Archiv der Kategorie: Presseartikel

Zwischen Erleichterung und Leichtsinn

Stormarner Tageblatt  09.03.2021

Shutdown-Lockerungen führen zu langen Warteschlangen vor Textil-Discounter / Erleichterung, aber auch Sorge bei Kaufleuten

Nadine Reiher in ihrem Geschäft, das nun wieder umgebaut ist.  Patrick Niemeier
Nadine Reiher in ihrem Geschäft, das nun wieder umgebaut ist. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier, Marc Nasner und Jens-Peter Meier Entsetzt betrachtete eine Passantin in der Bad Oldesloer Innenstadt die Warteschlange vor dem Kleidungs-Discounter C&A. „Sind die eigentlich bescheuert?“, fragte sie rhetorisch als sie sich unter dem Schimpfen der Wartenden durch die Schlange hindurchquetschen musste. Zu diesem Zeitpunkt warteten 30 Personen vor der Filiale, weil es drinnen bereits zu voll war.
Das Hauptproblem dabei war, dass die Warteschlange wie eine Straßenbarriere in der Mühlenstraße der Kreisstadt wirkte. Abstände waren zum Teil Fehlanzeige, an die Maskenpflicht hielt sich die Mehrheit. „Diese Schlangen mit zu wenig Abstand sind natürlich genau das, was wir nicht sehen wollen“, sagt Nicole Brandstetter von der Wirtschaftsvereinigung Bad Oldesloe. Teilweise mache einen das Verhalten allerdings ratlos. „Wir werden nochmal informieren und mahnen. Abstände und Maskenpflicht mögen manche Leute nerven, aber sie sind nicht verhandelbar. Auch nicht mal kurz ohne Maske in ein Geschäft“, führt sie weiter aus.
Die größte Angst bei einer aktuellen Inzidenz von 70,4 in Stormarn sei, dass die Maßnahmen wieder verschärft werden müssen und der Einzelhandel wieder zurückgefahren wird. „Das darf nicht passieren. Dafür tragen Händler und Kunden die Verantwortung.“
Der Kreis deutete derweil an, dass man natürlich die Inzidenzwerte im Blick habe und mit den Ministerien im Austausch stünde. Verschlechtern sich die Zahlen weiter, seien selbstverständlich Verschärfungen der Maßnahmen oder Rücknahmen von Lockerungen möglich, bisher aber noch nicht geplant, so Andreas Rehberg vom Fachbereich „Sicherheit und Gefahrenabwehr“.
Zufrieden zeigt sich Nadine Reiher vom Zeitschriften- und Tabakgeschäft „Pareibo“ in der Innenstadt, das auf Weisung des Ordnungsamts in den letzten Monaten umbauen musste, um noch öffnen zu dürfen. Der Vorfall hatte landesweit für Aufsehen gesorgt und Probleme bei der Definition von erlaubt und verboten mit Blick auf Warenangebote gezeigt. Jetzt könne wieder das volle Portfolio angeboten werden. „Es ist schön zu hören, dass Kunden richtig auf uns gewartet haben“, sagt Reiher. Sie hoffe, dass die Lockerungen nicht zu früh kamen und die Öffnungen stabil bleiben.
Auch in Bargteheide wird diese Hoffnung geäußert. „Wir sind mit der Entwicklung grundsätzlich sehr zufrieden und hoffen, dass es so weitergeht“, sagt Olaf Gadow, Verkaufsleiter bei Elektro Timm in Bargteheide. „Wir waren immer für die Kunden erreichbar, sei es per E-Mail oder telefonisch.“ Auch der Kunden- und Lieferdienst sei in den vergangenen Monaten wie gewohnt geleistet worden. Die Kunden seien der Firma treu geblieben.
Die Ahrensburger Innenstadt rund um die Große Straße war in den Mittagsstunden recht belebt. Bei frühlingshaftem Wetter standen die Ahrensburger nicht nur vor Bäckereien an, wie auch in Bad Oldesloe kam es vor der C&A-Filiale zu Warteschlangen.
Angela Hoch, Inhaberin des Geschäfts Badeperle, erzählt, dass sie sich vorher gar nicht so große Gedanken gemacht habe, wie viele Kunden kommen könnten. Zwar freue sie sich, dass einige Kunden den Weg in ihr Geschäft fanden, glaube aber auch, dass die Öffnung angesichts der aktuellen Inzidenzen von kurzer Dauer sein könnte.
Petra Steuber war mit ihren Kindern Kim-Sophie und Paul unterwegs. „Wir haben einige Sachen besorgt, die man im Internet nicht bekommt“, sagt die Mutter. „Wir sind auch direkt heute los, weil wir befürchten, dass bald wieder zu sein könnte“, sagt sie.
Norbert und Sigrid Gastinger kauften bei Nessler und Woolworth ein. „Manche Sachen brauchten wir wirklich, wir hatten aber auch Lust, einfach mal zu shoppen“, sagte Sigrid Gastinger. Für das Ehepaar gehöre dies zur Lebensqualität.
Auch Renate Christensen freute sich, ihr Geschäft Danart für Sportkleidung wieder öffnen zu können. „Es war toll, wieder meine Stammkunden zu sehen.“ Während des Lockdowns, sei sie immer zum Geschäft gefahren, um vorbestellte Ware an die Kunden herauszugeben. Falls es zu einem erneuten Lockdown kommt, würde sie dies wieder so machen. Ahrensburgs Bürgermeister Michael Sarach appelliert an die Bürger: „Bitte halten sie sich strikt an die Regeln. Wir müssen alles dafür tun, diese Lockerungen nicht zu gefährden. In der Ahrensburger Innenstadt sind die Bereiche ausgeschildert, in denen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung besteht.“

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Oldesloe verschärft Maskenpflicht

Stormarner Tageblatt  08.03.2021

Neue Regeln: Lockerung trotz Inzidenz von 70 / Sorge vor neuen Maßnahmen durch Corona-Rückschläge

Patrick Niemeier Die Shutdown-Lockerungen dürfen ab heute vorerst auch in Stormarn umgesetzt werden, aber es bleibt ein scheinbar wackeliger Pandemie-Drahtseilakt. Denn aktuell (Stand 7. März) liegt die Corona-Inzidenz bei 70. „Das Land hat klar darauf hingewiesen, dass die Zahl 50 sich auf den Landesdurchschnitt bezieht. Kreise, die knapp über dem Durchschnitt liegen, dürfen Öffnungen ebenfalls zulassen. Dies wird in Stormarn so praktiziert, ist ein gutes Signal für die Wirtschaft und verringert den ,Einkaufstourismus’“, sagte Landrat Dr. Henning Görtz. Zu diesem Zeitpunkt lag Stormarn allerdings tatsächlich noch knapp über 50. Ob man bei 70 noch von „knapp“ sprechen kann, ist unklar. Klar ist hingegen, dass die Maskenpflicht in Bad Oldesloe angesichts der Lockerungen verschärft wird. Diese gilt nun an allen Tagen von 8 bis 18 Uhr in der Fußgängerzone.
Der Einzelhandel öffnet mit den bereits bekannten Kontaktbeschränkungen und einer maximalen Auslastung. Steigt der Inzidenzwert landesweit auf über 50 werden erneut weitere Beschränkungen eingeführt, bei einer Inzidenz über 100 muss der Handel geschlossen werden. Solche Steigerungsraten möchte die Wirtschaftsvereinigung Bad Oldesloe natürlich verhindern.
„Es ist ein Drahtseilakt und wir müssen sehr vorsichtig sein“, sagt Nicole Brandstetter, Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung. Daher habe die Wirtschaftsvereinigung schon am Sonnabend Flyer an die Passanten in der Fußgängerzone verteilt mit der Bitte, weiterhin die Maskenpflicht ernst zu nehmen und auf Abstand zu achten. „Auch wenn die Beschränkungen schmerzlich sein mögen, müssen wir durchhalten und die geltenden Hygienebeschränkungen weiterhin einhalten“, sagt die Wirtschaftsvereinsvorsitzende.
Es gelte unbedingt zu verhindern, dass die Infektionszahlen dermaßen in die Höhe schießen, dass der Einzelhandel wieder schließen müsste. Das hätte nämlich außerdem Einfluss auf in diesem Fall ausbleibende weitere Lockerungen. „Dann erhält die Gastronomie keine Chance auf Wiedereröffnung“, weiß Angela Dittmar aus dem Vorstand der Wirtschaftsvereinigung. Gemeinsam mit Brandstetter verteilte sie Plakate an die Geschäfte, auf denen freundlich aber deutlich erneut auf die Maskenpflicht hingewiesen wird. Es solle klargemacht werden, dass diese Pflicht nicht verhandelbar sei, sondern eben eine Pflicht. „Leider beobachten wir, dass manche Leute denken, sie müssten in den Geschäften keine Maske tragen. Daher möchten wir den Händlern eine Unterstützung in Form des Plakats zukommen lassen.“
Doch nicht nur für den Einzelhandel gibt es ab heute Erleichterungen. So sind Dienstleistungen mit Körperkontakt, bei denen die Kunden keine Maske tragen können, wieder zulässig, wenn Hygieneregeln und Kontaktbeschränkungen eingehalten werden. Auch Sportgruppen mit bis zu 20 Kindern bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres dürfen im Rahmen des organisierten Vereinssports unter Anleitung eines Übungsleiters draußen trainieren. Kontaktdaten sind zu erfassen. Gruppen mit bis zu zehn Personen können wieder Sport im Außenbereich treiben, ohne dass ein Verein organisatorisch dahinter stehen muss. Eine echte Lockerung für Fitness-Studios gibt es derweil nicht. Denn Sport in geschlossenen Räumen ist weiterhin nur allein oder gemeinsam mit im selben Haushalt lebenden Personen oder einer anderen Person möglich. In großen Räumen oder Hallen können auch mehr Personen Sport treiben – aber nur mit mindestens 80 Quadratmeter Fläche pro Person.
Freuen können sich die Leiter und Betreiber von Musikschulen. Denn ab heute darf wieder Einzelunterricht angeboten werden. Museen, Gedenkstätten, Bibliotheken, Archive dürfen auch in Stormarn öffnen. „Der Kreis arbeitet gemeinsam mit den Stormarner Kommunen an der Organisation einer Teststrategie für Schnelltestungen“, teilt Kreissprecher Michael Drenckhahn mit: „Eine digitale Kontaktnachverfolgung mittels einer App soll auch in Stormarn eingeführt werden.“ Lockerungen für die Außengastronomie, Theater, Kinos und Veranstaltungen wird es aber frühestens zum 22. März geben können.
Görtz: „Mit diesen Lockerungsschritten setzt das Land ein deutliches Signal, das ich sehr begrüße. Gleichzeitig dürfen wir aber jetzt nicht leichtsinnig werden. Wir müssen alle gemeinsam zeigen, dass wir nun verantwortungsvoll mit der neuen Situation, zum Beispiel bei Kontaktbeschränkungen oder der Öffnung des Einzelhandels, umgehen. Halten wir uns an die Regeln.“

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Stormarn um 12 Uhr

Stormarner Tageblatt  06.03.2021

Stormarn um 12 Uhr

Bad Oldesloe Noch sieht es im Bad Oldesloer Kurpark ein wenig kahl aus, aber bald wird der Frühling auch hier durchschlagen und die Bäume werden ihre ersten grünen Blätter tragen. Aktuell wirkt der Blick auf die Trave aus diesem etwas ungewöhnlichen Blickwinkel etwas karg und geradezu düster. Die Wanderwege sind allerdings meistens durch die Corona–Spaziergänger belebter als auf dem Bild. nie

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Diskussionsbedarf bei Verwaltungs-Umstrukturierung

Stormarner Tageblatt  06.03.2021

Oldesloes Bürgermeister Jörg Lembke hat seine Pläne für eine Neuordnung vorgestellt

Bürgermeister Jörg Lembke bei der Diskussion über die Verwaltungsumstrukturierung.  Finn Fischer
Bürgermeister Jörg Lembke bei der Diskussion über die Verwaltungsumstrukturierung. Finn Fischer

Bad Oldesloe Neue Strukturen sollen die Arbeitsabläufe in der Oldesloer Stadtverwaltung verbessern. Zumindest ist das das Ziel. Jetzt hat Bad Oldesloes Bürgermeister Jörg Lembke dem Hauptausschuss der Kreisstadt seine geplante Neugliederung vorgestellt. Das erhoffte „grüne Licht“ gab es von der Politik jedoch nicht. Einige der Vorschläge sorgten für Diskussionen.
Nach bisherigem Stand soll die Verwaltung in vier Stabsstellen und fünf Fachbereiche gegliedert werden. Die Stabsstellen beraten und unterstützen den Bürgermeister und die Fachbereiche. Wie bisher sind es die Stabsstellen Recht, Öffentlichkeitsarbeit, Rechnungsprüfung sowie Gleichstellung. Die Fachaufgaben werden im Liniensystem in den Fachbereichen Innerer Service, Jugend, Bildung und Kultur, Bürgerservice, Bauen und Umwelt sowie Baubetriebshof organisiert.
Vor allem letzteres sorgte im Hauptausschuss fraktionsübergreifend für Irritationen. „Wir sehen es kritisch, dass der Baubetriebshof nicht in den Fachbereich Bauen und Umwelt integriert werden soll“, sagte Andreas Lehmann (CDU), der der Verwaltung im Ausschuss einen längeren Fragenkatalog vorlegte.
Der Baubetriebshof sei zwar bisher auch ein eigener Fachbereich, arbeite aber im Grunde nicht eigenständig. „Vielmehr übernimmt er hauptsächlich Aufträge aus dem Fachbereich Bauen und Umwelt“, so Lehmann. Deswegen sei eine Zusammenführung seiner Ansicht nach sinnvoll
Anzahl der Mitarbeiter des Baubetriesbhofs als Problem
Auch innerhalb der Verwaltung sei eine Zusammenlegung diskutiert worden, die Idee allerdings wieder verworfen. Der Grund: Die große Anzahl an Mitarbeitern im Baubetriebshof. Bürgermeister Lembke: „Würden wir die Fachbereiche zu einem zusammenlegen, wäre dieser extrem groß.“
Die Leitung dieses Bereichs wäre dann wohl nur noch mit Personalangelegenheiten beschäftigt und könnte keine – wie bei einer Fachbereichsleitung vorgesehen – strategischen Aufgaben mehr übernehmen. Daher habe man sich dagegen entschieden.

Schulen nicht im Bereich Bildung?

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Betrachtungen zum Wochenausklang

Stormarner Tageblatt  06.03.2021

Stormarner Wochenschau

Betrachtungen zum Wochenausklang

Karikatur: Megi Balzer
Karikatur: Megi Balzer

Patrick Niemeier, Stephan Poost und Volker Stolten
Gut gemeint Das Gegenteil von gut, das wissen wir ja, ist oft gut gemeint. Zu viele Lockerungen und Öffnungsschritte in Corona-Zeiten wirken weltfremd und am Schreibtisch entstanden. Natürlich ist es irgendwie nett gemeint, dass Fitnessstudios öffnen dürfen, nur unter den gegebenen Bedingungen hat das mit einem Fitnessstudiobetrieb wenig bis nichts zu tun. Die kurzfristige Öffnung des Handels stellt viele Einzelhändler vor ein Problem. „Mache ich jetzt nicht auf, verstehen das meine Kunden nicht, mach ich auf, habe ich zum Teil noch gar keine richtige Ware“, erklärte eine Kauffrau gegenüber dem Tageblatt. Gleichzeitig wundert man sich über die Kommunikationsstrategien.
Wie im Wahlkampfmodus verkündet der Ministerpräsident erstmal etwas, was dann aber noch genauer ausgearbeitet werden muss und am Wochenende veröffentlicht wird, während es dann ab Montag gelten soll. Das hat mit der Lebenswirklichkeit wenig zu tun. Immer mehr bekommt man außerdem den Eindruck, dass der Schlingerkurs der Politik in Richtung Kapitulation und Resignation neigt. So nimmt man die Bürger trotz des guten Willens am Ende dann nicht mit, sondern surft gemeinsam durch falsche Signale nur in die dritte Corona-Welle.

Freud und Leid Während die einen leiden, freuen sich die anderen. Das ist oft so im Leben, auch in Corona-Zeiten. Die Fahrradwerkstätten und -händler sowie die Hersteller zum Beispiel können gar nicht so schnell liefern, wie die neuen Drahtesel verlangt werden, in der Gastronomie, in der Veranstaltungsbranche und im gesamten Kulturbetrieb zerbröseln Existenzen. Die Gesellschaft, wir alle also, sollte das im Auge haben, bei aller Freude über neue Freiheiten, die nun folgen. Wie gesagt, es ist nicht nur in der Corona-Krise so. Bei jedem Wandel von Strukturen schließen sich Türen und öffnen sich neue. Jeder einzelne kann das auch als Chance begreifen, als Möglichkeit zu neuen Ufern aufzubrechen.
Tausende neue Ideen sind während der vergangenen zwölf Monate entstanden, viele werden nicht wieder verschwinden. Es ist einfach, so zu schreiben, wenn die Existenz nicht auf der Kippe steht. Aber es ist auch die einzige Art und Weise mit Krisen umzugehen, wenn man nicht den Kopf in den Sand stecken will. Das klappt jedoch nur, wenn diejenigen, die nicht so stark unter der Krise leiden, jenen unter die Arme greifen, die um ihre Existenz bangen.

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