Digitalisierung bleibt Großbaustelle

Stormarner Tageblatt  05.02.2021

IT-Experte Olaf Otahal: Umsetzung an den Bad Oldesloer Schulen wird noch Jahre dauern

Patrick Niemeier
Bad Oldesloe Abstürzende Server, unverständliche Übertragungen, schlecht ausgerüstete Schüler und überforderte Lehrer – die Mängelliste rund um die Digitalisierung der Bad Oldesloer Schulen bleibt lang. Das wurde im Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss der Kreisstadt deutlich.
Ob in der Corona-Krise noch mit funktionierenden, stabilen Videokonferenzen zu rechnen sei, wollte Lennart Hammelberg vom Kinder- und Jugendbeirat wissen. Denn auch wenn das oft in der Öffentlichkeit so klinge, als werde der Unterricht per Video durchgeführt, müsse er sagen, dass er noch keine stabile Unterrichtssituation in dieser Form erlebt habe. „Dabei wäre das wichtig, um die Emotionen der anderen Teilnehmer auch sehen zu können“, sagte er.
Olaf Otahal von der Bad Oldesloer Firma SolutionIT führt im Auftrag der Stadt die Digitalisierung der Schulen durch. Er macht keine Hoffnungen, dass dieses Problem sich kurzfristig lösen lasse. „Solange wir kein eigenes, autarkes Videokonferenz-System haben, sind wir da auf fremde Plattformen angewiesen und wie stabil die jeweils laufen“, stellte er klar.
In der aktuellen Phase sei es so, dass überhaupt erstmal die Infrastruktur in den Schulen verbessert werden müsse. Das sei schon vor Corona der dringend notwendige Plan gewesen. „Die Schulen haben da zum Teilen selbst viel versucht, aber das geht natürlich nicht, wenn man es professionell betrachtet. Wichtige Server auf einem Schrank, Stühle als Schattenspender gegen die Überhitzung von Servern, abenteuerliche Verkabelungen – manches, was wir vorgefunden haben, hätte so nie passieren dürfen“, erklärte der Firmenchef.
1,2 Millionen Euro aus dem Digitalpakt SH stehen der Stadt zur Verfügung, um die digitale Infrastruktur bis 2024 an den Schulen auf einen guten Stand zu bringen. Bisher sei es nur so, dass man den Patienten Schul-IT am Leben halten konnte, aber man habe den Zustand nicht wesentlich verbessern können, sagte Otahal.
Aus der Unterstützung des Landes im Rahmen der Corona-Krise seien im Ausstattungsprogramm I 158.000 Euro nach Bad Oldesloe geflossen. 90 bestellte Laptops werden in diesen Tagen geliefert. Die Auslieferung zahlreicher bestellter IPads verzögere sich allerdings weiter, weil sie schlichtweg nicht lieferbar seien. Im Rahmen des Ausstattungsprogramms II werden nochmal 330.000 Euro zur Verfügung stehen. Damit sollen 738 weitere digitale Endgeräte angeschafft werden. „Damit sind wir dann erstmal ganz gut davor“, merkte Sylvia Frautz aus der Oldesloer Stadtverwaltung an.
Bürgeramtsleiter Thomas Sobczak mahnte allerdings auch, dass dieser „einmalige warme Investitionsregen des Landes viele Folgekosten mit sich bringen wird“. Denn die Geräte werden ersetzt und gewartet werden müssen. Das werde enorme jährliche Folgekosten für die Stadt mit sich bringen. Hinzu kämen Lizenzen für Virensoftware und andere benötigte Programme. Otahal machte auch deutlich, dass es noch keine einheitliche landesweite Lernplattform gebe, auf die sich das Bildungsministerium und Politik geeinigt hätten. Anita Klahn (FDP), die selbst im Landtag sitzt, erklärte, dass es zum Beispiel auch noch gar keine Entscheidung zu einer digitalen Schülerakte gebe und die Vorstellungen des Bildungsministeriums in mehreren Fällen nicht den Gedanken in der Politik entsprechen.
Sorgen machten sich manche Lokalpolitiker darüber, dass an der Schule sehr engagiert auftretende Lehrer, demotiviert würden, wenn ihnen die Verantwortung für die IT abgenommen werde. Otahal berichtete, dass er es eher so erlebe, dass die Lehrkräfte froh seien, sich nicht mehr um diesen Bereich kümmern zu müssen und professionelle Hilfe erhalten.
Wie wichtig es sei, dass sich Profis um das Segment kümmern, zeigte sich kürzlich an der Bad Oldesloer Grundschule West. Diese schaffte aus dem eigenen Schulbudget 40 Computer an, weil diese im Angebot waren, aber nicht dem entsprachen, was eigentlich benötigt würde. „Wir haben da beraten, aber man hat unsere Hinweise ein wenig in den Wind geschlagen“, sagte Sobczak.

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