Stormarner Tageblatt 13.03.2021
Stormarner Wochenschau
Patrick Niemeier, Stephan Poost und Volker Stolten
Überreguliert
Den Kindern in der Schule eine schmackhafte, gesunde und für die Eltern bezahlbare Mahlzeit zuzubereiten, das ist die Aufgabe einer Schulmensa. Wenn dann noch, wie im Falle Bad Oldesloes, die Mensa-Crew versichert, dass kein Kind hungrig bleibt, selbst wenn die Eltern mit Zahlungen im Rückstand sind, ist viel geschafft. Aber sie hält auch Wort, es gibt keine Probleme mehr, mit nichtzahlenden Eltern. Alle Beteiligten sind mit der Arbeit des Caterers zufrieden.
Wenn der Gesetzgeber vorsieht, dass neu ausgeschrieben werden muss, obwohl alle Beteiligten zufrieden sind, dann ist das überreguliert. Wenn ich privat mit meinem Getränkehändler zufrieden bin, wechsle ich ja auch nicht ohne Not. Wenn eine Partei das nutzt, um ideologische Ziele zu verfolgen wie etwa der Forderung, ausschließlich Bio anzubieten, dann wird die Neuausschreibung missbraucht. Hier sollten die Parteien genau aufpassen, was sie tun. So etwas fällt einem schnell auf die Füße. Die Grünen werden sich sicher noch schmerzhaft an den Veggie-Day erinnern. Bis heute hängt den Grünen das Etikett der Verbotspartei an und schreckt viele Wählerinnen und Wähler ab.
Billigware
Was haben die Menschen im Einzelhandels-Shutdown besonders vermisst? Billig-Klamotten vom Textiliendiscounter offenbar. Eine harte Erkenntnis natürlich für all die Einzelhändler, die mit Qualität oder auch unter fairen Bedingungen produzierten Waren aufwarten. Klar, auch bei denen waren Kunden, doch die Schlangen bildeten sich auch in Stormarn vor allem vor den Filialen stark in der Kritik stehender Großketten, deren Produktionsbedingungen in Entwicklungsländern oftmals bemängelt werden und deren Einsatz für die jeweiligen Innenstädte ungefähr bei null-komma-null liegen.
Sie sind ja auch nur Mieter einer Immobilie, deren lokaler Standort alleine durch die Kundenfrequenz gewählt wird. Ob die Filiale in Ahrensburg, Bad Oldesloe oder Klein Kummerbach steht, ist egal. Den Kunden allerdings offenbar auch. Und während der Filialist vom Textildiscounter einen Security-Service zur Regulierung der Kontaktbeschränkungen braucht, freut sich der lokale Familienbetrieb über zwei, drei Kunden, die tatsächlich nicht nur „Geiz ist geil!“ im Hinterkopf haben.
Hut ab!
„Totgesagte leben länger“, sagt der Volksmund. Und der hat sich in diesem Fall auf jeden Fall bewahrheitet. Um was geht es? Um Bargteheide, speziell um die Schuldenfreiheit, die im November 2007 Einzug hielt und heute noch, im Jahre 2021, Bestand hat. Alle Achtung. Das kann sich bundesweit wahrlich sehen lassen und nötigt eine gehörige Portion Respekt ab.
Dabei war die Schuldenfreiheit das erste Mal 2009 in Gefahr und der Kampf gegen eine Kreditaufnahme seitdem immer wieder ein finanzieller Drahtseilakt, der aber stets erfolgreich gelang. Warum eigentlich schaffte „Stormarns lebendige Stadt“ das, was vielen anderen Städten und Gemeinden verwehrt blieb?
Vielleicht, weil die Stadt auf grundsoliden Pfeilern stand, weil Verwaltung und Kommunalpolitik an einem Strang zogen und trotz aller Unterschiede für die Stadt handelten. Weil alle, insbesondere der Stadtkämmerer, einen guten Job machten. Fortuna sollte man sicherlich auch nicht außer Acht lassen.
Aber bekanntlich hat am Ende nur der Tüchtige Glück. Das Glück ist der Stadt überdies in diesem Jahr hold. Denn dank eines besseren Jahresergebnisses und dank einer noch vorhandenen Rücklage von 15 Millionen Euro bleibt die Stadt auch in diesem Jahr schuldenfrei. Damit hat sich das Polster allerdings auf 475 000 Euro verkleinert und bietet kaum Pufferzone für die Zukunft. Die Luft ist verdammt dünn. Zumal Verwaltung und Lokalpolitik nicht erst seit dem Kahlschlag am Bornberg nicht mehr an einem Strang ziehen, sondern Gegenspieler sind und des eigenen Vorteils bedacht. Leider. Doch wenn zwei sich streiten, freut sich bekanntlich der Dritte. Aber wer ist in diesem Spiel der Dritte? Doch die Stadt? Die Hoffnung stirbt zuletzt.