Querdenker, Covid-19-Leugner, Maßnahmenkritiker und Rechtsradikale verteilen Flyer, Plakate und Briefe an Schulen
Patrick Niemeier und Stephan Poost Bad Oldesloe / Bars- büttel / Ahrensburg Covid-19-Maßnahmen-Kritiker und Anhänger der „Querdenker-Bewegung“ erhöhen durch zum Teil fragwürdige Aktionen auch in Stormarn den Druck. Durch Briefe an Schulen, Flyer und Plakate an Schulbushaltestellen sowie Videos machen sie auf sich aufmerksam und sorgen vor allem für Unverständnis, Verunsicherung und zum Teil auch Verängstigung. Eine Diskussion der Maßnahmen gerät bei der Inszenierung immer mehr in den Hintergrund.
So traute der Leiter der Barsbütteler Erich-Kästner-Schule Thorsten Schöß-Marquardt seinen Augen nicht, als er kürzlich ein Paket des Mediziners Dr. Walter Weber erhielt. Der in Verschwörungstheoretiker-Kreisen beliebte Weber, ein Mitgründer der umstrittenen „Ärzte für Aufklärung“, war in der Vergangenheit bereits in die Schlagzeilen geraten, weil seine Krebs-Therapien von Schulmedizinern kritisiert wurden und weil er einer Frau eine Angst-Erkrankung per Attest bestätigte, weil diese sich vor dunkelhäutigen Menschen fürchtete.
In Kreisen von Maßnahmen-Kritikern und Virus-Leugnern hingegen trifft Weber auf Zuspruch. Auch in Ahrensburg trat er kürzlich in Erscheinung, als er an einer Demonstration gegen die Covid-19-Maßnahmen vor dem Rathaus auftrat. Auch bei Kundgebungen der Querdenker trat er auf. Dieser Bewegung wird besonders vorgeworfen, sich nicht deutlich genug von Fanatikern, Extremisten und Rechtsradikalen zu distanzieren.
Die meisten Behauptungen der „Ärzte für Aufklärung“ sind bei detaillierten Faktenchecks bereits mehrfach durchgefallen. Dem Leiter der Barsbütteler Schule schickte Weber den aus großen Teilen der seriösen Medizin- und Virologenwelt heftig kritisierten Bestseller „Corona-Fehlalarm“ der Kieler Forscher Sucharit Bhakdi und Karina Reiß. Ein Werk, dass bei Maßnahmen-Kritikern hoch gehandelt wird. Außerdem legte er ein Schreiben bei. Dem Schulleiter wird durch Weber vorgeworfen, dass das Durchsetzen der Maskenpflicht eine „strafrechtlich relevante Nötigung“ sei. Damit verbunden sei laut der Schule die unverhohlene Drohung, dass dieses Verhalten in der Zukunft Konsequenzen haben werde.
Schöß-Marquardt bleibt relativ entspannt, denn die Vorwürfe seien haltlos. Die Maskenpflicht werde umgesetzt, weil sie von einer demokratisch legitimierten Regierung als Maßnahme gegen die Ausbreitung von Covid-19 beschlossen worden sei.
Auch andere Schulen haben mit Corona-Leugnern und Covid-19-Maßnahmen-Kritikern zu kämpfen. Während es im Unterricht relativ problemlos ablaufe, seien leider an Bushaltestellen Flyer und Plakate mit falschen Behauptungen und unwissenschaftlichen Unterstellungen zu Maskenpflicht und Covid-19 aufgetaucht, berichten Bad Oldesloer Schüler. Sven Baumann, Leiter der Ida-Ehre-Schule bestätigt das. Die Plakate seien schon am nächsten Tag entfernt gewesen. „Zum Glück ist es abgesehen von den Flyern und Plakaten an Bushaltestellen bei uns soweit ruhig. Die Schüler haben Verständnis und ziehen da voll mit“, sagt Baumann.
Besonders erschreckend ist eine Aktion an der Stormarner Theodor-Storm-Schule. Dort warfen laut Schulleitung Kritiker der Maskenpflicht und der Covid-19 Maßnahmen Flyer mit Zitaten der Nazis Heinrich Himmler und Adolf Hitler in die Schulbriefkästen. Die Flyer bezogen sich laut Schulleiter Martin Nirsberger auf eine de facto nicht bestehende Impfpflicht. „Es wurde behauptet, wir würden in eine Diktatur geführt. Ich habe selbstverständlich die Behörden und das Ministerium darüber informiert“, sagt Nirsberger. Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat immer wieder betont, dass es eine solche Impfpflicht nicht geben werde.
So sieht es auch an der Bad Oldesloer Masurenwegschule aus. „99,5 Prozent unserer 730 Schüler halten sich an die Regeln. Wir haben allerdings ein paar Eltern die geradezu fundamentalistisch sind. Das ist anstrengend, aber es zeigt, wie es in der Gesellschaft momentan zugeht“, sagt Sascha Plaumann, Schulleiter der Schule am Masurenweg. Er selbst habe bereits einen Brief erhalten, in dem Maßnahmen-Kritiker verlangen, dass er unterschreibe mit seinem privaten Vermögen zu haften, sollte ihr Kind erkranken. „Soweit ich weiß, haben alle Schulleitungen schon mit sowas zu tun gehabt. Es gibt diese Menschen halt“, sagt Plaumann.