Verwaltung kritisiert IT-Verbund

Stormarner Tageblatt  08.02.2022

Bad Oldesloe: Vorgaben in Sachen Sicherheit und Datenschutz umgesetzt – aber Endgeräte nicht nutzbar

Patrick Niemeier

Keine Mails auf dem Diensthandy, Teilnahme an Online-Konferenzen nicht möglich und eine Präsentation kann auf dem Dienst-Tab nicht geladen werde. Die Liste der Probleme der Bad Oldesloer Stadtverwaltung mit ihrer IT ist lang, die Unzufriedenheit entsprechend groß – massiver Frust inklusive.

„Ich muss ganz ehrlich sagen, es funktioniert sehr vieles im Alltag nicht und das geht sehr auf die Motivation der Mitarbeiter in der Verwaltung“, wiederholt Bürgermeister Jörg Lembke eine Aussage, die er seit Jahren immer wieder tätigt. Mit dem IT-Verbund als gemeinsamen Dienstleister mit der Kreisverwaltung Bargteheide, Reinbek und Reinfeld sowie die Ämter Bad Oldesloe-Land und Bargteheide-Land sei man „absolut nicht zufrieden“. Da diese Probleme nun schon lange anhalten stellte sich Christian Nowitziki, neuer technischer Vorstand des IT-Verbunds, den Lokalpolitikern im Hauptausschuss. Er präsentierte auch ausführlich die aktuelle technische Entwicklung des ITV und dabei wurde schnell eine grundlegende Problematik klar: die Fachleute der IT und die Nutzer in den Büros sprechen nicht dieselbe Sprache und meinen mit „Problemen“ auch verschiedene Dimensionen.
Denn wenn man Nowitzki so zuhörte, konnte man auf den Gedanken kommen, dass doch eigentlich alles sehr gut sein müsste. Viele Probleme, die das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz bemängelt hatte, seien bereits abgearbeitet. Von 13 „Findings“ – wie Notwitzki sie nennt – seien 12 bereits gelöst. Doch machen sich erhöhte Sicherheit und Datenschutz tatsächlich beim Nutzer im Alltag positiv bemerkbar? Eher im Gegenteil.

Heike Feig, neue Hauptamtsleiterin der Stadt, führte aus, dass ihr Diensthandy quasi nicht nutzbar sei, weil sie weder ihre Kontakte synchronisieren könne, noch das Mail-Programm Outlook darauf nutzen oder auch nur ihre Dienstmails abrufen. Kurzum: die Sicherheitsstandards sind so hoch, dass die Geräte teilweise unpraktisch sind.
„Ich bin erschüttert, was ich hier höre und es tut mir leid, dass die Verwaltungsmitarbeiter unter solchen Bedingungen arbeiten. Bei allem Respekt vor Herrn Nowitzki bin ich mit den Ausführungen des ITV voller technischer Fachbegriffe komplett unzufrieden“, sagte Gerold Rahmann (Bündnis90/Die Grünen). „Ich habe mir die Beschwerden und Tickets aus Bad Oldesloe angeschaut. Da gibt es keine Auffälligkeiten. Das ist eher ein subjektives Empfinden auf Anwenderseite. Das sind eher Bauchgefühle, dass etwas nicht richtig funktioniert. Auch das Problem von Frau Feig hatten wir eigentlich schon gelöst“, erwiderte Nowitzki.
„Es kann nicht sein, dass Sie sich hier hinsetzen und erklären, dass bei ihnen alles toll ist, aber die Nutzer anscheinend dann zu doof“, polterte daher ein aufgebrachter Rahmann. Auch Tom Winter von der Stadtfraktion betonte zwar, dass er Verständnis für den erst seit Januar in seiner Funktion arbeitenden Nowitzki habe, aber dass die Geduld der Lokalpolitiker bereits am Ende sei.
Auf Tageblatt-Nachfrage berichtet Bürgermeister Jörg Lembke konkret, was unter anderem bei ihm in der vergangenen Woche nicht funktionierte. „Es wurden plötzlich alle Safari-Browser von unseren iPads entfernt. Die benötigten wir aber, um eine App für Videokonferenzen nutzen zu können. Das ging nicht, also mussten wir private Tablets nutzen“, sagt der Verwaltungschef. Auch die Software-Beschaffung sei „eine unendliche Geschichte“. Über ein Jahr habe es gedauert, bis der ITV es geschafft habe, dass Telefone zu den Mitarbeitern im Corona-Homeoffice umgeleitet werden konnten. „Das sind die alltäglichen Probleme, die wir meinen“, sagt der Verwaltungschef.
Nowitziki betont dazu, dass die Träger gemeinsam bestimmte Sicherheitsregeln und Wünsche festlegen. „Wir setzen das dann nur um.“ Einige der Probleme entstünden durch die hohen Sicherheits- und Datenschutzregeln. „Da müssen Sie sich als Träger dann gemeinsam einigen, was gewollt ist“, sagt der ITV-Chef. Beschwerden über bestehenden Sicherheitsregeln oder Datenschutznotwendigkeiten seien bei ihm an der falschen Adresse.

Ein großer Vorwurf aus Verwaltung und Politik war auch, dass aus den Abrechnungen nicht klar ersichtlich sei, wofür konkret welche Kosten in Millionenhöhe entstehen, für die die Stadt Bad Oldesloe zahlt. Dazu habe man Antworten vom ITV erbeten und werde nun wieder enttäuscht, sagte Matthias Rohde (FBO).
Auch Winter bemängelte „jede Menge Intransparenz“. Man benötige eine klare Kosten-Nutzen Rechnung, um dann schauen zu können, ob der ITV überhaupt der richtige Dienstleister für die Stadt Bad Oldesloe sei. Wichtig sei, dass die Technik nutzbar sei, nicht wie toll die technischen Möglichkeiten sind.

Nowitziki erklärte, dass es ein grundsätzliches Problem gebe. Die Ämter, Städte und der Kreis, die gemeinsam den ITV gründeten, hätten so unterschiedliche, individuelle Anforderungen, dass ein Teil der Erwartungen nicht eintreten könne. Denn wenn so viele unterschiedliche Programme und Arbeitsweisen genutzt würden, sei der Synergieeffekt natürlich deutlich geringer. Wenn zusätzliche Städte, Kommunen und Kreise hinzukämen, könnte das einen positiven Effekt haben. „Ich finde die Ausführungen interessant, weil wir eben auch mal die Seite des ITV deutlicher hören“, sagte Torben Klöhn (SPD). Ansonsten habe man ja hauptsächlich von den Problemen der Verwaltung etwas erfahren.
Hendrik Holtz ( Die Linke) regte an, dass eine Art Arbeitskreis „Digitales“ unter den Politikern gegründet werde, die sich für die Thematik interessieren. So könne dieser Knoten vielleicht endlich durchschlagen werden. Diese Vorschlag wurde von den übrigen Fraktionen durchaus wohlwollend aufgenommen.
Insgesamt wurde klar, dass es zwischen dem ITV und den Nutzern eigentlich eine Kommunikationsstelle bräuchte, die beide Seiten besser versteht. „Die Kommunikation ist tatsächlich dabei ein sehr wichtiges Thema“, bestätigt Verwaltungschef Lembke diesen Eindruck.

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