Stormarner Wochenschau: Fahren Sie weiter – es gibt nichts zu sehen

Stormarner Tageblatt  15.10.2022

Fahren Sie weiter – es gibt nichts zu sehen

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

von Patrick Niemeier, Joshua Hirschfeld und Finn Fischer

Der Blick hinter die Kulissen
„Aufgrund des Alters der technischen Anlagen ist ein Ausfall einzelner Komponenten wahrscheinlich.“ So hieß es kürzlich in einer Beschlussvorlage im Ahrensburger Hauptausschuss zum Badlantic. Was genau das bedeutet, konnte unsere Zeitung in dieser Woche bei einem Besuch vor Ort erleben. Mit offenen Armen wurden wir dort empfangen. Prokurist Kay Peter Thiede zeichnete ein düsteres Bild des Zustands des Bades. Die Kurzform: Sämtliche Technik ist veraltet, schwerfällig, energetisch ineffizient. Für Teile der Technik des 1983 erbauten Gebäudes sind kaum mehr Ersatzteile zu kriegen, andere Teile werden neuen Qualitätsvorschriften kaum mehr standhalten können. Der Betrieb hängt an einer einzigen Pumpe, bei deren Ausfall der Betrieb im Bad erstmal stillstünde. Das gilt auch, wenn ein Rohr platzen würde – eine Befürchtung des Prokuristen. Wenn der Rundgang eines gezeigt hat, dann das: Dass die Politik Geld für das Badlantic in die Hand nimmt, wird allerhöchste Zeit. Ob es nun auf einen Neubau oder vorerst eine Erhaltssanierung hinausläuft, soll ein Gutachten klären. Nach den Schilderungen des Prokuristen dürfte allerdings klar sein: Allzu lange werden Badegäste im Badlantic nicht mehr planschen können.

Die Jugend braucht ein Haus
Seit Jahren steht die alte sogenannte „Villa Wacker“ in Bargteheide leer. Vor einer Woche dann das: Nach einer Demo besetzten Jugendliche das Haus für zwei Tage. Der Aufschrei entsprechend groß. Die Vorwürfe einiger Lokalpolitiker in Richtung der Aktivisten: mangelndes Demokratieverständnis, gewaltsames Eindringen, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch. Über die Vorwürfe lässt sich streiten. Auch ziviler Ungehorsam kann in einer Demokratie eine legitime Protestform sein. Und Hausfriedensbruch, naja. Das mag rein rechtlich zutreffen. Da hier eine leerstehende Villa und nicht etwa das Rathaus gestürmt und besetzt wurde, hält sich der Schaden wohl in Grenzen. Doch die Stadtverwaltung wird sicher keine Schlüssel an eine Gruppe übergeben, die mit weiteren Aktionen droht, sollten Forderungen nicht erfüllt werden. Oder die öffentlich ohne Nennung einer verantwortlichen Person kommuniziert. Ein Gesicht, ein Ansprechpartner ist wichtig. Seitens der Politik sollte trotz allem Verständnis gezeigt werden. Jugendliche werden irgendwann erwachsen und brauchen deswegen schnell Resultate. Dass Ideen, die von Jugendgruppen initiiert werden, in der Umsetzung viel zu lange dauern, ist vielerorts zu beobachten. Das führt zu Frust. Das Projekt Jugendkulturhaus in der Villa nach der Besetzung aus einer Trotzreaktion heraus sterben zu lassen, wäre schade und unangemessen. Die Jugend braucht Räume, in denen sie sich unbehelligt von Stadt und Politik und ohne jedes Mal um Platz und Erlaubnis zu fragen, entfalten kann. Dafür, dass das funktioniert, gibt es Beispiele. Wie etwa das Inihaus in Bad Oldesloe, das schon seit fast 25 Jahren von Jugendlichen autonom geleitet wird. Doch durch Trotz auf der einen und Erpressungsversuche auf der anderen Seite werden sich die Fronten nur verhärten und die Räume in der Villa bleiben ungenutzt.

Diskussionen und Versprechen
Wenn die Oldesloer Lokalpolitik selbstkritisch mit sich ins Gericht geht, dann heißt es oft, dass man schauen wolle, wie Entscheidungen schneller gefällt werden können. Dann stellt man nach der nächsten Wahl fest, dass doch nur wenige Stadtverordnete daraus lernen. Ein Beispiel: Die tatsächlisch schon absurd lange und künstlich aufgeblähte Diskussion rund um Wohnmobilstellplätze. Wohlgemerkt es geht um Stellplätze, nicht um einen Campingplatz. Erst belächelte man diese Ideen generell, als sei Tourismus in Bad Oldesloe eine unwahrscheinliche Sache. Und jetzt – nach dem Erfolg der ersten Plätze am Exer – zieht sich die Diskussion über weitere Stellplätze seit Jahren hin, als ginge es darum ein riesiges Stadion oder ein Millionenprojekt auf den Weg zu bringen. Da kann man den Wohnmobil-Touris nur sagen: Fahren Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen.,,,,äh zu parken.

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