So ist die Corona-Lage in Stormarn

Stormarner Tageblatt  10.02.2022

Kompetenzteam gibt Update: Seit den Weihnachts-Partys ist Infektionsgeschehen aus dem Ruder gelaufen

Patrick Niemeier

Wochenlang stapelten sich Meldungen zu Corona-Neuinfektionen auf den Schreibtischen des Stormarner Gesundheitsamtes beim Corona-Kompetenzteam. Seit an den Weihnachtsfeiertagen mit der Omikron-Variante Infizierte auf Partys im „Fun-Parc“ Trittau und in der Disco „A 1“ in Lübeck unterwegs waren, war das Infektionsgeschehen in Stormarn außer Kontrolle geraten.
„Es ist klar, dass es ohne diese Disco-Partys besser gelaufen wäre“, erklärt Landrat Henning Görtz. Ohne diese Veranstaltungen wäre die Pandemie-Welle besser verlaufen. Doch das sei bekannt und selbst die Landesregierung in Kiel habe eingeräumt, dass es ein Fehler gewesen sei, solche Feiern Ende des Jahres noch zu ermöglichen. Die Einschätzung 2 G plus müsste auch bei Omikron ausreichen, entpuppte sich als fatale Fehleinschätzung. Das habe sich ja auch in anderen Kreisen gezeigt, sagt der Verwaltungschef. „Da hat man uns Superspreader-Events beschert.“
Das Ergebnis waren in Stormarn tausende Corona-Infektionen und Covid-19-Erkrankungen. Daraus resultierte entsprechend viel Arbeit für die Mitarbeiter im Gesundheitsamt. Auf insgesamt 75 Personen ist das Corona-Team des Kreises aufgestockt worden – und kam trotzdem nicht hinterher. „Es sind 30 feste Kollegen aus dem Gesundheitsamt, 35 Mitarbeiter aus anderen Abteilungen, die dort unterstützen und zehn Soldaten, die helfen“, sagt Henning Görtz.
Da es seit den besagten Weihnachtspartys so viele positive Corona-Fälle wie noch nie in der Pandemie im Kreis gab, dauerte die Abarbeitung aller gemeldeten Neuinfektionen tatsächlich bis zum 8. Februar. „Jetzt können wir wieder tagesaktuelle Zahlen herausgeben. Wir haben den Berg abgearbeitet. Ich bedanke mich bei allen Mitarbeitern im Gesundheitsamt, aber auch allgemein bei allen in der Kreisverwaltung, die das ermöglicht haben“, sagt Görtz.
Mit der neuen Landesverordnung habe sich die Strategie der Kontaktnachverfolgung geändert. Auch das erleichtere die Arbeit, wie Rebecca Klöhn, Leiterin des Corona-Kompetenzteams erklärt. Die Eigenverantwortung der Bürger sei nun noch mehr gefragt als zuvor. Es werde nicht mehr jeder Infizierte oder bekannte Kontakt eines Infizierten angerufen.
„Die positiv Getesteten und die Mitglieder der Haushalte müssen sich selbstständig in Quarantäne begeben“, erklärt Klöhn. Man verlasse sich auf das verantwortungsbewusste Handeln der Stormarner. Es erfolge kein automatischer Anruf mehr.
Doch natürlich stehe man über das Bürger-Telefon und über die Infos auf der Homepage weiterhin zur Verfügung, wenn es zu Nachfragen komme. „Wir laufen dem Virus hinterher. Bevor wir die Kontakte informiert haben, ist die Infektion im Zweifel sowieso schon geschehen“, erklärt Klöhn angesichts der Masse an Neuinfektionen im Kreis.
Auch Görtz betont, dass man den Gedanken aufgeben müsse, dass man jede Infektion verhindern könne. „Wir können nicht mehr genau verfolgen, wo genau welche Infektion stattgefunden hat. Das ist bei Inzidenzen über 1000 illusorisch“, sagt der Landrat. Das Infektionsgeschehen sei gewissermaßen außer Kontrolle.
Es sei nun wichtig, dass besonders vulnerable Personengruppen bestmöglich geschützt werden. Das seien Risikopatienten, aber vor allem auch Einrichtungen wie Senioren- und Pflegeheime und Kliniken. „Aktuell haben wir ungefähr 1100 Anrufe rund um Corona jede Woche, die wir bearbeiten. Wir werden das Team an den Telefonen verstärken“, sagt die Leiterin des „Fachdienstes Gesundheit“ beim Kreis, Christiane Clobes. Auf keinen Fall lege man nun die Hände in den Schoß, weil man bei den Kontakten entlastet worden sei. „Es gibt genug zu tun“, betont Clobes.
Görtz zeigt sich erleichtert, dass trotz der hohen Infektionszahlen das Gesundheitssystem in Stormarn der Omikron-Welle standgehalten hat. „Das bedeutet aber nicht, dass die seit zwei Jahren anhaltende Situation nicht eine hohe Belastung vor allem auch für das Personal in den Kliniken ist“, sagt der Verwaltungschef.
Es sei wichtig für die Wirtschaft, dass es jetzt erste Lockerungen gebe. Gerade der Einzelhandel habe unter 2G gelitten. Es sei aber auf keinen Fall die Zeit jetzt unvorsichtig zu werden. „Ich finde es richtig und wichtig, dass die Maskenpflicht und die übrigen Maßnahmen bestehen bleiben und auch befolgt werden“, sagt Görtz.
Es dürfe auch nicht missverstanden werden, dass man zugeben müsse, dass man nicht mehr jede Infektion im Kreis aufhalten könne. Das sei keine Entwarnung oder Kapitulation. Das Virus sei weiterhin gefährlich, auch wenn es in Relation bei Omikron wohl mehr milde Verläufe gerade bei Geimpften gebe.
Infektionen sollten so gut es geht vermieden werden. „Sich zu sagen, dass man sich das halt mit vielleicht Mitte 30 dann jetzt einfach mal holt und nur ein wenig Schnupfen bekommt, kann eine gefährliche Fehleinschätzung sein. Es kann auch immer noch schwere Verläufe geben. Wir müssen vorsichtig bleiben“, betont der Landrat.
Aktuell sei es so, dass sich der Großteil des Infektionsgeschehens nicht in Unternehmen, Kitas oder Schulen abspiele. sondern bei Treffen im privaten Umfeld, berichtet Klöhn. Das Augenmerk müsse daher auch bei den Maßnahmen auf privaten Begegnungen liegen. Daher sei auch die aktualisierte Absonderungsregel richtig.
Görtz wirbt derweil weiterhin mit Nachdruck für das Impfen. „Konkrete Zahlen nur für Stormarn haben wir in Sachen Impfquote nicht vorliegen. Aber landesweit sind es rund 80 Prozent Geimpfte. Da ist also noch Luft nach oben. Gehen Sie sich impfen lassen, wenn Sie das noch nicht getan haben! Das ist der richtige Weg“, appellierte der Landrat erneut.
Jeden Samstag könne man sich in den drei Impfstellen in Stormarn auch ohne Termin impfen lassen. Darüber hinaus gebe es weitere offene Impfangebote und natürlich Impfungen bei Hausärzten und neuerdings auch in einigen Apotheken.
Und auch, wenn eine neue Corona-Variante am Horizont erscheinen sollte, sieht sich die Verwaltung übrigens mittlerweile dank der wachsenden Erfahrungen besser vorbereitet und aufgestellt. „Ich kann sagen, dass wir darauf besser reagieren könnten, als es im Vorjahr der Fall war“, betont Klöhn.

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