Stormarner Tageblatt 05.06.2021
Bad Oldesloe: Corona-Impfangebote in den Hochhäusern am Hölk und Poggenbreeden geplant
Finn Fischer und Patrick Niemeier
Der Weg zu einer Corona-Impfung ist für manche Mitbürger noch weiter und komplizierter als für andere. Dazu zählen oftmals auch Menschen, die in sozialen Brennpunkten leben. Zum einen kommen dort entscheidende Informationen zum Teil nicht so an, auf der anderen Seite gibt es teilweise auch Sprachbarrieren oder Vorbehalte, die sich durch Gerüchte verbreiten und die aufgeklärt werden müssen.
Wichtig sind daher auch niedrigschwellige Beratungsangebote, um über Infektionsrisiken und Schutzmaßnahmen aufzuklären, aber auch um einer Impfskepsis kompetent entgegenzuwirken. Bürgermeister Jörg Lembke gab daher kürzlich bekannt, dass die Stadt ein Angebot des Landes wahrnehmen wolle, dass die Menschen im sozialen Brennpunkt der Hölk-/Poggenbreeden-Hochhäuser ein mobiles Impfangebot vor Ort bekommen. „Wir wurden vom Land gefragt und ich habe dann diese beiden Hochhäuser gemeldet. In den nächsten Wochen soll dort ein mobiles Impfteam Corona-Schutzimpfungen anbieten“, sagt Lembke. Quartiersmanagerin Maria Herrmann begrüßt es ausdrücklich, dass das Mobile Impfteam dann im Quartiersbüro von „Plan B“ sein Lager aufschlagen wird. Denn durch die beengten Wohnverhältnisse vor Ort besteht die Befürchtung, dass ein Infektionsgeschehen unter ungeimpften Bewohnern der beiden Hochhäuser besonders schnell um sich greifen könnte.
Entsprechende Beobachtungen wurden bundesweit in anderen Brennpunkt-Vierteln gemacht. Dass Armut die Verbreitung des Virus begünstige, ist bereits weitreichend belegt. Zuletzt hatte die Krankenkasse AOK eine Studie veröffentlicht. Demnach haben Bezieher von Arbeitslosengeld II ein 84 Prozent erhöhtes Risiko, mit einer Covid-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden zu müssen als ein Durchschnittsbürger. Matthias Mohrmann, AOK Hamburg/Rheinland, sagt zum Beispiel „Hier muss die Politik gegensteuern und dafür sorgen, dass Menschen, die in beengten Wohnverhältnissen leben, berufsbedingt nicht ins Homeoffice ausweichen können und überwiegend auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, schnellstmöglich durch flächendeckende Impfungen geschützt werden.“ Quartiersmanagerin Herrmann hat sich daher für das besondere Impfangebot eingesetzt: „Wir hatten hier in den letzten Monaten schon einige Infektionen. Flächendeckend ausgebreitet hat sich das Virus jedoch glücklicherweise nicht.“
Die engagierte Quartiersmanagerin hat beobachtet, dass schon der bürokratische Ablauf für viele Bewohner der Hochhäuser eine echte Hürde darstelle. „Einen Impftermin vereinbaren, ist schon unter normalen Bedingungen schwer, für diese Menschen hier nahezu unmöglich.“ Sie selbst habe kürzlich zwei Stunden damit zugebracht für einen impfberechtigten Hölk-Bewohner mit Vorerkrankungen einen Termin zu vereinbaren. Das sei für viele Anwohner nicht zumutbar. Wie das Land mitteilt, sollen mobile Impfteams weiterhin eingesetzt werden. Aktuell sind diese in Flüchtlings- und Obdachlosenunterkünften unterwegs. In enger Abstimmung mit den Kommunen werden zurzeit Impfungen in den sozialen Brennpunkten wie jetzt in Bad Oldesloe vorbereitet. Mögliche Anlaufpunkte für die mobilen Impfteams könnten außerdem sein: Tafeln, soziale Einrichtungen wie Stadtteilcafés sowie weitere Einrichtungen. Allerdings ist das Land darauf angewiesen, dass sich jemand kümmert. „Ich hätte mir gewünscht, dass das der Kreis Stormarn übernimmt“, sagt Maria Herrmann. Einen genauen Termin gibt es noch nicht. „Plan B“ geht davon aus, dass es bis Mitte Juni ein Impfangebot geben wird. Die Bewohner hat sie bereits mit Handzetteln informiert.
Festgestellt wurde auch in anderen Oldesloer Stadtteilen, dass ausländische Mitbürger oder Oldesloer mit Migrationshintergrund nicht ausreichend über das Virus und die möglichen Impfungen aufgeklärt werden können. Der Grünen-Stadtverordnete Hartmut Jokisch, der sich auch im interkulturellen Treffpunkt Kaktus engagiert, hatte den Bürgermeister darauf hingewiesen. Die Verwaltung hat daher ermittelt, wie viele Menschen in Bad Oldesloe leben, die potenziell die deutsche Sprache nicht verstehen können. Man sei dabei auf rund 3000 Mitbürger gekommen. Für diese werde jetzt laut Bürgermeister Lembke ein mehrsprachiger Flyer zum Coronavirus erstellt, der vor allem auf das Impfangebot hinweist. Auch diese Infozettel sollen in den nächsten Wochen fertig und bereit für die Verteilung sein.