Stormarn will Potenzial besser nutzen

Stormarner Tageblatt  10.09.2021

Viele der touristischen Möglichkeiten haben noch Luft nach oben oder sind nicht richtig vermarktet

Das Kultur- und Bildungszentrum (Kub) in Bad Oldesloe ist ein Veranstaltungsort, der weit über die Kreisstadt hinaus Bedeutung erlangt hat.
Das Kultur- und Bildungszentrum (Kub) in Bad Oldesloe ist ein Veranstaltungsort, der weit über die Kreisstadt hinaus Bedeutung erlangt hat.

Patrick Niemeier

Historische Orte, Schlösser, Wander- und Radrouten, Naturschutzgebiete, Gastronomie und Kultur. Stormarn hat viel zu bieten. Doch ist es auch touristisch attraktiv? Und wenn ja, warum sind dann die Übernachtungszahlen nicht besser? Welche Potenziale werden nicht genutzt und welche können ausgebaut werden?
Mit diesen Fragen setzten sich Tourismusexperten auf Konferenzen in Stormarn auseinander. Nachdem im vergangenen Jahr ein Kulturfahrplan beim Kreis auf den Weg gebracht wurde, ist jetzt ein Tourismuskonzept dran.

Großes Einzugsgebiet rund um den Kreis
Die Profis von „Tourismus Plan B“ haben gemeinsam mit den Teilnehmern spannende Fakten herausgearbeitet, die als Grundlage für weitere Maßnahmen genutzt werden können. So stellten sie fest, dass vier Millionen Menschen im direkten Einzugsgebiet Stormarns leben, die in maximal einer Stunde in der Kreisstadt Bad Oldesloe sein könnten. Dieses doch sehr große Einzugsgebiet liegt an der Nähe zu Lübeck und Hamburg, aber auch an der gut ausgebauten Infrastruktur. Für den Tagestourismus ist das durchaus vorzeigbar.
Was den Experten zufolge definitiv auf der Habenseite sei, ist das gut ausgebaute Radwegenetz mit thematischen Schwerpunkten. Dazu zählen die Bahn-Radelwege auf stillgelegten Bahntrassen, Kirchen- und Kunstrouten sowie der Krimi-Trail. Auch die Sehenswürdigkeiten müssen sich nicht vor anderen Regionen verstecken. Die Liste reicht vom Schloss Ahrensburg über die Wassermühle in Trittau, die Kirche in Zarpen bis zur historischen Altstadt in Bad Oldesloe.
Es gibt zwei Schlösser und 24 Guts- und Herrenhäuser im Kreisgebiet. Hier stellten die Tourismusprofis allerdings fest, dass viele dieser Gebäude in Privatbesitz und nicht öffentlich zugänglich sind. Die insgesamt sieben Museen seien außerdem zu wenig in touristische Angebote eingebunden. Die Kulturzentren wie das KuB in Bad Oldesloe oder der Marstall in Ahrensburg hätten hingegen bereits regionale Relevanz über die reine lokale Bedeutung hinaus erlangt. Doch auch sie könnten und müssten noch stärker in touristische Ideen eingebunden werden. Die Übernachtungszahlen liegen deutlich hinter anderen Regionen, wobei die Zahlen vor der Corona-Pandemie bewertet wurden. Während Stormarn 2019 auf 414.415 Übernachtungen kam, waren es im selben Jahr in der Holsteinischen Schweiz 729.436 und im Herzogtum Lauenburg 706.549. Schaut man über die Landesgrenze hinweg, muss man feststellen, dass es in der Lüneburger Heide 2019 sogar 6.576.000 Übernachtungen waren. Auch die Anzahl der im Schnitt in Stormaner Herbergen verbrachten Nächte ist mit nur zwei relativ gering. Diese lag im Herzogtum Lauenburg 2019 bei 3,4, im Kreis Segeberg immerhin noch bei 2,6.
Fazit: Die bloße Nähe zu Hamburg und Lübeck ist keine ausreichende Alleinstellung, die man gut bewerben könne oder sollte. Aus Sicht der Experten könnte die eher geringe Übernachtungszahl aber zum Beispiel auch daran liegen, dass es ein bisher nur geringes Angebot im Bereich des immer beliebter werdenden und naturnahen Campings gibt. Dazu gehöre auch der boomende Wohnmobil-Tourismus. Außerdem gebe es wenige innovative Übernachtungsangebote. Dass der Kulturbereich trotz großer Qualität touristisch kaum eingebunden sei, könnte auch an den geringen Budgets und den Organisationsstrukturen liegen. Jetzt käme es zunächst darauf an, das Tourismusbewusstsein überhaupt zu stärken. Dass dies bei den Bürgern und auch manchen politischen Entscheidungsträgern nicht besonders ausgeprägt ist, lässt sich zum Beispiel an der Diskussion um den Ausbau von Wohnmobilplätzen festmachen. Oft wird der Tourismus in Stormarn eher als Luxusangebot und Nebenerscheinung ohne große Relevanz angesehen, so der Eindruck.

Stärken noch weiter und deutlicher herausstellen
Die Stärken der Wander- und Radwanderwege müssten außerdem deutlich herausgestellt werden. Die Tourismuskonferenz kam zudem zu dem Schluss, dass gerade ein positiver Gegensatz zur nahen Metropole herausgearbeitet werden sollte. Familienfreundlichkeit und der gesamte Bereich der Naherholung sollten noch mehr in den Fokus rücken. Ein wichtiger Punkt könnte es auch sein, dass unterschiedliche Zielgruppen nicht mit einer einzigen Imagekampagne sondern individuell angesprochen werden. Unter dem Strich – und das ist keine neue Erkenntnis – kann Stormarn Natur, ländliche Räume, Platz für Sport bieten. Außerdem glänzt der Kreis durch seine Kulturzentren, seine Geschichte und zahlreiche Vereine im kreativen Bereich. In einem nächsten Schritt sollen jetzt erste Maßnahmen erfolgen, die genau diese Stärken noch weiter herausstellen. Dafür werden Starterprojekte im Kreis auf den Weg gebracht, heißt es aus der Kreisverwaltung.

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