Stormarner Tageblatt 31.08.2021
Kulturbüro: Aus Notlösung ist in Bad Oldesloe ein Picknick-Erfolgskonzept geworden, das Zukunft hat
Patrick Niemeier
Der Nieselregen setzt im Strobo-Licht wieder ein, während Thees Uhlmann die Faust in Richtung des dunklen Himmels über dem Gut Altfresenburg reckt und „Nice“ in das Publikum bei „Kub auf dem Feld“ schreit. Man kauft ihm die Freude über den Auftritt ab. „Fünf Jahre lang nicht gesungen“ heißt einer der Hits des Tomte-Frontmanns. Ganz so lange war der Corona-Konzert-Shutdown nicht, aber auch so lang genug.
Auch bei der zweiten Auflage des Events des Kulturbüros der Stadt Bad Oldesloe gelten noch Hygiene- und Abstandsregeln, wenn auch nicht mehr so streng wie im Vorjahr. Und gefühlt hat man sich längst damit arrangiert. Ja, vielleicht sogar mehr als das – verströmen die Konzerte in dieser Größenordnung doch etwas, das im Veranstaltungszirkus mehr und mehr im „schneller, größer, mehr“ verloren zu gehen schien.
Noch nie ein „Kub im Feld“ ohne Corona-Regeln
Das Publikum hat das gesamte Wochenende dem Nieselregen und den notwendigen Maßnahmen mit guter Laune und norddeutscher Gelassenheit getrotzt. „Ich bin meinen Helfern total dankbar und den Künstlern, aber vor allem auch dem Publikum, das uns so treu ist“, sagt eine begeisterte Inken Kautter, Kulturchefin der Stadt Bad Oldesloe. „KuB auf dem Feld“ hat eine Besonderheit: man kennt es gar nicht ohne Corona-Regeln. Der Picknick-Faktor war im Vorjahr aus der Not geboren und ist jetzt wesentliches Qualitätsmerkmal. „Einen Großteil des besonderen Charmes macht natürlich die so entstandene Atmosphäre aus“, weiß Kautter.
Aus den Notlösungen wird nicht nur in Bad Oldesloe mittlerweile ein gut funktionierendes Konzept – entschleunigt und entdrängelt, familiär und entspannt. Keine Abriss-Party sondern ein musikalisches Familienfest im Grünen, das auch nach Corona eine Chance verdient hätte. Es ist kein Zufall, dass neben Uhlmann auch der sympathische Michael Schulte und die folkigen „Mighty Oaks“ am Donnerstag und Sonnabend besonders gut funktionierenden und ausverkauft waren. Dass ausgerechnet die vermeintlich bekanntesten Charstürmer von „Glasperlenspiel“ nicht so richtig zünden, ist ebenso kein Zufall. Sie funktionieren eher auf anonymen Großraumdisco-Partys und für eine solche scheint das Gut Altfresenburg weder jetzt noch in anderen Jahren wirklich geeignet.
Natürlich zog auch das Electro-Pop-Duo ein ganze Reihe Fans an, aber irgendwie gilt unter diesen Bedingungen für Acts dieser Art, was Thees Uhlmann am Sonntag in „Avicii“ singt „Elektronische Musik kann man sich so schlecht schöntrinken“. „KuB auf dem Feld“ knüpfte bereits 2020 bewusst auf einem anderen Gelände lose an die früheren Open Airs am einige hunderte Meter entfernten Poggensee an. Geblieben ist von den früheren Festivals die Mischung aus Talenten und eher unbekannten regionalen Acts und bekannten Namen, die man so in der Oldesloer Provinz nicht unbedingt erwartet. Oder wie Uhlmann In Kombination mit der Picknick-Atmosphäre und die eingefügten Artistik-Auftritte der PflasterArt-Show oder auch Moderator Yared Dibaba am Sonnabendvormittag ist daraus ein Erfolgskonzept geworden. Ob es nächstes Jahr in die dritte Runde geht, ist derweil noch nicht klar. „Wir müssen sehen, was möglich ist. Und das hängt auch von den Budgets ab“, sagt Kautter. Vielleicht wird es auch mit kleineren Bands und kleineren Budgets funktionieren. Denn während sich Uhlmann, Schulte und der Folk von Mighty Oaks perfekt in das Setting einbetteten, könnte ein technisch sehr aufwendiger Auftritt wie der der deplatziert wirkenden „Glasperlenspiel“ auch von ihrer Vorband „Peter´s Beine“ ersetzt werden, wie es sich nicht wenige Besucher vorstellen konnten.
Die Schönheit der Chance
Thees Uhlmann ist mittlerweile in der Final-Schleife seines Konzerts angekommen. „Die Schönheit der Chance,dass wir unser Leben lieben so spät es auch ist. Das ist nicht die Sonne die untergeht, sondern die Erde die sich dreht“, singt er in einem alten Tomte-Song, den er auch in Altfresenburg im musikalischen Gepäck hat und das passt auch einfach zu diesem Festival, dessen Konzept aus der Not geboren wurde und das längst zu einer Chance geworden ist.