Stormarner Tageblatt 06.11.2021
Hausärzte kommen mit dem Impfen kaum nach, nun wird eine Wiedereröffnung der Impfzentren diskutiert
Susanne Link und Patrick Niemeier
Dritt- beziehungsweise Booster-Impfungen sollen die vierte Corona-Welle möglichst brechen. Aber wer impft künftig und wo? Darüber ist eine Diskussion entbrannt – auch in Stormarn.
Weil die Hausärzte in Reinbek mit Terminanfragen nach den sogenannten Booster-Impfungen, also Corona-Auffrischungsimpfungen, überrollt werden, rückt nun das mobile Impfteam des Sozialministeriums an.
Ob das allerdings die Lösung des Problems ist? „Das wird sich zeigen“, sagt Reinbeks Bürgermeister Björn Warmer und fügt hinzu: „Ich kann mir vorstellen, dass das nicht ausreicht.“
Derzeit erhalten nur über 60-Jährige, die ihre letzte Impfung vor mehr als sechs Monaten erhalten haben, eine Auffrischimpfung. Hinzu kommen immungeschwächte oder immunsupprimierte Personen sowie mit Astrazeneca oder Johnson & Johnson Geimpfte oder Bewohner einer Pflegeinrichtung, medizinisches oder pflegerisches Personal.
Nach sechs Monaten Auffrischung
Eine dieser Voraussetzungen muss laut schleswig-holsteinischem Gesundheitsministerium nachgewiesen werden. Nun soll allerdings allen bereits doppelt geimpften Personen nach sechs Monaten eine Auffrischungsimpfung ermöglicht werden. Das haben die Gesundheitsminister von Bund und Ländern gestern beschlossen.
„Dafür braucht man natürlich dann eine andere Struktur“, sagt Reinbeks Bürgermeister. „Die Hausärzte alleine – das kann nicht funktionieren.“ Bereits jetzt könnten die Hausärzte in Reinbek die Anfragen nicht bewältigen, sodass sich eine Arzt – auch im Namen seiner Kollegen – an den Bürgermeister wandte.
Bei ihm gab es eine Warteliste bis Anfang März. Daraufhin schritt Warmer zur Tat und wandte sich ans Sozialministerium in Kiel, um ein mobiles Impfteam für Reinbek zu organisieren.
Gleichzeitig war auch das Ministerium von sich aus aktiv geworden und hatte bereits drei Termine bei der Südstormarner Vereinigung für Soziales (SVS) in Planung. Nun werden dort nach der Bitte von Warmer sechs Termine stattfinden: Vom 1. bis 3. Dezember jeweils von 9 bis 17 Uhr, am 6. Dezember (10 bis 17 Uhr), am 7. Dezember (11.30 bis 17 Uhr) und am 8. Dezember (9 bis 17 Uhr) impft das mobile Team in der Sozialstation am Völckers Park 8.
Druck auf die Bundesländer wächst
Mit den Aussagen von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dass die Booster-Impfung für alle Geimpften kommen soll, wächst der Druck auf die Bundesländer, die Impfzentren wieder zu öffnen. Denn wenn schon jetzt die Hausärzte zum Teil am Limit sind, deckt sich die Einschätzung zahlreicher Experten mit der von Warmer: es wird eng bis unmöglich, die notwendigen Impfungen zeitnah abzuarbeiten.
Mit Blick darauf, dass immer mehr vollständig Geimpfte mit Abnahme des Impfschutzes erkranken und zum Teil sogar schwere Verläufe einer Covid-19-Erkrankung durchleben müssen, scheint es entscheidend, dass die dritte Impfung zeitnah geschieht. Darauf weisen auch Experten wie Prof. Karl Lauterbach (SPD) hin.
Öffnung innerhalb von fünf Tagen möglich
In Stormarn ist die Kreisverwaltung – wie berichtet – im Fall der Fälle bereit, innerhalb von fünf Wochentagen das größte Corona–Impfzentrum in Bad Oldesloe wieder zu öffnen. Erfahrung, Logistik und Infrastruktur sowie Personal seien kurzfristig verfügbar, sagt Andreas Rehberg, Fachbereichsleiter Sicherheit und Gefahrenabwehr beim Kreis. Er könne sich vorstellen, dass manche Arztpraxen neben ihrem alltäglichen Geschäft und auch den Grippeschutzimpfungen nicht auch noch die Corona-Drittimpfungen abwickeln können. „Wir haben daher heute gemeinsam mit Kommunen und Kassenärztlicher Vereinigung besprochen, die ergänzenden Impfangebote in Schleswig-Holstein deutlich auszuweiten, um die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte zu entlasten und für die Menschen noch mehr Angebote zur Auffrischungsimpfung zu unterbreiten“, teilte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) gestern mit. Nun planen Land, Kommunen und KVSH neben den mobilen Teams zunächst zusätzliche stationäre Impfstellen einzurichten. Die Wiedereröffnung der Impfzentren wird ausdrücklich nicht erwähnt.
Impfen hat absolute Priorität im Kreis
In der Frage, ob Coronatests wieder kostenlos sein müssten und die Infrastruktur entsprechend ausgebaut werden sollte, positioniert sich der Kreis eindeutig: Impfen hat Priorität. „Die Diskussion lenkt davon ab, dass noch immer nicht genügend Menschen geimpft sind. Die Impfung ist immer noch die beste Maßnahme, sich und andere zu schützen. Darum: Bitte lassen Sie sich impfen“, sagt Landrat Dr. Henning Görtz.