Stormarner Tageblatt 26.03.2022
Dünne Linien zwischen Politik und Show
Guido Behsen und Patrick Niemeier
Bad Oldesloe sucht den Superbürgermeister
Irgendwas macht Radiomoderator Carsten Kock richtig. Denn obwohl es Kritik an der Art seine Bürgermeisterkandidaten-Präsentation 2016 in Bad Oldesloe gab, weil er lokal nur halbwegs informiert schien und die Moderation am ersten von damals zwei Abenden zwischen flapsig und seicht wechselte, hat die Gemeindewahlleiterin, die damals noch nicht dabei war, ihn wieder engagiert. Weil sie „nur Gutes“ gehört hatte. Tatsächlich ist die Frage, weshalb man nicht lieber auf einen ehemaligen Bürgermeister aus einer einer anderen Stadt zurückgreift oder jemanden mit mehr kommunalpolitischer Kompetenz. Oder warum dann nicht gleich Stefan Raab und„Schlag den Bürgermeister“? Wenn schon, denn schon. Tatsächlich wäre es vielleicht einfach für die Atmosphäre besser gewesen, man hätte mit beiden Kandidaten ein Konzept besprochen, in dem sie sich wohlfühlen. Die Frage die im Raum steht ist, ob es um Information für die Bürger geht oder um Infotainment? 2016 war der Andrang nicht aufgrund von Kock und dem Format so groß, sondern trotz des Formats. Damals trat mit Tassilo von Bary ein Bürgermeister nicht wieder an und die Bürger wollten die vier Kandidaten kennenlernen. Sei es Kock gegönnt, dass im Rückblick der unbestritten große Andrang ihm zugeschrieben wird.
Wahlkampf II
Das können anstrengende Wochen in Bad Oldesloe werden bis zum 8. Mai. Denn nach der durchaus berechtigt erscheinenden Kritik an den Zuständen in einer Flüchtlingsunterkunft in Bad Oldesloe, sieht darin ein Teil der Lokalpolitik ein Wahlkampfmanöver, dass die Verwaltung unter dem aktuellen Bürgermeister schlecht aussehen lassen soll. Die Emotionen kochten hoch. Der Vorwurf: Wahlkampf auf dem Rücken der Geflüchteten. Tatsächlich muss man sich die Frage stellen, ob in der aktuellen Lage die Zeit für gegenseitige Vorhaltungen ist, dass angeblich Wahlkampf betrieben werde.
Wahlkampf III
Er habe den Eindruck, dass es „etwas unfair“ zugehe, sagt ein Amtskollege, dessen Name hier nichts zur Sache tut, zu den aktuellen Vorgängen um Bargteheides Bürgermeisterin. Für Stadtvertreter Holger Schroeder dürfte das die Untertreibung des Jahres sein. Er nannte den Beschluss, im Zusammenhang mit dem illegalen Kahlschlag am Bornberg 2020 Regressforderungen gegen Birte Kruse-Gobrecht anwältlich prüfen zu lassen, ein „menschenunwürdiges Verhalten“. Aus Scham trat er sogar aus der Wählergemeinschaft WfB aus. Fakt ist: Am 8. Mai wird in Bargteheide gewählt. Fakt ist auch: Den für die Amtsinhaberin womöglich folgenschweren Beschluss erwirkten jene Fraktionen, die Kruse-Gobrechts Konkurrentin Gabriele Hettwer unterstützen. Fakt ist außerdem: Politik ist bisweilen ein, nun ja, etwas unfaires Geschäft, egal ob in Berlin oder in Bargteheide.