Kinderbetreuung droht der Kollaps

Stormarner Tageblatt  10.11.2022

Diese Missstände prangern die Kita–Leitungen in einem Brandbrief an

Die Kita Stoppelhopser in Bad Oldesloe wirbt an ihrem Gelände um neue Mitarbeiter. Laut Eltern fielen hier zuletzt immer wieder Betreuungszeiten aus.  Finn Fischer
Die Kita Stoppelhopser in Bad Oldesloe wirbt an ihrem Gelände um neue Mitarbeiter. Laut Eltern fielen hier zuletzt immer wieder Betreuungszeiten aus. Finn Fischer

Patrick Niemeier

Das Personal in Bad Oldesloer Kitas gerät zusehends in einen Teufelskreis. Das geht aus dem „Brandbrief Oldesloer Kita-Leitungen“ vor, der der Redaktion des Stormarner Tageblatts vorliegt. In diesem erklären die Mitarbeiter der Verwaltung und der Lokalpolitik, dass sie mit ihren Kräften am Ende sind.
Denn während die umstrittene Kita-Reform einen höheren Personalschlüssel für die Betreuung fordert, sorgt der Fachkräftemangel dafür, dass diese Anforderungen nicht erfüllt werden können. Der Mangel an geeignetem Personal habe sich schließlich auch nicht verringert, sondern verstärke sich sogar.

Betreuungsangebot nicht aufrechtzuerhalten
Es sei zu befürchten, dass der geforderte Stellenschlüssel und das Betreuungsangebot – und das sowohl zahlenmäßig als auch vom Umfang der Leistungen her – in Zukunft nicht mehr aufrechterhalten werden können. „Die Fachkräfte vor Ort gleichen zum Teil durch Mehrarbeit diesen Mangel aus oder arbeiten immer wieder unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Personalschlüssel“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Kita-Leitungen.
„Das bleibt nicht ohne Spuren. Überbelastung führt zu vermehrten Ausfällen, einer Absenkung der Qualität pädagogischer Arbeit und einer Einschränkung der Betreuungszeiten. Der Mangel geht direkt auf Kosten der Fachkräfte, der Kinder und deren Familien“, teilen die Kitas mit. Zum Beispiel würden laut Eltern in der Kita „Stoppelhopser“ am Steinfelder Redder in jüngster Vergangenheit durch Personalmangel immer wieder Betreuungszeiten ausfallen.
Die Stadtverwaltung hatte kürzlich vorgerechnet, dass die Anzahl der Kita-Plätze auch ohne weitere Reduzierungen bereits heute für den Nachwuchs in der Kreisstadt nicht ausreichten.

Fachkräftemangel spitzt sich weiter zu
Zum Fachkräftemangel trage auch der bekannte demografische Wandel bei. Es gebe aktuell einen Generationenwechsel. Die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre steuern auf ihren Ruhestand zu. Hinzu komme, dass wegen der Mehrbelastung gerade ältere Fachkräfte ausfallen oder nicht mehr in vollem Ausmaß belastet werden können.
Entscheidend sei aber auch, dass die öffentliche Wahrnehmung und die Akzeptanz des Erzieherberufes nicht sehr gut sei. Wenig Verdienst treffe auf wenige Anerkennung und geringe Aufstiegschancen. Auch die Ausbildungsmöglichkeiten seien wenig attraktiv.
Dabei sei es im Grunde ein toller Job. „Die Arbeit im Team, mit den unterschiedlichsten Herkünften der Kinder und den unterschiedlichsten Ansichten der Eltern sind jeden Tag eine neue Herausforderung, aber das macht uns Spaß und es ist eine positive Herausforderung“, heißt es aus den Reihen der Kita-Leitungen. „Was uns allerdings keinen Spaß macht, ist der flächendeckend zunehmende Fachkräftemangel.“ Dieser bereite „große Sorge“.
Eine Maßnahme gegen den Fachkräftemangel könne es sein, dass die Stadt Bad Oldesloe, pro Kita in Bad Oldesloe die praxisintegrierte Ausbildung einer Fachkraft finanziere. Dadurch werde die Ausbildung für junge Menschen attraktiver.
Denn bei der praxisorientierten Ausbildung (PiA) werden die Auszubildenden beim jeweiligen Kita-Träger als Auszubildende angestellt und erhalten entsprechend eine Ausbildungsvergütung. Diese Personalkosten soll die Stadt in den ersten beiden Jahren übernehmen. Für das dritte Jahr wollen die Träger sich dann jeweils um entsprechende Fördergelder des Landes bemühen.
Pro Kita entstünden der Stadt Bad Oldesloe so jährlich 40500 Euro zusätzliche Personalkosten, heißt es in dem Vorschlag der Kitas.

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