Stormarner Tageblatt 07.06.2022
„Lost Place“ in Bad Oldesloe: Villa im Rethwischfeld droht der Abriss
Patrick Niemeier
Eigentlich hatten die Bad Oldesloer Stadtverordneten beschlossen, die seit vielen Jahren leerstehende Gutshaus-Villa im Ortsteil Rethwischfeld zu erhalten. Doch jetzt könnte doch der Abriss ermöglicht werden.
Geheimnisvoll, fast verwunschen lag sie zugewuchert auf einem großen Grundstück mitten im Bad Oldesloer Ortsteil Retwischfeld – die als „Lost place“ bekannte Villa aus dem Jahr 1780. Zuletzt wurde sie 1925 im größeren Stil umgebaut. Nach einigen Besitzerwechseln steht das Gebäude nun leer und verfällt zusehends.
Die historische Immobilie, das große Grundstück mit vielen alten Bäumen und auch die Art, wie der Gutshof den Ortsteilkern prägt, erschien vielen Rethwischfeldern und Lokalpolitikern allerdings so wichtig, dass der Wirtschafts- und Planungsausschuss (WPA) erst im Sommer 2020 mehrheitlich beschlossen hatte, dass Abrissplänen ein dicker Riegel vorgeschoben wird. Das damals unter Denkmalschutz stehende Gebäude sowie das große Grundstück wurden Teil einer Erhaltungssatzung.
Doch im Februar 2022 verzichtete die Stadt nach Rücksprache mit der Politik darauf, die Chance wahrzunehmen, das Gebäude und das Grundstück selbst zu erwerben. Und somit ging es an einen anderen Eigentümer, der die Immobilie erwarb und seine eigenen Pläne damit hat. Gleichzeitig, so bestätigt es die Stadtverwaltung auf Nachfrage, ist der Denkmalschutz für das Gebäude aufgehoben worden. Denn eine Sanierung sei mittlerweile wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten.
Damit hat sich die Befürchtung aus Teilen der Lokalpolitik bewahrheitet. Es bestand der Verdacht, dass der stetige Verfall durch mangelnde Pflege und Sanierung vor allem dem Zweck der Aufhebung des Denkmalschutzes dienen sollte.
Im Februar verzichtete die Stadt aber nicht nur auf ein Vorkaufsrecht, sondern traf sich auch mit dem neuen Eigentümer. Damals, so berichtet es Jens Wieck von der CDU-Fraktion, habe man sich einstimmig für dessen Pläne ausgesprochen.
Neuer Bau soll an alten Gutshof erinnernDie präsentierte nun Björn Münchow im Namen des Eigentümers, Dr. Karl Ralf Hasso Freiherr von Hahn, im WPA. Geplant sei der Abriss der alten Gutshof-Villa. Stattdessen soll ein Hof mit drei Seitenbauten entstehen. In diesen drei Bauten sind 24 Wohnungen geplant. Die Fassade des aktuellen Gutshauses soll optisch in Teilen des Neubaus als Reminiszenz nachgebildet werden.
Für den Entwurf habe man sich unter anderem entschieden, weil er die bestmögliche Lösung für das zukünftige Ortsbild sei. Gleichzeitig werde Wohnraum im Einklang mit dem bestehenden dörflichen Umfeld geschaffen. „Die Rethwischfelder werden sich mit diesem Entwurf identifizieren können“, heißt es von Seiten des Planers.
Damit die Planungen nun voranschreiten können, muss aber laut Stadtverwaltung die Erhaltungssatzung aufgehoben werden. Gleichzeitig könnte dann ein städtebaulicher Vertrag zwischen dem Eigentümer und der Stadt geschlossen werden. Während bei der ersten Präsentation durch den Planer noch einstimmige Zustimmung unter den Fraktionen vorhanden gewesen sein soll, schoss die FBO dieses Mal gegen die Pläne. Während Dirk Sommer nur zu bedenken gab, dass auf den alten Baumbestand Rücksicht genommen werden soll, versteht sein Fraktions- und Parteilkollege Matthias Rohde nicht, warum man erst eine Erhaltungssatzung beschließe, nur um diese nicht mal zwei Jahre später einfach zu kippen, nur weil ein neuer Besitzer und Investor vor der Tür stehe.
CDU wirft FBO Investorenfeindlichkeit vor„Ich kann es nicht mehr verstehen, wie die FBO sich verhält. Wie kann man so investorenfeindlich sein? Wenn ich Investor wäre, würde ich bald um Bad Oldesloe einen Bogen machen, bei diesem Theater“, sagt ein erboster CDU-Ortsvorsitzender Jens Wieck. „Bei dem ersten Treffen hätten viele Fragen und Bedenken geäußert werden können, aber da gab es nur Zustimmung und jetzt wieder das.“
Die Mehrheit der Lokalpolitiker sei froh, dass eine so gute Lösung für das Gelände gefunden werde, so Wieck. Das bestätigte sich auch bei der Abstimmung.
Die SPD gab zu Bedenken, dass der entstehende Wohnraum auch bezahlbare Wohnungen bieten müsse. Details und endgültige Entscheidungen werden allerdings erst bei den nächsten Stufen der Bauplanungen diskutiert.