Pastor Hagge: Ruhestand nach 35 Jahren

Stormarner Tageblatt  27.08.2021

Verabschiedung in Bad Oldesloe: „Außer der Bibel habe ich am meisten Karl Marx gelesen“

Jahrzehnte im Dienst der ev. Kirche Bad Oldesloe und der Menschen: Pastor Volker Hagge.  Susanne RohdeJahrzehnte im Dienst der ev. Kirche Bad Oldesloe und der Menschen: Pastor Volker Hagge. Susanne Rohde

1983 wurde Volker Hagge im Lübecker Dom ordiniert.  Privat
1983 wurde Volker Hagge im Lübecker Dom ordiniert. Privat

Der Abschiedsgottesdienst am kommenden Sonntag, 29. August, 15 Uhr, wird von Pastor Jobst-Ekkehard Wulf als stellvertretendem Propst aus Nahe gehalten. Jeder, der sich von Pastor Hagge verabschieden möchte, ist eingeladen, sollte sich aber zuvor im Kirchenbüro anmelden.

Susanne Rohde

Sein Ziel als Pastor der evangelischen Kirche sei ursprünglich eine angstfreie Gesellschaft gewesen, sagt Volker Hagge. Weil das aber doch eine Utopie ist, habe er sich dem Projekt „Kirche als angstfreier Raum“ gewidmet. „Dieses Ziel hat sich für mich erfüllt“, sagt der 65-jährige Gottesmann der Kirchengemeinde Oldesloe, der am Sonntag, 29. August, ab 15 Uhr in der Peter-Paul-Kirche mit einem Gottesdienst in den Ruhestand verabschiedet wird.

Integration und Versöhnung
„Gott wohnt bei den Menschen, das ist der Urgedanke der Bibel und der Thora“, sagt Volker Hagge, der immer auch ein politischer Pastor war, und dem das Thema Integration und die Versöhnung mit den Menschen anderen Glaubens ganz besonders am Herzen liegt. Die Motivation, Theologie zu studieren, hatte Volker Hagge erst nach dem Abitur, denn eigentlich wollte er Lehrer werden wie sein Vater. „Was mir aber überhaupt nicht lag, war Kinder nach ihren Leistungen zu benoten“, erzählt der gebürtige Itzehoer, der in Reinbek aufwuchs.
Über die Theologie suchte er auch einen Weg zu einem glücklichen und erfüllenden Leben, und auf diesem Weg wollte er auch andere Menschen begleiten. „Ich wollte Pastor mit dem Schwerpunkt Seelsorger werden“, betont Volker Hagge, der am 1. Oktober 1986 in Bad Oldesloe seine Pastorenstelle antrat, also fast auf den Tag genau vor 35 Jahren und einem Monat. Nachdem er zwei Jahre lang als Vikar in Lütjenburg gearbeitet hatte, wurde er 1983 im Lübecker Dom zum Pastor ordiniert. In Lütjenburg lernte er auch seine Frau Sybille kennen, 1987 wurde Hochzeit gefeiert. Die drei Söhne Klaas, Gerd und Jens sowie Tochter Lisa wurden geboren. Die Familie stand neben der pastoralen Arbeit immer im Mittelpunkt, und für seine Kinder nahm sich der Familienvater stets Zeit.

Musik spielt wichtige Rolle
Bis 1996 wohnte die Familie im Pastorat am Kirchberg, anschließend zog sie in das geräumige Pastorat im Poggenseer Weg. „Ich bin immer City-Pastor gewesen. Mein Arbeitsschwerpunkt war im Haus der Begegnung am Ehmkenberg“, so Pastor Hagge. Auch die Musik spielte schon immer eine große Rolle in seinem Leben. Nach seiner Konfirmation engagierte er sich in der kirchlichen Jugendarbeit, wo er in einer Rock- und Blues-Band spielte. „Das war für mich damals schon eine Einheit mit der politischen Jugendbewegung und ein Hauptfokus, mich zu engagieren.“ Während des Studiums in Hamburg spielte die Theologie der Hoffnung und der Befreiung eine große Rolle, und die Gesinnung des jungen Studenten war linksliberal. „Was ich damals mitgenommen habe, war die kritische Theorie der Frankfurter Schule. Außer der Bibel habe ich am meisten Karl Marx gelesen. Ich fand ihn sehr spannend“, so der Pastor, für den Kirche auch ein spiritueller Raum der Freiheit und die Wohnung Gottes bei den Menschen ist. „Das ist der Urgedanke der Thora und der Bibel und verbindet uns auch mit den Muslimen“, betont Volker Hagge. Er ist Mitglied des Freiwilligenforums und der Behördenlotsen, Gründungsmitglied des Freundeskreises Beer Yaakov/Jifna und er engagiert sich außerdem im Gesprächskreis „Bündnis für Wohnen“ und für den Interkulturellen Gesprächskreis. Schon früh organisierte er interreligiöse Gottesdienste und setzte sich für den Dialog zwischen Juden, Christen und Muslimen ein. Vor 20 Jahren entstand auch der Kontakt zur Oldesloer Moschee und zum Oldesloer Gerd-Günther Finck, mit dem er seitdem befreundet ist. Auch die Interkulturelle Woche liegt ihm sehr am Herzen. Für den wohlverdienten Ruhestand hat sich Volker Hagge, der ein großer Fan der Band „Die Ärzte“ ist, vorgenommen, wieder mehr Klavier zu spielen. „Ich bin mit den Beatles groß geworden und seit 45 Jahren der Hamburger Jazzszene verbunden.“
Und auch die anderthalbjährige Enkelin Jolie in Tübingen darf sich auf vermehrte Besuche vom Opa einstellen. Außerdem möchte Volker Hagge wieder an die Uni und als Gasthörer Psychologie und Philosophie in Tübingen, Göttingen und Berlin studieren, wo auch seine Kinder leben.

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