So lief der „Click and Meet“-Start

Stormarner Tageblatt  23.03.2021

Einzelhandel muss auch in Stormarn aufgrund der Inzidenz über 50 in den stärker eingeschränkten Modus

„Click and Meet“ bei vollem Sortiment im Geschäft „Izoda“ von Inhaberin Ariane Giese.  Patrick Niemeier
„Click and Meet“ bei vollem Sortiment im Geschäft „Izoda“ von Inhaberin Ariane Giese. Patrick Niemeier

Finn Fischer und Patrick Niemeier M it einem lauten Lachen verlässt ein Senior das Oldesloer Geschäft „Pareibo“. „Nach Mallorca kannst jetzt wieder fliegen, aber hier ist der halbe Laden abgehängt und ich bekomme meine Sachen nicht – das kannst du keinem erzählen“, sagt er. „Das musst du mal schreiben. Wir verstehen ja, dass es Regeln geben muss, aber wir lassen uns auch nicht verarschen“, führt er weiter aus.
Nachdem im letzten Shutdown ein großes Hin und Her ausbrach, als es darum ging, ob Pareibo noch öffnen dürfe oder nicht, was im Endeffekt im Umbau des gesamten Sortiments endete, ist dieses Mal über das Abhängen der Ware organisiert worden.
Da Zeitungen und Zeitschriften weiterhin verkauft werden dürfen und auch weiteres Warensortiment erlaubt ist, ist auch keine Kontaktdaten-Erfassung notwendig. Allerdings ist die Zahl der Kunden begrenzt. „Wir freuen uns, dass wir überhaupt offen haben dürfen. Viele Kunden wissen aber gar nicht mehr, wo überhaupt was gilt“, sagt Nadine Reiher.
200 Meter weiter hat das Geschäft „Izoda“ weiterhin geöffnet, allerdings funktioniert das in dem „Fashion concept store“ nur mit „Click and Meet“ dafür mit vollem Sortiment. „Die Terminvergabe klappt, die Kunden nehmen das an. Allerdings nutzen nur sehr wenige die Luca-App, was einfacher wäre. Wir haben schon recht viele Zettel mit Kontaktdaten“, sagt Inhaberin Ariane Giese.
Sie sei aber froh, dass es diese Möglichkeit gebe und hoffe, dass alle Einzelhändler sich ihrer Verantwortung bewusst seien, damit die Pandemie in den Griff zu bekommen sei. Sie selbst sei erleichtert, dass sie treue und vernünftige Kunden habe.

Luca-App wird kaum genutzt

Verwirrung herrscht vor anderen Geschäften über die Möglichkeit der „Soforttermine“. Denn eigentlich läuft es dort nun kaum anders ab, als am Wochenende. Man kommt, trägt sich an der Tür ein und darf einkaufen gehen. „Das ist ehrlich gesagt schon ein wenig Quatsch“, sagt Julia Knoll. Als Kundin finde sie es gut, im Sinne des Erfinders sei das allerdings wohl er nicht. Sie wundere sich, dass nicht überall die luca-app genutzt werde.

Ärger vor dem Textil-Discounter

Vor einem Textil-Discounter gibt es derweil Streit. Der Grund: ohne Kontakterfassung kein Einlass. Das wollen allerdings zwei junge Frauen nicht akzeptieren. Sie schimpfen – ohne Mundschutz – über Bevormundung und erzählen von einem angeblichen Attest, dass sie weder Mundschutz tragen müssten noch ihre Daten herausgeben. Der Security weist sie entschieden ab.
Das Problem mit der Kontakterfassung kennt auch Annett Bastian von „Kreativwelt Bastian“. Man werde sich die Situation jetzt erstmal eine Woche anschauen und ob der Aufwand sich lohne. Es gebe treue Kunden, aber manche Passanten würden sich weigern, ihre Daten anzugeben. In dem Fall könne dann eben kein Einkauf stattfinden. Für alle Herausforderungen habe man bisher Lösungen gefunden, allerdings musste man sich auch darum immer selbst bemühen.
Mehrere Einzelhändler äußerten Frust über durchgeführte Kontrollen und fahrlässiges Verhalten in anderen Geschäften. Es sei unverständlich mit was manche Passanten und auch Geschäftsleute durchkämen, während man sich selbst an alle Regeln halte. Dass die Polizei am Montag offenbar verstärkt Streife lief, sei positiv aufgefallen. Es sei schwer, Kunden auf Probleme und Regeln hinzuweisen, wenn sie es drei Geschäfte weiter anders erleben können.
Ortswechsel: In Bargteheide ist Wolfgang Sarau froh, dass er seinen Geschenke- und Spielzeugladen in der Bargteheider Rathausstraße weiterhin öffnen darf, aber natürlich sei es ein Rückschritt. „Wir hatten jetzt 14 Tage auf und die neuen Regeln machen das alles komplizierter. Für uns und auch für die Kunden“, sagt Wolfgang Sarau. Es werde immer schwieriger da durchzublicken. Immer wieder wird er von Kunden gefragt, ob er gerade geöffnet hat oder nicht.

Entscheidungen nicht nachvollziehbar

„Es scheint so, als bekäme die Politik gar nicht mit, dass viele Entscheidungen für die Menschen überhaupt nicht mehr nachvollziehbar sind.“ Auf der einen Seite könne man im vollen Flugzeug nach Mallorca fliegen und auf der anderen Seite nicht an der Ostsee im Restaurant essen. „Ich kann mich mit 50 anderen Leuten im Supermarkt um Angebote schlagen und kleinen Einzelhändlern wird nicht zugetraut, Hygieneregeln umzusetzen. Das ist frustrierend.“
Nichts auszusetzen hat der Bargteheider Einzelhändler allerdings am Umgang der Stadtverwaltung mit der Kaufleute-Gemeinschaft. Den Kontakt mit der Bürgermeisterin und ihren Mitarbeitern nimmt Sarau als sehr hilfsbereit wahr: „Da habe ich aus anderen Städten schlimmeres gehört.“
Terminvergabe ein organisatorisches Problem
Gegenüber von Sammeln & Schenken verkauft Elektro Timm Klein- und Großgeräte. Hier bleiben die automatischen Türen zunächst geschlossen, obwohl eingekauft werden darf. Kunden müssen kurz warten, bis ein Mitarbeiter die Türen öffnet. Eine telefonische Anmeldung ist nicht nötig, um einzukaufen. „Das funktioniert bei uns nicht. Wer nur Batterien kaufen will, braucht nur ein paar Minuten, bei einer Waschmaschine wesentlich länger“, erklärt Geschäftsführer Malte Pohlmann.
Der „Click-and-Meet“-Termin wird also spontan vor der Tür vereinbart. Doch auch hier muss jeder Kunde, der den Laden betritt, seine Kontaktdaten hinterlassen. „Das klappt am besten per Luca-App. Das ist eine große Hilfe.“

Nur eine Kundin mit der Luca-App

Von der App-Registrierung ist auch Silke Dahlmann von der Ahrensburger Boutique „La Juliette“ überzeugt. Allerdings hat sich das noch nicht so recht herumgesprochen. „Heute hat nur eine Kundin die App benutzt“, sagt die Boutique-Inhaberin. „Click and Meet“ sei für sie aber ebenfalls ein Rückschritt.
Die vergangenen zwei Wochen liefen völlig problemlos und auch in dieser Zeit achtete die Unternehmerin immer darauf, dass sich nicht zu viele Kundinnen gleichzeitig im Geschäft aufhielten: „Die kleinen Geschäfte sind sicher nicht die Treiber in der Pandemie.“

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