Stormarner Wochenschau: Hier hilft man sich – da weniger

Stormarner Tageblatt  22.01.2022

Hier hilft man sich – da weniger

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

Susanne Link, Patrick Niemeier, Volker Stolten

Auf der falschen Plattform unterwegs
Die Mühlen der Verwaltung mahlen – aber sie mahlen langsam. Mag nicht immer stimmen, aber in diesem Fall schon. In welchem? Den sozialen Medien natürlich. Die Stadtverwaltung Glinde ist jetzt frisch auf Facebook, möchte dadurch auch jüngere Menschen erreichen. Dumm nur, dass die schon längst zu Instagram, Snapchat und Tiktok abgewandert sind. Für unter 30-Jährige ist Facebook laut der ARD/ZDF-Onlinestudie 2021 nämlich viertrangig. Aber immerhin ist die Stadt ab jetzt wenigstens irgendwo in den sozialen Medien zu finden. Soll ja auch Städte und Gemeinden geben, die diesen Schritt bisher nicht geschafft haben – Ahrensburg und Bad Oldesloe beispielsweise.

Die Weichen stehen auf Zukunft
Woanders werden Animositäten gepflegt und Misserfolge der Kommune wissentlich in Kauf genommen. Die kleine Gemeinde Nienwohld im Amt Bargteheide-Land mit ihren knapp 500 Einwohnern ist da aus einem anderen Holz geschnitzt und geht wissentlich genau in die entgegengesetzte Richtung. Hier hilft man sich, zieht an einem Strang, um voranzukommen. Hier hat man die Zeichen der Zeit erkannt und beim Kieler Planungsbüro Agenda-Regio ein Dorfentwicklungskonzept in Auftrag gegeben, in das zahlreiche Anregungen, Ideen und Wünsche der Bürger mit einflossen und jetzt vorgestellt wurde.
Im Vorfeld hat man dafür über den Tellerrand geschaut und Orte (mit vergleichbarer Einwohnerzahl) mit guten Beispielen als Vorbilder genommen. Man muss das Rad ja schließlich nicht neu erfinden. Herausgekommen ist ein 130seitiges Dossier mit umsetzbaren Schlüsselprojekten wie der Aufwertung des Dorfgemeinschaftshauses, den Neubau einer Feuerwache, einer Radwegeverbindung nach Sülfeld, der Verbesserung der Naherholung und Freizeitmöglichkeiten sowie des Ortserscheinungsbildes. Selbst Verkehr und Mobilität fehlen nicht im Dorf-Wegweiser.
Natürlich sind die Projekte nicht zum Nulltarif zu haben, gehen ins Geld. Doch auch beim Kostenfaktor steht Nienwohld nicht alleine da, kann vielmehr verschiedene Fördertöpfe anzapfen. Somit darf das Dorf nicht nur groß denken, sondern die ein oder andere Maßnahme in den nächsten Jahren sicherlich auch groß umsetzen. Hier hat man verstanden und ein echt gutes Konzept. Somit sieht die Zukunft von Nienwohld vielversprechend aus.

Von Engagierten und ewigen Nörglern
Inken Kautter verlässt Bad Oldesloe. Maßgeblich hat sie seit 2015 am Ausbau der Kulturszene mitgewirkt. Jetzt geht es nach Göttingen. Die Gründe sind vielschichtig. Es geht um Chancen, Kulturszene im Wandel, um neue Wege. Wer beim Abschied der Oldesloer Kulturchefin genau hinhört, merkt, dass sie auch deutliche Nachrichten an die Oldesloer hinterlässt und das nicht nur in Richtung der Politik. Wichtig sei ihr, dass ihre Stelle zeitnah nachbesetzt wird, dass der eingeschlagene Weg mutig weitergegangen wird. Sie spricht über die Probleme, die eine zu enge Verzahnung der doch sehr unterschiedlichen Welten von Kulturschaffenden und Verwaltungsdenken mit sich bringen kann. Auffällig bei ihrem Abschied ist aber auch, wie sehr sie ihr Team in den Mittelpunkt stellt. Ein Team, das bleiben wird und das auch ohne sie Ideen weiter vorantreiben wird. Ein Team, das sie mit ausgesucht und aufgebaut hat.
Auffällig ist auch, wie sehr sie die ehrenamtlichen Vereine und Unterstützer der Kulturszene hervorhebt. Es sei eben nicht nur das Werk des Kulturbüros und schon gar nicht nur ihres, dass das KuB und die Szene dort stehen, wo sie sind. Die Aufgabe sei immer gewesen, Bestehendes zu unterstützen und die Lücken zu füllen. Dabei gebe es aber auch eine sehr große Herausforderung in Bad Oldesloe, nämlich die (zu) große Menge an Menschen, die sich nicht mit der Stadt identifiziert, die sie nur als Schlafort oder Pendelziel sehe, die nicht genau hinschaue und vom heimischen Sofa aus behaupte, dass ja nichts los sei, ohne sich konstruktiv oder überhaupt selbst hier vor Ort einzubringen (siehe Karikatur). Es seien zwei Extreme zu erkennen in der Stadt: Ein harter Kern enorm engagierter Ehrenamtler, die sich stark mit der Stadt identifiziert und etwas bewegen und eben die inaktiven Nörgler.

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