Der Oldesloer Kontrollverlust

Stormarner Tageblatt  26.02.2021

Die Kreisstäder schwächeln sichtbar bei der Einhaltung der Corona-Maßnahmen, doch Konsequenzen bleiben oftmals aus

Die Stadt könnte einen Sicherheitsdienst einsetzen – wie hier im vergangenen Jahr beim verkaufsoffenen Sonntag. Patrick Niemeier
Die Stadt könnte einen Sicherheitsdienst einsetzen – wie hier im vergangenen Jahr beim verkaufsoffenen Sonntag. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier
Bad Oldesloe Provozierend legt sich die Jugendliche wieder vor den Augen des Ordnungsamts auf den eigentlich gesperrten Kunstrasen, von dem sie gerade verwiesen wurde. Der erneuten Aufforderung eines der Stadtmitarbeiter kommt sie widerwillig nach und spuckt abfällig auf den Boden. Natürlich seien sie alle aus einer Familie, lachen einige Meter weiter sechs Jugendliche, die eng ohne Maske beieinander stehen. Scheinbar überfordert gehen die städtischen Angestellten von Grüppchen zu Grüppchen, erklären die Corona-Regeln und verschwinden wieder vom Bad Oldesloer Exer.
Nur fünf Minuten nach ihrem hilflos wirkenden Auftritt ist die Situation wie zuvor. Zehn Jugendliche auf dem Kunstrasen und acht auf dem eigentlich gesperrten Skateland. Auf Nachfrage sagt eine der Jugendlichen, sie wisse nicht, wer die Kontrollierenden waren. „Irgendwelche Ordnungs-Heinis“, vermute sie. Die Frage, ob ihr mögliche Konsequenzen erklärt worden seien, beantwortet sie mit einem erstaunten „Nein, welche auch?“ Sie werde fast täglich ermahnt – mehr passiere eben nicht.
Ob Drängelei in der vollen Innenstadt am Sonnabend, abgenommene Masken direkt neben der Eisdiele, weil man das Eis mit der befreundeten Familie vor Ort verzehren muss oder Party-Treffen auf Spielplätzen – täglich suchen immer mehr Oldesloer ihre Wege des Brechens der Regeln und neue Wege der Rücksichtslosigkeit. Der Weg freundlicher Ansprache der Stadt und das Setzen auf Vernunft scheint, wie in vielen anderen Orten auch, vor allem darin zu münden, dass der Respekt vor den Behörden sinkt.
Auch vor den Grundschulen zeigen sich in den ersten Tagen seit Wiederbeginn des Präsenzunterrichts zum Teil chaotische Szenen. Abgesehen vom programmierten Verkehrschaos durch die Helikoptereltern nehmen es einige Bürger eben auch dort mit Abständen, Kontaktbeschränkungen und Mund-Nasen-Schutz nicht so ernst.
Eine Situation, die die Stadt Bad Oldesloe besser in den Griff bekommen möchte. „Wir wollen aber eher eine augenzwinkernde Ansprache finden, denn immer wieder nur auf die Regeln hinweisen, bringt ja nichts“, sagt Stadtsprecherin Agnes Heesch.
Doch die Stadtverwaltung wende sich nochmal deutlich an die Eltern. „Die Verwaltung appelliert an die Eltern im Rahmen der Bring- und Abholzeiten Ansammlungen vor dem Schulgelände zu vermeiden und die Maskenpflicht, wenn die notwendigen Abstände nicht eingehalten werden können, ernst zu nehmen“, teilt Heesch mit. „Die Eltern haben eine Vorbildfunktion und sollten den Schülerinnen und Schülern mit einem guten Beispiel vorangehen“, sagt sie. Da es auch vor Kindertagesstätten zu zum Teil rücksichtslosen und unvernünftigen Situationen kam, wendet sich die Stadt Bad Oldesloe auch an die Kita-Eltern. „Die Verwaltung appelliert an die Eltern, deren Kinder in den Oldesloer Kindertagesstätten betreut werden, dringend auf die Einhaltung der Abstandsregeln beim täglichen Bringen und Abholen der Kinder zu achten“, so Heesch.
Was die Kontrollen in anderen Bereichen der Stadt angehe, weist die Kreisstadtverwaltung darauf hin, dass sie nicht über ausreichend Personal verfüge und nicht dafür aufgestellt sei, engmaschige Kontrollen durchzuführen. Außerdem könne und dürfe man keine Bußgelder verhängen, somit bleibe es dann bei Ermahnungen. „Der Kreis ist eigentlich für die Kontrollen der Maßnahmen zuständig, wir üben nur Amtshilfe in dem Rahmen aus, den wir schaffen“, sagt Heesch. Allerdings werde man wohl mit Schildern die Regeln noch deutlicher machen müssen. Über das Verhalten rund um Eisdielen werde man mit den Betreibern nochmal intensiv sprechen. „Es gibt ansonsten 47 Spielplätze in der Stadt, wie sollen diese Treffpunkte alleine schon kontrolliert werden?“, fragt Heesch.
Das Parkhaus in der Lübecker Straße und der Spielplatz an der Loge im Bürgerpark sowie der Bereich vor den Trave-Arkaden sind abends beliebte Treffpunkte geworden. Anwohner berichten, dass Ermahnungen durch Streifenpolizisten oft nur zehn Minuten Wirkung zeigen, dann seien die Gruppen wieder da.
Der Kreis verweist derweil darauf, dass er selbst auch nicht über ausreichend Personal für Kontrollen im gesamten Kreisgebiet verfüge. Genau daher seien die Kommunen ja um Amtshilfe gebeten worden. Allerdings sei es jederzeit möglich, dass die jeweilige Kommune einen Sicherheitsdienst auf Kosten des Kreises beauftrage, wenn die eigenen Personalkapazitäten, wie in Bad Oldesloe, nicht ausreichen. Warum das durch die Kreisstadt bisher nicht geschehen ist, konnten die Beteiligten nicht klar beantworten.

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