Stormarner Tageblatt 12.06.2021
Ist das Glas nun halb leer oder halb voll?
Patrick Niemeier und Volker Stolten
Harte Zeiten I
Die Nachricht auf den zahlreichen Tischen im Außenbereich des Eis-Cafés spricht Bände: „Liebe Gäste, wir finden leider kein Personal, das Sie bedient. Bitte bestellen Sie im Café und holen Ihren Kaffee oder ihr Eis bei Fertigstellung am Tresen ab. Wir zwei schaffen es einfach nicht, ihre Bestellung am Tisch aufzunehmen. Danke für Ihr Verständnis.“ Schluck! Dabei ist hier die Rede „nur“ von normalen Service-Kräften, nicht von Fachkräften, die bereits vor der Pandemie nicht nur im Hotel- und Gaststätten-Gewerbe Mangelware waren.
Aber durch die Corona-Shutdowns hat sich der Notstand noch verschärft. Die Karikatur lässt grüßen! Schön, dass es positive Beispiele im Kreis Stormarn gibt, wo es Restaurant-Besitzern durch immense Anstrengungen und finanzielle Entbehrungen gelungen ist, ihre Fachkräfte zu halten. Aber das ist, wie es Kreis-Dehoga-Chef Dirk Steenbock bestätigt, die Ausnahme von der Regel. Vielfach und vielerorts ist „Land unter“, wird händeringend Fachpersonal gesucht. Vor allem Köche sind heiß begehrt. Aber: Woher nehmen, wenn nicht stehlen…?
Da es kein Patent-Rezept gibt, nicht die ultimative Lösung, bleibt zu hoffen, dass sich die Lage allmählich verbessert. Und das Glas nicht halb leer, sondern halb voll ist. Möge sich Dirk Steenbocks Optimismus bewahrheiten: „Es kann nur aufwärts gehen!“
Harte Zeiten II
Ein Gewissen war gestern, heute ist Dreistigkeit hoch 3: Beispiele gefällig? Am helllichten Tag dringen Täter in der Bachstraße in Bargteheide durch die nicht verschlossene Terrassentür eines Reihenendhauses ein, durchsuchen die Räume und gehen mit Beute – Goldschmuck, Bargeld, Dokumente – ungesehen stiften. Dabei sind die Bewohner vor Ort, halten sich am Giebel des Hauses auf.
In einem anderen Fall bittet ein Unbekannter einen Senior, der gerade mit seiner EC-Karte aus dem Automaten einer Bank-Filiale Geld abheben will, um Hilfe – blättert einen Stadtplan über den Geldautomaten aus und fragt nach dem Weg. Der Rentner hilft natürlich und zeigt dem Unbekannten sogar noch, wo es langgeht. Und hat verloren, denn der vermeintliche Gast ist ein dreister Dieb. Das Ende vom Lied: Die EC-Karte ist weg, ein vierstelliger Geldbetrag auch. Wo soll das noch hinführen? Da verliert man den Glauben an die Menschheit.
Durchhalten I
Dass es sich lohnen kann an einem Thema dranzubleiben, zeigt sich jetzt beim Oldesloer Radhaus am Bahnhof. Das Projekt hat wohl alle Phasen überstanden, die ein Projekt so überstehen können müsse. Es wurde beklatscht, verlacht, lächerlich gemacht, kritisiert, zerredet, gefeiert, bejubelt und fast schon betrauert, weil es mehrfach vor dem Aus stand. Doch selbst aus manchen Bedenkenträgern sind Befürworter geworden. Zwar hat Bad Oldesloe die Chance verpasst, landesweit zu den Vorreiterin in Sachen Rad-Parkhäusern zu zählen und ganz so groß, wie am Anfang gedacht, ist der Wurf nicht geworden. Aber das gehört bei Kompromissen dann wohl dazu. Dass ein mehrheitsfähiger Prozess gefunden wurde, zeigt auch, dass Demokratie halt funktioniert. Dass es sieben Jahre von der Idee bis zur Umsetzung brauchte, zeigt halt leider aber auch, wie langsam die Mühlen in Lokalpolitik und Verwaltungen manches Mal mahlen. Da muss man halt am Ball bleiben, wenn man wirklich hinter einer Sache steht.
Durchhalten II
Ja, dürfen die das? Ist das denn noch Schule? Regelmäßig sieht sich die Stadtschule Vorwürfen ausgesetzt, dass sie Dinge irgendwie anders angeht, als viele anderen Grundschulen. Nicht, dass das was andere Schulen machen besser oder schlechter wäre, aber die Stadtschule geht halt unter der Leitung Sabine Prinz sehr deutlich ihren eigenen Weg – ob nun eine sehr aktiv Schach-AG oder die Teilnahme an zahlreichen Umweltprojekten. Die Kritik war groß, als sich die Grundschule früh an „Fridays for future“ Protesten beteiligte. Sogar aus dem Bildungsministerium grollte es. Den Lehrern drohten disziplinarische Maßnahmen. Doch sogar die Schulleiterin selbst zeigte sich unbeeindruckt davon und ging mit auf die Kundgebung. Das Ganze wird auch pädagogisch jede Woche freitags aufgearbeitet. Aus dem Bundesumweltministerium kam jetzt für das Engagement sogar ein Preis. Die Schule ist Bundes-Energiesparmeister.