Stormarner Tageblatt 10.07.2021
Von Geduld, Ungeduld und Dreistigkeit
Guido Behsen, Patrick Niemeier und Volker Stolten
Warten auf die Post
Es sind längst keine Einzelfälle mehr, die Probleme mit der Postzustellung in Stormarn melden. Auch wenn das offizielle Stellen der Post gerne so sehen wollen. Die Probleme sind dabei vielschichtig. Offenbar schlechte Ortskenntnis trifft zum Teil auf unzureichend geschulte oder überforderte Zusteller oder schlichtweg eine insgesamt nicht besonders gut geplante Logistik. Denn ob nun überfüllte Briefkästen, die nicht geleert werden, Päckchen, die wochenlang unterwegs sind oder auch eine Einladungskarte, die aus einem Nachbardorf zehn Tage benötigt – die Kritik, die regelmäßig in der Redaktion aufläuft, mit der Bitte darüber zu berichten, ist deutlich und nicht nur einem Zusteller oder Bereich zuzuordnen. Besonders schwer wiegt der Aspekt, dass alle Betroffenen sich bei der entsprechenden Beschwerdestelle oder Hotline nicht ernst genommen oder gehört fühlten. Das kommt wohl dabei raus, wenn immer mehr Bereiche outgesourced und an andere Dienstleister vergeben werden. Die Aussage „Das kommt zwar mit der Post, aber hat nicht direkt etwas mit der Post zu tun“, versteht der Kunde nicht. Der Verdacht liegt nah, dass die Probleme in Umstrukturierungen, Sparmaßnahmen und personeller Fehl- und Unterbesetzung zu finden sein dürften. Der Zusteller ist dann das letzte und schwächste Glied in der Kette (siehe Karikatur).
Trügerische Ruhe
Es ist ein zartes Pflänzchen, das gehegt und gepflegt werden muss. Doch was macht der Mensch? Er tritt dieses gewonnene und sich im Aufbau befindende Etwas mit Füßen. Gemeint ist die niedrige Inzidenz, die vielerorts aber schon wieder an Wert gewinnt, was corona-bedingt schlecht ist. Schlecht und der Sache nicht förderlich ist das Gebaren, das an den Tag gelegt wird. Als hätte es das Virus nie gegeben. Dabei hat allein der Kreis bislang mehr als 300 Todesopfer und etliche Infizierte mit Corona-Nachwehen zu beklagen.
Bundesweit liegt der 7-Tage-R-Wert wieder bei 1. Mallorca hat erneut einen Inzidenzwert von über 100. Und schaut man sich die teilweise mit 60.000 Fans proppevollen Stadien bei der Fußball-EM an, zweifelt man doch vollends an der Schlauheit der aufrecht gehenden Spezies. Reicht man den Menschen den kleinen Finger (Lockerungen), nehmen sie die ganze Hand (verzichten auf Abstand und Maske). Dabei ist es ein Trugschluss zu glauben, dass wir über den Berg sind. Die Delta-Variante, die bei uns glücklicherweise noch keine große Rolle spielt (noch nicht!) ist erst der Anfang. Weitere Mutationen werden sicherlich folgen. Corona ist ja nicht blöd… und weiß, was zu tun ist. Der Mensch auch? Noch ist Sommer, spielt sich das Leben gerne draußen an der frischen Luft ab und hält das Virus (im Normalfall) auf Abstand. Aber nach dem Sommer kommt der Herbst. Und dann? Noch haben wir es in der Hand. Wir sollten den Weckruf hören… und Umsicht walten lassen statt schon wieder auf Tuchfühlung zu gehen und verstärkt Vollkontakt zu suchen.
Schämt euch!
Defekte Kühlschränke, durchgelegene Matratzen, Plastikmüll – wer seinen Unrat als Spende getarnt entsorgt, wie zuletzt wiederholt am Bad Oldesloer „Brawo-Center“ passiert, sollte sich einfach schämen. Doch genau daran sind Zweifel angebracht. Denn wer ein Sozialkaufhaus dreist für seine asozialen Zwecke missbraucht, hat mit so etwas wie einem schlechten Gewissen auch keine Probleme. Hauptsache, zuhause ist der Rasen akkurat gemäht, ziehen sich alle brav im Flur die Schuhe aus, beleidigt kein Sperrmüll das Spießer-Auge. Um den ganzen Dreck möchten sich doch bitte andere kümmern. Bleibt die nüchterne Erkenntnis: Wenn es um die eigene Behaglichkeit und vielleicht ein paar Euro für den Recyclinghof geht, ist sich offenbar nicht jeder, aber doch so mancher selbst der nächste.