Klima: Stormarn droht Extremwetter

Stormarner Tageblatt  08.06.2022

Climate Service Center Germany (Gerics) simuliert Folgen einer Klimakatastrophe für Landkreise

Bei einem Vortrag in Reinbek erklärte die Klimawissenschaftlerin Dr. Svantje Preuschmann die Auswirkungen des Klimawandels für Stormarn.  Finn Fischer
Bei einem Vortrag in Reinbek erklärte die Klimawissenschaftlerin Dr. Svantje Preuschmann die Auswirkungen des Klimawandels für Stormarn. Finn Fischer

Finn Fischer

Die Klimazahlen für Stormarn stammen aus den Auswertungen von Dr. Svantje Preuschmann vom Climate Service Center Germany (Gerics). Die promovierte Mathematikerin und Geografin versteht sich als „die Person, die die komplizierten Klimamodelle für Politik und Gesellschaft greifbarer macht.“
Es wird auch für Stormarn damit gerechnet, dass die Zahl der Hitzetage zunehmen wird. Die Auswirkungen soll ein Klimaanpassungsmanagement abmildern.
So ging es bei einem Vortrag in der Stadtbücherei in Reinbek etwa um die Frage, welche Auswirkungen eine Erwärmung von 1,9 Grad Celsius auf die Lebensrealität der Menschen in Stormarn hätte. Diesen Anstieg modelliert das Gerics für den Fall, dass die Menschheit in den nächsten Jahren nicht nennenswert etwas am derzeitigen CO2 -Ausstoß ändert. „Frustriert“ sei sie, weil schon seit Jahrzehnten vor den Folgen des Klimawandels gewarnt wird und die Politik nicht handelt. Weil noch immer wirtschaftliche und politische Interessen vor denen der Umwelt stehen. Dabei ist der aktuelle Bericht des Weltklimarats mehr als deutlich: Wenn der weltweite CO2 -Ausstoß nicht radikal reduziert wird, hat das für die Menschheit äußerst bedrohliche Auswirklungen.
Für den Kreis Stormarn bedeutet der durchschnittliche Temperaturanstieg um knapp zwei Grad bis Mitte des Jahrhunderts wesentlich weniger Frosttage, mehr Extremwetterereignisse, Starkregen, Dürren und tropische Nächte. Letzteres hört sich angenehm an, ist es aber nicht. „Ab 23 Grad in der Nacht kommt es bei vielen Menschen zu Schlafstörungen und das hat auf Dauer Auswirkungen auf die Gesundheit und auf die Produktivität“, so Dr. Svantje Preuschmann. Das könne zu mehr Arbeitsunfällen führen.
Das ist wohl noch eine der harmloseren Auswirkungen. Lange Hitzeperioden im Sommer wie zuletzt 2018 lassen die Todeszahlen steigen. 2018 gab es laut Ärztezeitung in Deutschland etwa 20000 Todesfälle, die mit Hitze im Zusammenhang standen. Zum Vergleich: Im Straßenverkehr starben im selben Jahr 3275 Menschen. Auch für einen in Stormarn bedeutenden Wirtschaftsfaktor wird der Klimawandel dramatische Folgen haben: die Landwirtschaft. Das bereits bestehende Problem extremer Wetterbedingungen droht sich extrem zu verschärfen.
Entweder ist es über lange Zeiträume zu feucht. Dadurch können Äcker im schlimmsten Fall nicht bestellt werden, weil sie von schweren Maschinen nicht befahrbar sind. Das andere Extrem sind immer häufiger auftretende Dürreperioden. Kulturpflanzen vertrocknen oder müssen aufwendig bewässert werden. Die Zahl der Frosttage würde sich über das Jahr gerechnet von derzeit 70 auf 33 verringern. Das würde nicht nur in der Landwirtschaft die Zeiträume der Aussaat verkürzen und verschieben. Ganze Ökosysteme könnten aus dem Gleichgewicht geraten.
Sich abwechselnde Regen- und Dürreperioden bergen noch ein anderes Problem: Ein ausgetrockneter Boden kann Wasser wesentlich schlechter aufnehmen. „Wenn es nach Wochen wieder regnet, versickert das Wasser nicht“, erklärt Dr. Svantje Preuschmann. Dadurch wiederum steigt die Gefahr von Überschwemmungen.
Wie 2018 in Oststeinbek und Havighorst. 137 Liter Regen pro Quadratmeter sorgten am 10. Mai für eine regelrechte Flut. Die Schäden gingen in die Millionen. Derartige Ereignisse werden künftig keine Ausnahmen mehr sein. Dr. Svantje Preuschmann: „Bei extremen Fluten oder Hochwasser wird häufig von einem Jahrhundert-Ereignis gesprochen. Doch diese Bezeichnung ist eigentlich schon jetzt nicht mehr zutreffend.“

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