Stormarner Tageblatt 07.02.2022
Thilo Scheuber, Leiter des Fachbereichs Bau, Umwelt und Energie, sieht den Kreis auf einem guten Weg
. Patrick Niemeier
Sie waren laut und sie waren deutlich – vor drei Jahren geriet auch der Kreis Stormarn ins Visier der Klimaschutz-Demonstranten von „Fridays for future“. Doch aus dem „Klima-Notstand“, der ausgerufen werden sollte, wurde nichts. Es fand sich dafür keine politische Mehrheit im Kreistag.
Aber es wurde eine gemeinsame Erklärung unter dem Titel „Wir haben verstanden“ abgegeben, in der unter anderem erklärt wurde, dass man den Klimaschutz sehr ernst nehme. „Der Kreistag Stormarn erkennt die Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe von höchster Priorität an“, heißt es in dem Kreistagsbeschluss vom 21. Juni 2019. Die Protestler finden: „Zu spät und zu wenig.“
Erstes Programm zum Klimaschutz 1996
Doch sowohl einige Fraktionen des Kreistags als auch die Kreisverwaltung verwiesen nach der erneut harschen Kritik darauf, dass der Vorwurf, man habe quasi nichts getan, so nicht stimme. Durchaus bemühe man sich um Klimaschutz und Klimafreundlichkeit und das bereits intensiver seit dem ersten Klimaschutzprogramm von 1996.
Doch wie sieht es aktuell aus? „Wir beginnen gerade mit der Umsetzung der im Dezember beschlossenen Fortschreibung des Klimschutzprogrammes Stormarn“, erklärt Thilo Scheuber, Leiter des Fachbereichs Bau, Umwelt und Verkehr.
Der erste Teil beschreibe den Weg zu einer klimaneutralen Verwaltung. Das bedeutet zum Beispiel, dass alle Gebäude des Kreises bis 2040 klimaneutral bewirtschaftet werden sollen und dass nur noch klimaneutral geplant und gebaut werde.
Green-IT und nachhaltige Anschaffungen
Im gesamten Verwaltungshandeln solle der Klimawandel mitgedacht werden. So soll zum Beispiel im Bereich Beleuchtung oder Wasser-Management ressourcenschonend gearbeitet werden, aber auch wenn es um die Neuanschaffung von elektronischen Geräten oder um das Nutzen von „Green IT“ geht, die energieeffizient arbeitet.
Hinzu kommt der Weg zum papierlosen Büro. Unterlagen sollen digital erfasst und elektronisch archiviert werden. Bei Neuanschaffungen sei generell darauf zu verzichten, FKW-haltige Produkte auszuwählen.
Der zweite Teil des Klimaschutz-Programmes für den Kreis über die Verwaltung hinaus soll unter breiter Beteiligung von Kommunen, Bürgern und Schlüsselakteuren noch weiter ausgearbeitet werden. Die Pandemielage habe die gewünschten Präsenzbeteiligungen zuletzt verhindert, heißt es.
Seit vielen Jahren beteilige sich die Kreisverwaltung aber auch an der Planung des Stadtradelns und tritt selbst in die Pedale. Auch 2022 soll es vom 21. Mai bis zum 10. Juni wieder soweit sein.
„Das Radverkehrskonzept des Kreises wird mit breiter Beteiligung von Kommunen und Bürgern fortgeschrieben. Das Klimaziel des Kreistages von maximal 1,5 Grad soll eingehalten werden können“, erklärt Scheuber.
Mit den Kommunen im Kreis wolle man außerdem gemeinsam ein Konzept zur Anpassung an den Klimawandel erarbeiten. Dazu soll es einen Klimawandel-Manager geben. Entsprechend werde ein Förderantrag gestellt.
Schon jetzt unterstütze man die einzelnen Kommunen aber in Sachen Klimaschutz mit Beratungen zu ortsbezogenen Anfragen, Fördermitteln oder zum Klimaschutz-Netzwerk, das auch gemeinsame Projekte und Bürger-Infos auf den Weg bringe.
„Es wird untersucht, auf welchen Gebäuden noch weitere Photovoltaikanlagen installiert werden können. Wir planen außerdem größere Solaranlagen mit 30 bis 10 Kilowatt-Peak auf den anstehenden Neubauten“, führt Scheuber aus.
In Ahrensburg sei man mit dem Pilotvorhaben Wärme aus Abwasser für die Schulen in der Schlossstadt sogar bundesweit vorne mit dabei. Gemeinsam mit den Stadtwerken wolle man aus dem Abwasser in Ahrensburg für die beiden kreiseigenen Schulen Woldenhorn- und Berufsschule so Wärme erzeugen. Abwasser sei bisher eine noch kaum genutzte Ressource für nachhaltige Wärmegewinnung, erklärt der Kreis.
Während diese Projekt erst noch in der Entstehung seien, habe der Kreis aber auch an anderen Punkten schon erfolgreich agiert. So habe man die Nutzung erneuerbarer Energien priorisiert und versorge mittlerweile 60 Prozent erneuerbare Wärme für die Verwaltungs- und Schulgebäude sowie für das Kreisfeuerwehrzentrum.
Auf kreiseigenen Gebäuden wurden außerdem bereits elf Photovoltaik-Anlagen installiert, die 177 Kilowatt-Peak leisten. Somit könne man 15 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Die Anlagen auf den Beruflichen Schulzentren seien nicht nur die größten, sie würden zugleich auch noch als Datenquellen für den Unterricht genutzt.
Freudig feststellen konnte der Kreis außerdem, dass die Kommunen in Stormarn überdurchschnittlich viel Förderung aus Klimaschutz-Programmen nutzen. 2022 kämen außerdem in Großhansdorf und Bad Oldesloe neue Klimaschutz-Manager hinzu, die dort jeweils politisch positiv gesehen würden. Andere Kommunen seien dabei ihre Klimaschutzkonzepte mit anspruchsvolleren Zielen fortzuschreiben, berichtet Scheuber.
Mit unterschiedlichsten Projekten werde Klimaschutz und Klimabewusstsein auch in Kitas, Schulen und Weiterbildungsprogrammen gefördert.
Stormarn Mitbegründer des Klimanetzwerks
„Bei der Unterstützung der Kommunen im Klimaschutz ist der Kreis Stormarn führend, hat auch zusammen mit Bargteheide und Nordfriesland 2013 das Klimaschutz-Netzwerk SH gegründet für den Austausch der Kommunen im Land“, sagt Scheuber.
Ziel der Unterstützung sei es auch, mit der Förderung möglichst viel Fachpersonal vor Ort zu installieren. „Bei der Nutzung erneuerbarer Energien für eigene Gebäude hat der Kreis bei erneuerbarer Wärme eine Spitzenposition“, so Scheuber weiter.
Mit Bezug auf eine Anpassung an die Herausforderungen des Klimawandels setze der Kreis auf Vorbildfunktion und kohärente Planung. „Anssungskonzepte hat bisher nur ein weiterer Kreis, weitere Kreise sind aber auf dem Weg“, sagt Scheuber.