Auf dem Prüfstand

Stormarner Tageblatt   09.02.2019

Welche Angebote wünschen sich Jugendliche in Bad Oldesloe? Sind Einrichtungen noch zeitgemäß?

Hinterfragt: Wer nutzt das Juze-Programm im Bügerpark?
Hinterfragt: Wer nutzt das Juze-Programm im Bügerpark?

Patrick Niemeier Bad Oldesloe Vandalismus auf dem Kunstrasenplatz, gelangweilte Jugendliche,die in Gruppen in der Fußgängerzone „herumhängen“ oder auch Probleme mit denselben Cliquen im Oldesloer Kultur- und Bildungszentrum sowie am Skateland – so manchen jungen Menschen in der Kreisstadt ist offenbar zu oft langweilig. Spricht man mit einigen von ihnen, so sagen sie, dass ihnen Orte fehlen, an die sie gehen können, Angebote, die zeitgemäß seien und auch Veranstaltungen, die sich speziell an ihre Generationen richten.

Gewünscht werden Hip-Hop-Konzerte, Tanzworkshops, Skate-Contests oder der Besuch eines Youtube-Stars in Bad Oldesloe. Vor allem im Bereich der 16- bis 20-Jährigen wird oft das Gefühl geäußert, dass man sie abgesehen von Schulangeboten und Sportvereinen offenbar kulturell vergesse.

Doch bleiben konkrete Aussagen bisher immer nur die Meinungen einzelner junger Mitbürger in nicht repräsentativen Umfragen. Wie sehen es ihre Altersgenossen? Wo halten sich diese gerne auf oder welches eigentlich für sie gemachte Angebot funktioniert in echt gar nicht ? Hält man an Ideen und Einrichtungen fest, nur weil sie seit Jahrzehnten gut liefen?

Diese Diskussion würde der Sachbereich Jugendarbeit der Stadt nun gerne professionell und objektiv aufarbeiten lassen. Der Arbeitskreis „Offene Kinder- und Jugendarbeit“ (AK Okja) – dem neben der Juze und dem Sachbereich Jugendarbeit auch die Erle, der Volleyballclub, die evangelische Kirche und „Sport vor Ort“ angehören – hat sich Ende 2018 dafür ausgesprochen, einen Prozess zur „fundierten und ausführlichen Bedarfsermittlung für die Kinder- und Jugendarbeit zu beginnen und aktiv zu begleiten“. Dafür wünscht sich der Arbeitskreis eine wissenschaftliche Begleitung auf Augenhöhe, heißt es. Da dieser Prozess einen hohen Arbeitsaufwand bedeute, sei die Unterstützung von Außen ebenfalls notwendig.

Die Ergebnisse der professionellen Bedarfsanalyse sollen dann in Zukunft als Grundlage für Entscheidungen dienen. Dafür wollte der Sachbereich Jugendarbeit jetzt vom Bildungs- , Sozial- und Kulturausschuss den Auftrag , ein Konzept für die Bedarfsanalyse und den anzustoßenden Prozess zu erarbeiten, das dann für die Haushaltsberatungen 2020 zur Verfügung stünde.

Im BSKA begrüßte es zwar grundsätzlich, dass man die Angebote kritisch hinterfrage, aber wollte sich nicht so schnell auf dieses konkrete Vorgehen festlegen lassen. „Wir hatten nicht genug Personal für „Jugend im Rathaus“, wir hatten Probleme mit dem Ferienpass, gute Ideen und Projekte können nicht umgesetzt werden und dann soll so ein umfangreiches Projekt im Sachbereich angestoßen werden? Das bindet aus unserer Sicht Kräfte, die man lieber direkt in die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen investieren sollte“, sagte Jörn Lucas (CDU). „Wir als Liberale hätten erstmal gerne die Infos aus dem Sachbereich zum Ist-Zustand. Was gibt es an Angeboten die die Stadt anbietet oder mitfinanziert und in welche Höhe? In welchen Stadtteilen sind die Angebote, wie viele Jugendliche besuchen sie, wie viele Jugendliche leben dort, wie hoch ist dort der Migrantenanteil, wie ist der Sozialindex des Stadtteils?“, sagte Anita Klahn (FDP). „Damit fordern Sie ja schon einen Teil der Arbeit ein, für den die Bedarfsanalyse eigentlich unter anderem da sein sollte“, antwortete Bürgeramtsleiter Thomas Sobczak.

„Es wird so etwas wie einen Sozialindex nicht geben. Das geht aus Datenschutzgründen gar nicht. Wir haben keine Übersicht, wer was verdient “, stellte Bürgermeister Jörg Lembke klar. Das alles noch in Relation zur Anzahl der Jugendlichen zu stellen, sei unmöglich. „Das wundert mich. Denn eigentlich werden wir – ganz unabhängig von diesem Thema – einen Sozialindex mit den unterschiedlichsten Faktoren für die einzelnen Stadtteile sowieso auch bei anderen Themen benötigen“, legte Klahn nach.

Bedenken an der Bedarfsanalyse generell beziehungsweise der zu erwartenden Ergebnisse teilte Dagmar Danke-Beyer (Die Grünen). „Dann haben wir womöglich eine schöne Wunschliste, was wir alles machen sollen. Das erinnert mich an das Sportgutachten, das zu großen Teilen über Jahre nicht umgesetzt wurde“, so die Grüne.

Allgemein machten sich die Lokalpolitiker aller Fraktionen Sorgen über die Kosten der Bedarfsanalyse. Diese würden wohl im fünfstelligen Bereich liegen.

Der Ausschuss einigte sich mehrheitlich auf den Vorstoß Klahns, dass zunächst der Sachbereich den aktuellen Zustand und die Auslastung, beziehungsweise den Einzugsbereich verschiedener Einrichtungen statistisch aufarbeiten soll.

Zur Debatte soll anschließend stehen, ob gewisse Angebote noch zeitgemäß mit Blick auf Kosten und Nachfrage sind. Man müsse fragen dürfen, ob die Juze oder Kirchen zum Beispiel noch ihr Publikum erreichen oder ob Geld und Personal anderweitig sinnvoller eingesetzt werden könne, wenn die Klientel andere Orte bevorzuge oder suche.

„Ich bitte Sie generell zu bedenken, dass die Jugendlichen sich quer durch das Stadtgebiet bewegen und nicht nur Angebote in ihrem Stadtteil nutzen. Wir wissen oftmals wie viele kommen oder wer wie oft kommt, wo sie genau herkommen, wissen wir aber zum Beispiel oft nicht“, stellte Katrin Stehr vom Sachbereich Jugendarbeit klar. Ob es die professionelle Bedarfsanalyse eines Tages geben wird, ließen die Lokalpolitiker offen. Sie wollen erstmal den Bericht des Sachbereichs abwarten.

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