Bericht der CDU-Fraktion Bad Oldesloe 05.10.2025
Wer rausgeht muss auch wieder reinkommen – eine denkwürdige Stadtverordnetenversammlung
Noch ist es nicht öffentlich kommentiert, aber der Aufschrei der üblichen Retter vor aller Ungerechtigkeit wird ziemlich sicher die nächsten Wochen nachhallen. Zumindest eine der öffentlich zu erwerbenden Publikationen unserer Region wird in einer täglichen Berichterstattung den Untergang des Abendlandes in allen erdenklichen Farben und aus allen möglichen Perspektiven abfischen. Und damit es dazu auch beeindruckende Bilder gibt, gab es dann auch noch einen Auszug von zwei Fraktionen aus der Stadtverordnetenversammlung.
Was war denn da geschehen?
Ausgangspunkt ist der sogenannte Lärmaktionsplan. Eine alle fünf Jahre wiederkehrende Beschreibung von Lärmbelastungen in Städten und Regionen. Ein Lärmaktionsplan (LAP) ist ein fachübergreifendes Planungsinstrument, das die Belange des Lärmschutzes bei allen infrastrukturellen und umweltpolitischen Planungen soweit wie möglich berücksichtigt.
Dafür erließ die EU im Jahr 2002 die „Umgebungslärmrichtlinie“. Hiernach wird im Rahmen eines zweistufigen Verfahrens zunächst der Umgebungslärmpegel in Lärmkarten erfasst und dann im Anschluss ein entsprechender Lärmaktionsplan zur Verminderung von Geräuschbelastungen erstellt. Für die Aufstellung dieses alle fünf Jahre zu überarbeitenden Maßnahmenkatalogs sind die Kommunen verantwortlich, die ihrerseits in enger Abstimmung mit der betroffenen Öffentlichkeit arbeiten sollen. Die fünf Jahren waren nun um und der LAP war zu aktualisieren!
Im September 2024 legte die Verwaltung der Stadt Bad Oldesloe nun den überarbeiteten Lärmaktionsplan vor. Dabei fiel ein Fehler auf: Eine in der vorangehenden Fassung beschlossene Fläche in Poggensee war nicht mehr als Ruhebereich gekennzeichnet. Die Stadtverordnetenversammlung hatte innerhalb dieser Fläche neue Bauflächen ausgewiesen. Eine Information, welche Auswirkungen dieser Ruhebereich auf das Bauvorhaben hat, hat die Verwaltung bisher – also bis heute im Oktober 2025 – nicht gegeben. Es gab lediglich eine mündliche Aussage, die sich in keinem Protokoll finden lässt.
Es folgte eine beschließende Stadtverordnetenversammlung. Bis zur Beratung in den Fraktionen war eine andere Version des LAP im Ratsinformationssystem (RIS) veröffentlicht, als im Moment der Beschlussfassung auf der Stadtverordnetenversammlung. Dieser Mangel der unklaren Sitzungsvorlage wurde von der CDU-Fraktion unmittelbar beanstandet. Nur wenige Tage nach der Stadtverordnetenversammlung wurde ein Antrag auf Aufhebung des Beschlusses gestellt. Ungeachtet des bereits vorliegenden Antrags wurde der LAP in der strittigen Version zur öffentlichen Beteiligung ausgelegt. In der nächsten Sitzung kam aus der Verwaltung die Nachricht, dass im Anschluss an die öffentliche Beteiligung noch ausreichend Zeit für Beratung und Veränderung wäre.
Dieses Vorgehen erweckte Argwohn. Warum werden mit dem Beginn der öffentlichen Auslegung unnötig Tatsachen geschaffen, die eine anschließende Diskussion und Änderung erschweren?
Und tatsächlich: Im 170-seitigen Lärmaktionsplan steckt nicht nur die Causa Poggensee, sondern auch eine Empfehlung Tempo 30 einzuführen. Der Verwaltung wird sogar freie Hand gegeben, ohne weitere Beschlussfassung in politischen Gremien Tempo 30 auf allen Straßen in Bad Oldesloe nach eigenem Ermessen einzuführen.
Als diese in den 170 Seiten voller guter und wichtiger Informationen versteckte Ermächtigung erkannt wurde, wurden nach Ende der öffentlichen Beteiligung konkrete Fragen an die Verwaltung gestellt. Diese sind seit inzwischen Monaten nicht beantwortet worden. Der immer wieder auf die Tagesordnung gesetzte TOP LAP wurde deshalb mit der Begründung der offenen Fragen immer wieder von der Tagesordnung abgesetzt!
Hilfe von der Kommunalaufsicht
Nun ist unbestreitbar, dass § 47d Abs 5 des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge eine Frist für die Beschlussfassung nennt, „Die Lärmaktionspläne werden (…) alle fünf Jahre nach dem Zeitpunkt ihrer Aufstellung überprüft und erforderlichenfalls überarbeitet. Ist ein Lärmaktionsplan nach Satz 1 im Kalenderjahr 2023 zu überprüfen und zu überarbeiten, dann hat dies bis zum Ablauf des 18. Juli 2024 zu erfolgen.“
Deshalb fordert die Kommunalaufsicht im Juli 2025 zurecht eine Beschlussfassung des LAP ein, und droht im September mit Zwangsmaßnahmen, wenn die Beschlussfassung nicht erfolgt.
Das Finale: Die Verwaltung kommt mit ihrer Trickserei nicht durch
Und so kommt es am 1. Oktober zum abschließenden Show-Down für den LAP. Die Verwaltung setzt das letzte Schreiben der Kommunalaufsicht zur Kenntnisnahme und die finale Beschlussfassung des LAP auf die Tagesordnung und glänzt in Gänze durch Abwesenheit: Von der Verwaltung der Stadt Bad Oldesloe ist mit Ausnahme der betreuenden Mitarbeiterin für das Protokoll niemand vertreten. Auch das ein Statement und Beitrag zur Trickserei zum LAP. Selbstredend sind auch die Fragen zum LAP nicht beantwortet. Jeder Protest, die Beratung zum LAP ist nicht abgeschlossen und es gäbe noch offenen Fragen war nutzlos. Es wird erwartet, dass die Stadtverordnetenversammlung die Trickserei der Verwaltung (falsche Vorlagen, unklare nicht protokollierte Antworten, die monatelange Verweigerung von Antworten) durchkommt: Die Politik wird das Ganze angesichts der Drohkulisse schon durchwinken.
Aber es kommt anders: Die FBO beantragt die beiden – bekanntermaßen von FBO und CDU abgelehnten – Punkte aus dem LAP zu streichen: Poggensee bleibt ein normaler Stadtteil Bad Oldesloes und eine Ermächtigung der Verwaltung nach eigenem Ermessen auf Durchgangsstraßen Tempo 30 einzuführen wird aus dem LAP gestrichen. Und da das Ganze in 170 Seiten gefasst ist, hat der Antrag 4 Absätze.
Und nun beginnt der denkwürdige Teil der Stadtverordnetenversammlung: Man verstehe den Antrag nicht, er sei zu umfangreich und liege den Fraktionen nicht schriftlich vor. Eine Sitzungsunterbrechung nutzen SPD und Grüne nicht dazu den Antrag durchzulesen, sondern Argumente gegen eine Änderung des LAP zu sammeln. Und obwohl der Inhalt des Antrages ja so völlig unbekannt war, drehten sich alle Redebeiträge um Tempo 30 und die Causa Poggensee.
Der Hinweis, dass Tempo 30 ja nicht abgelehnt werden würde, sondern nur die Ermächtigung für die Verwaltung nach eigenem Ermessen gestrichen werden würde, nutzte nichts. Immer wieder wurde der Nutzen von Tempo 30 gebetsmühlenartig vorgetragen.
Als sich dann abzeichnete, dass es zu einer Abstimmung kommen würde, haben Grüne und SPD fast vollständig den Tagungsraum verlassen. Auch dies ein Statement zum eigenen Verständnis über den demokratischen Abstimmungsprozess.
Eine Abstimmung verhinderte das allerdings nicht. Nachdem Bürgerworthalterin Hildegard Pontow die bestehende Beschlussfähigkeit ohne Widerspruch festgestellt hat, wurden der Antrag der FBO mit den Stimmen der CDU und FBO gegen jeweils 1 Stimme von SPD und Grün angenommen.
Bei der Abstimmung über den nun veränderten LAP waren alle Fraktionen wieder vollzählig im Raum, allerdings nahmen SPD und Grüne erneut nicht an der Abstimmung teil. Und so bestätigte sich der Ausspruch des ehemaligen SPD-Fraktionsvorsitzenden Herbert Wehner: „Wer rausgeht muss auch wieder reinkommen.“
Bad Oldesloe hat aber jetzt einen bis 2030 beschlossenen Lärmaktionsplan.
Jörn Lucas , Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion