Beitrag des CDU Fraktionsvorsitzenden Jörn Lucas 18.04.2025
Der Entscheidungsprozess in einer repräsentativen Demokratie am Beispiel Hagenstraße
Über die Entscheidung der gemeinsamen Sitzung von WPA und UEVA am 08.04.2025
In einer repräsentativen Demokratie sind Volksvertreter gewählt worden, um für die Bürgerschaft Entscheidungen zu treffen. Dazu werden allgemeine, freie und gleiche Wahlen durchgeführt und die so ermittelten Politiker auf allen Ebenen, also für das Europa-Parlament, den Bundestag, den Landtagen, den Kreistagen und den Vertretungen in den Städten und Gemeinden, sind bei diesen Entscheidungen einzig ihrem Gewissen verpflichtet. Und da die Themen und Aufgaben vielfältig sind, gibt es dazu Entscheidungshilfen und Organisationsformen, die bei einer Entscheidungsfindung helfen.
Die Politiker finden sich deshalb zu Fraktionen zusammen um sich arbeitsteilig den Themenfeldern zu widmen und dann in den Fachausschüssen der Volksvertretungen Entscheidungen vorzubereiten. Um die Meinung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen schon frühzeitig in den Meinungsbildungsprozess einzubeziehen, werden hier Beiräte (in Bad Oldesloe sind der Kinder- und Jugendbeirat, der Beirat für Menschen mit Behinderung, der Seniorenbeirat und der Wirtschaftsbeirat) gebildet. Vorbereitet werden diese Entscheidungen durch Vorlagen der Verwaltungen und Anträge der Fraktionen und der Beiräte. Darüber hinaus können sich Bürger in der Einwohnerfragestunde zu Wort melden. Schließlich kann nach § 16b der Gemeindeordnung in Schleswig-Holstein zur „Erörterung wichtiger Angelegenheiten der Gemeinde (…) eine Versammlung von Einwohnerinnen und Einwohnern einberufen werden. (…) Vorschläge und Anregungen der Versammlung von Einwohnerinnen und Einwohnern müssen in einer angemessenen Frist von den zuständigen Organen der Gemeinde behandelt werden.“ Eine solche Einwohnerversammlung ist deshalb ein Informations-, Beratungs- und Anregungsgremium.
Entscheidungen können in einer Einwohnerversammlung nur über in dieser Versammlung beratene Vorschläge und Anregungen an das Entscheidungsgremium getroffen werden. Solche Entscheidungen sind schon auf Grund der zufälligen Zusammensetzung einer Einwohnerversammlung nicht bindend. Nur mit hohen Hürden kann der Souverän, also die Bürgerschaft, eine Entscheidung mit einem Volksentscheid an sich ziehen. Die Landesregierung erläutert dies wie folgt: „Die Abstimmung im Rahmen eines Volksentscheids bietet den Bürgerinnen und Bürgern über die Teilnahme an Wahlen hinaus die Möglichkeit einer direktdemokratischen Beteiligung. (…) Die Grundlagen des Volksabstimmungsrechts sind in den Artikeln 48 und 49 der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein geregelt. Sie werden durch das Volksabstimmungsgesetz sowie die Landesverordnung zur Durchführung des Volksabstimmungsgesetzes ergänzt. Ein Volksentscheid findet statt, wenn ein vorhergehendes Volksbegehren erfolgreich zustande gekommen ist. Dies wiederum setzt zunächst die Durchführung einer zulässigen Volksinitiative voraus.“
Konkret für Bad Oldesloe bedeutet dies: Bei der Kritik an der Entscheidung der gemeinsamen Sitzung des Wirtschafts- und Planungsausschusses und des Umwelt-Energie und Verkehrsausschusses am 08.04.2025 wird übersehen, dass eine Einwohnerversammlung eben keinen Volksentscheid zu einem Thema trifft.
Wenn also bemängelt wird, dass Bürger sich gegen die Beibehaltung des bestehenden Verkehrskonzepts und mehrheitlich für konkrete Maßnahmen ausgesprochen hätten und dabei die Erwartung gehabt hätten, ihr Votum wäre quasi die Vorgabe für eine Entscheidung, dem muss mangelnde Kenntnis der rechtlichen Grundlagen vorgehalten werden. Besonders deshalb, weil diese zu Beginn der Einwohnerversammlung auch durch die Bürgerworthalterin erläutert worden sind.
Ein weiteres kommt hinzu, denn die betreffende Einwohnerversammlung im September 2025 war noch viel weniger eine repräsentative Veranstaltung, als Kritiker sie im Nachgang behaupten. In einer Bekanntmachung der Einwohnerversammlung der Stadt Bad Oldesloe sollte diese Veranstaltung online übertragen werden und die Möglichkeit sich hybrid zu beteiligen bestehen. Das war aber leider nicht der Fall. Nach TOP 02 „Präsentation der potentiellen Umbaumöglichkeiten der Hagenstraße einschl. des Parkplatzes“ brach die Onlineübertragung ab und eine Beteiligung war entgegen der Ankündigung nicht mehr möglich. Auch die Präsentation der Verwaltung selber war zu kritisieren, denn sie verschwieg absichtlich die auch schon zum Zeitpunkt der Einwohnerversammlung bekannte Auffassung der beiden größten Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung, obwohl sie genau dazu durch den Vorsitzenden der CDU Fraktion aufgefordert wurde. Es ist kein Wunder, dass sich kein Einwohner positiv äußern konnte, wenn die Verwaltung diese Option unter den Tisch fallen gelassen hat. Dass es sich bei der Präsentation der Verwaltung um einen tendenziösen Vortrag handelte, konnte man auch daran erkennen, dass der Vorschlag eine Begegnungszone einzurichten, nur mit einem verächtlichen Nebensatz erwähnt worden ist, obwohl auch hierzu eine vorherige, deutliche und klare Aufforderung durch den Vorsitzenden der CDU Fraktion erfolgt war.
Auch die Beteiligung an der Einwohnerversammlung war deutlich weniger überwältigend, als der Kommentator beschreibt. Die Festhalle hat eine maximale Belegung von 444 Personen. Zu Beginn der Einwohnerversammlung sind 155 Einwohnerinnen und Einwohner anwesend. Das ist eine gute Beteiligung von 0,6 % der Oldesloer Bevölkerung, aber überwältigend ist dann doch etwas anderes. Zum Zeitpunkt der Abstimmung über die Anträge sind 95 Einwohnerinnen und Einwohner, also etwa 0,4 % der Oldesloer anwesend. Folglich bedarf es 48 Stimmen (also 0,2 %) zur Erreichung der Mehrheit. Für den Antrag der Verlegung der Bushaltestelle Hagenstraße in die Lübecker Straße zu verlegen, stimmten 52 Personen.
Wenn also kritisiert wird, das die Berufung auf Bürgerwille und Bürgernähe in den Begründungen des CDU/FBO-Antrags fast schon zynisch anmutet, verkennt dass beide Fraktionen sich auf das Ergebnis der Kommunalwahl berufen, bei der die Hagenstraße das wichtigste Thema gewesen sei. Beide Fraktionen hatten dabei die gemeinsam errungenen 51,3 % der wählenden Oldesloer als genau diesen Auftrag verstanden wissen wollten. Den Kritikern dieser Entscheidung passt dies jedoch nicht in ihr Konzept.
Viel wichtiger ist jedoch, dass in der Einwohnerversammlung gar nicht über die Verwaltungs-Vorschläge für die Hagenstraße sondern nur über vorliegende Anträge abgestimmt worden ist, und in der Sache nur die Verlegung der Bushaltestelle in der Hagenstraße und die Einbeziehung des Mohr-Parkplatzes mehrheitlich angenommen wurden. Vollends lächerlich machen sich Kritiker jedoch, weil die gemeinsam tagenden Ausschüsse, die Anträge der Einwohnerversammlung zwar diskutiert, aber über sie nicht abgestimmt sondern sie nur zur Kenntnis genommen haben. Wenn die Kritiker dann auch noch nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass der für den ÖPNV zuständige Kreis Stormarn sehr klare Argumente gegen eine Verlegung der Bushaltestelle aus der Hagenstraße vorgebracht hat, dem kann man dann nur noch Unredlichkeit vorwerfen. Denn die Bushaltestelle in der Hagenstraße ist als Innenstadt-ZOB ein wichtiger Umsteigehalt für den Oldesloer Westen und vor allem für das Umland, der wegen der Verkehrsführung nicht an die Lübecker Straße verlagert werden kann. Außerdem ist der Innenstadt-ZOB als ÖPNV-Zugang für das KuB, die Sparkasse und die städtische Verwaltung nicht verlegbar. KuB und städtische Verwaltung dürfen nicht weiter als 300 m von der ÖPNV-Verbindung entfernt liegen. Deshalb war die Verlegung des Innenstadt-ZOBs in der Ausschussberatung schon lange vom Tisch. Unverständlich deshalb, warum die Verwaltung in der Einwohnerversammlung dies nicht in die Beratung eingebracht hat.
Es bleibt der fade Geschmack, dass ein demokratischer Entscheidungsprozess mit allen Mitteln bekämpft werden soll und dass hierzu Unwahrheiten und das Verschweigen wichtiger Fakten verwendet werden.
Jörn Lucas