigt, ein Böllerverbot in Bad Oldesloe durchsetzen zu wollen. Denn trotz aller Klimaschutz-Diskussionen hatte es am 1. Januar mehr Müll auf den Straßen gegeben als in den Jahren zuvor.
Jetzt kam die Corona-Situation hinzu. Doch die Information, dass lokale Regelungen nicht notwendig seien, stellte sich Tage später als falsch heraus. In der Landesverordnung heißt es eindeutig, dass die Flächen auf denen es ein Verbot zum Abbrennen von Feuerwerkskörpern geben soll, von den zuständigen Behörden auf Ebene des Kreises und der Gemeinden festgelegt werden. Und da ist in Stormarn nichts geplant. „Es wird im Kreis Stormarn keine Allgemeinverfügung zum Verbot einer Verwendung von Feuerwerkskörpern auf Straßen, Wegen und Plätzen sowie auf sonstigen Flächen, auf denen Silvester und Neujahr mit verstärktem Personenaufkommen zu rechnen ist, geben“, sagt Kreissprecher Michael Drenckhahn. Die jeweiligen Kommunen könnten und würden aber Verbote in einzelnen Bereichen mit Blick auf den Brandschutz regeln. „Beim Land geht man davon aus, dass durch ein Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper sowie die geltenden Kontaktbeschränkungen und das Verbot zum Ausschank und Verzehr von Alkohol in der Öffentlichkeit nicht davon auszugehen ist, dass es zu größeren Menschenansammlungen zu Silvester kommt“, sagt Drenckhahn. Allerdings war das im Bezug auf den Vorstoß der Linken und der Grünen in Bad Oldesloe auch gar nicht das primäre Ziel.

Feinstaub und Lärm
Den beiden Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung geht es nach eigener Aussage auch um eine Vermeidung von Feinstaubbelastung, sowie den Lärm- und Gesundheitsschutz. „Durch den Lärm gibt es Gesundheitsbeinträchtigungen durch zum Teil erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte“, führt Hendrik Holtz (Die Linke) an. Außerdem, daran erinnerte Jokisch, komme es immer wieder durch unsachgemäßen Gebrauch von Feuerwerkskörpern zu einer deutlich erhöhten Anzahl an Verletzungen und Unfällen. An einem Silvester in Corona-Zeiten sollte jede zusätzliche Belastung der Kliniken präventiv verhindert werden.
„Wenn die Intensivstationen voll sind und die Kliniken stark belastet, kann man nicht versprechen, dass jemand, der sich die Hand weggesprengt hat, dieselbe Hilfe bekommt, wie in anderen Jahren. Also wäre es sowieso besser, wenn sich niemand die Hand wegsprengt“, sagte Holtz. Ein weiteres Argument für einen Komplettverzicht auf Böller nicht nur in diesem Jahr sei, dass es gelte Wild- und Haustiere vor dem durch Knallerei entstehenden Stress zu beschützen. So würden Tiere zum Teil durch die nächtliche Knallerei aus ihrem Rhythmus gerissen. Auch Menschen mit traumatischen Erlebnissen würden durch die Explosionsgeräusche unnötig belastet.
„Wir planen in Bad Oldesloe keine weiteren Maßnahmen zum Böllerverbot. Der Verkauf ist ja verboten und die Kontaktbeschränkungen bestehen. Wir glauben nicht, dass da viel passiert“, sagt der amtierende Bad Oldesloer Bürgermeister Horst Möller (CDU). Es komme dann noch hinzu, dass Verbotszonen rechtssicher sein und auch ausreichend kontrolliert werden müssen. Das Thema der Kontrolle von gesperrten Bereichen in der Stadt kommt in den letzten Monaten immer häufiger auf. Die Kreisstadt verfügt nämlich nur über Außendienstmitarbeiter der Bußgeldstelle, aber nicht über so etwas wie einen kommunalen Ordnungsdienst.
„Es ist sehr bedauerlich, dass es das Land nicht schafft, einfach ein generelles Böllerverbot hinzukriegen. Wir werden uns nochmal mit dem Bürgermeister abstimmen und einfordern, dass er das Menschenmögliche unternimmt, Feuerwerk in Bad Oldesloe einzuschränken beziehungsweise ganz zu untersagen“, sagt Holtz. „Es wäre besser für Mensch und Natur sowie eine praktische Hilfe für die Menschen, die an Silvester in den Krankenhäusern tätig sein werden“, führte Holtz aus.

Kreis fordert Verzicht

Der Kreis appelliert an die Bürger auch ohne Verbot komplett auf Böllerei zu verzichten. „Unser Appell an die Vernunft aller lautet, in diesem Jahr auf das Abbrennen von Feuerwerk zu verzichten, auch wenn es grundsätzlich nicht verboten ist. Das trage dazu bei, die Situation in den Notaufnahmen der Krankenhäuser in Coronazeiten nicht weiter zu verschärfen. Feiern sind nur in kleiner Runde – eigener Haushalt oder maximal 5 Personen aus zwei Haushalten erlaubt. Statt des Böllerns kann man sich dafür an andere Silvestertraditionen erinnern“, sagt Kreissprecher Drenckhahn. „Und trotzdem auf kleinen Feiern das Lüften nicht vergessen“.

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