Stormarner Tageblatt 15.02.2022
Hochhäuser in Bad Oldesloe: LEG will Situation verbessern
Finn Fischer
Dass der Zustand vieler Wohnungen in den Hochhäusern im Bad Oldesloer Hölk schlimm ist, daran besteht kein Zweifel. Die jahrelange Vernachlässigung durch die bisherigen Besitzer haben Rohrbrüche, feuchte Wände, Pfützen im Keller und Brandschutzmängel hinterlassen. Zum Teil sind die Wohnbedingungen unmenschlich.
Lokalpolitiker machten sich mit Helfern vom Quartiersbüro „Plan B“ einen Überblick und trafen Mieter. Gleichzeitig haben die neuen Besitzer der Hochhäuser, die LEG Immobilien, erklärt, dass die Probleme bekannt seien und man sich schon längst an die Arbeit mache. Das dürfte Hoffnung für die Zukunft machen. Doch kommen wir zunächst zur Gegenwart und zum Ist-Zustand. Dem ehrenamtlichen Helfer Lennard Hamelberg (19) geht ein beispielhaftes Mieter-Schicksal besonders nahe, wie er berichtet.
Toilette funktioniert seit Monaten nicht mehr
„Da ist eine Frau, deren Toilette seit vier Monaten nicht funktioniert“, erzählt er. Nur ein Mal sei ein Klempner da gewesen, um das Rohr freizumachen. Doch damit war das Problem offenbar nicht behoben. „Danach kam niemand mehr“, so Hamelberg, der auch bei der Ortsbegehung wieder nach nach der älteren Frau sah.
Als sich die Tür der Wohnung im dritten Stock öffnet, wird der Hausflur sofort von einem bestialischen Gestank erfüllt. Es riecht nach Kloake. Seit Monaten muss die Frau in diesem Mief leben und das braune Wasser aus der Toilette mit einer Suppenkelle in einen Eimer abschöpfen. „Das ist ein Zustand, der so nicht hinnehmbar ist“, sagt Hamelberg betroffen.
Es ist ein extremes Beispiel für das, was den Bewohnern der Hochhäuser am Hölk und Poggenbreeden zugemutet wird. Nicht in allen Wohnungen ist es so dramatisch. Doch in den wenigsten lässt sich wirklich angenehm wohnen. Dabei war es nicht immer so.
Monika Ilijazem lebt seit 20 Jahren in Hölk 2. Sie schwärmt von alten Zeiten: „Früher war das eine richtig gute Adresse, die feinste Gesellschaft hat hier gewohnt. Aber das ist schon lange vorbei. Jetzt ist hier alles furchtbar.“ So gut wie jedes Apartment habe wohl ein Schimmelproblem, vermute sie.
Gerade habe sie kein warmes Wasser. Sie fühlt sich abgezockt. Von der Adler, dem vorigen Eigentümer der Oldesloer „Twin Towers“. Unter der LEG habe sich jetzt bisher wenig geändert, sei ihr Eindruck.
Auch Gabriele Schulz lebt schon seit Ewigkeiten im Hölk 2, fünf Stockwerke unter Monika Ilijazem. Seit dem Wochenende hat auch sie kein heißes Wasser mehr. Immerhin geht die Heizung noch. Einen Winter lang musste sie auch schon mal ohne verbringen. Das käme halt vor.
Die WG von Selemun Birhane und Tekie Keste ist seit ihrem Einzug vor einem Jahr renovierungsbedürftig. „Die Klingel geht nicht. Das ist natürlich ärgerlich, da wir im neunten Stock wohnen und nie unsere Pakete bekommen“, sagt Birhane. Während andere Mieter über kaputte Heizungen klagen, haben sie ein anderes Problem: Aus einem unerfindlichen Grund ist es in der Wohnung brütend heiß. Davon abgesehen gibt es keinen einzigen Rauchmelder.
Fehlende und defekte Rauchmelder
Auch andere Mieter berichten von fehlenden oder defekten Rauchmeldern. Die Rettungspläne sind laut Siegel seit August 2021 abgelaufen. Im Keller steht das Wasser und die Wände in der Nische, in der sich das Feueralarmsystem befindet, sind feucht. Die Anlage zeigt eine Störung an. Bei einem Feuer am Wochenende mussten die Mieter selbst die Feuerwehr rufen. „Große Teile des Mauerwerks sind feucht und stellen unserer Einschätzung nach bei den maroden Leitungen eine Gefahr dar“, so Quartiersmanagerin Maria Herrmann. Bereits in einem dem Quartiersbüro bekannten Fall gab es aufgrund von Wasserschaden einen Kurzschluss und Geräte der Mieter waren anschließend defekt. Verletzt wurde niemand. Die Familie, die auch kleine Kinder hat, kam mit dem Schrecken davon. Maria Herrmann: „Wir bitten Bauaufsicht und Brandschutz hier nicht weiter wegzuschauen und sich dafür einzusetzen, dass Schlimmeres verhindert wird.“
Die LEG betont, dass die Mängel durchaus bekannt seien, man aber auch erst seit Januar im Besitz der Immobilie sei. „Wir suchen im Sinne unserer Mieterinnen und Mieter verantwortungsvoll nach Wegen, den technischen Zustand der Gebäude zu verbessern“, sagt Dr. Volker Wiegel, operativer Vorstand der LEG.
Natürlich benötigt das alles Zeit. Die Zusammenarbeit mit dem Quartiersmanagement habe sich leider nach ersten Gesprächen aber bisher nicht gut entwickelt. Auch weil Informationen aus Gesprächen nur in Teilen durch das Quartiersmanagement nach außen getragen worden und Mieter so aus Sicht der LEG unnötig verunsichert seien. Eine sinnstiftende Zusammenarbeit sei daher nicht erkennbar gewesen. Die Darstellung, dass die LEG die Immobilien sowieso nur wieder verkaufen wolle und daher nichts mache, sei absolut falsch.
Für Bad Oldesloe sei die Stiftung der LEG analog zu anderen Standorten schon mit potenziellen Partnern in Gesprächen, um eigene sozialarbeiterische Unterstützung auf die Beine zu stellen. Natürlich sei man da offen für ehrenamtliche Unterstützung, wie sie auch in anderen Quartieren erfolgreich praktiziert werde. Vorstand und Mitarbeiter der LEG bekräftigen, dass die weitere Entwicklung des Quartiers und seiner Menschen ihnen am Herzen liege, aber eben auch kein Selbstläufer sei. „Wir setzen aber alles daran, sowohl individuelle Mängel als auch den grundsätzlichen Reparaturstau schnellstmöglich anzugehen und im Dialog mit der Stadt verantwortungsvoll über die langfristige Weiterentwicklung des Quartiers zu entscheiden“, sagt eine Unternehmenssprecherin. Noch im Februar soll es mit Mieterberatungen durch die LEG losgehen. „Ab Mitte Februar sind wir unter Berücksichtigung der Corona-Bestimmungen zu den Sprechzeiten auch direkt vor Ort im Mieterbüro erreichbar“, sagt Christa Mencel, Niederlassungsleiterin der LEG.