Stormarner Wochenschau: Geglückt, gesucht, geschlossen

Stormarner Tageblatt  03.07.2021

Geglückt, gesucht, geschlossen

Viel Lärm um eine neue Feuerwache in Bargteheide...Karikatur: Megi Balzer
Viel Lärm um eine neue Feuerwache in Bargteheide…Karikatur: Megi Balzer

Patrick Niemeier und Volker Stolten

Die Unvernunft
Die Entschärfung des Fliegerbombenblindgängers ist in Bad Oldesloe gut gegangen, hätte aber sogar noch eine Stunde vorher abgeschlossen sein können. Wären da nicht wieder die Egoisten und Ignoranten gewesen, die mit ihrem „diese Regeln gelten aber nicht für mich“-Verhalten uns auch schon die gesamte Corona-Pandemie hindurch auf den Wecker gehen und das Zusammenleben erschweren. Anstatt ihre Wohnungen wie erforderlich zu verlassen, blieben sie und störten so die Entschärfung. Ähnlich halt wie die Besserwisser, die im Supermarkt ihren Mundschutz nicht mehr aufsetzen, weil sie sich Youtube-Videos von Dr. Mabuse oder Dr. Frankenstein angeschaut haben, die die Pandemie für nicht vorhanden oder beendet erklärten. Kurzum: Der Teil der Bevölkerung, dessen offenbar soziale und intellektuelle Beschränktheit zum Problem wird.

Was ist zumutbar?
„Suchet, so werdet ihr finden“, heißt es in der Bibel. Die Stadt Bargteheide sucht und hofft zu finden. Und das seit Jahren. Bisher allerdings vergebens. Seit 2014 steht ein Feuerwehr-Neubau im kommunalpolitischen Fokus, wird ein geeigneter Standort ausgelotet. Doch auch sieben Jahre später ist der Boden für eine neue Feuerwache nicht geebnet. Und wird es wohl auch so schnell nicht sein. Zwar gibt es einen Platz an der Bahnhofstraße. Doch das Areal kommt für das LLUR (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume) nicht in Frage. Es hat Bedenken bezüglich des Lärms – insbesondere bei nächtlichen Einsätzen. Schließlich liegt vis-a-vis das Seniorendorf. Und den Bewohnern sei das kaum zuzumuten. Wirklich nicht? Zwar bescheinigt ein Lärmgutachten der Stadt das Gegenteil. Aber Zweifel sind erst einmal gesät und halten sich mitunter hartnäckig. Das ist freilich nicht nur in diesem Fall so. Auf die Annehmlichkeiten will, klar, niemand verzichten. Dafür aber mal zurückzustecken, kommt natürlich gar nicht in Frage. Beispiele gefällig?
Saubere Energie? Ja, bitte! Aber kein Windrad in Sichtweite meines Hauses. Fliegen? Auf jeden Fall. Aber kein Luftkorridor für Urlaubsjets über meinem Heim. Neubaugebiete? Na klar, bei der Wohnungsnot. Aber doch bitte nicht vor meiner Haustür. Egoismus vor. Kompromissbereitschaft wäre besser. Manchmal sollte man einfach Opfer bringen oder auf eine einsame Insel ziehen. Auch wenn viele meinten, sie lebten schon auf einer…

Bittere Pille
Okay, die Diagnose war nicht allzu vielversprechend und der Patient nicht ohne Grund monatelang am Tropf. Aber der unausweichliche Herzstillstand kam dann doch überraschend und treibt den 200 Bediensteten – vom Arzt über die Krankenschwester bis hin zur administrativen Kraft – die Sorgenfalten auf die Stirn. Zum Ende des Jahres wird das Klinikum Borstel geschlossen. Bis zum 31. Dezember ist die Patientenversorgung in der Fachklinik für Lungenerkrankungen, Infektionskrankheiten, Intensiv- und Schlafmedizin sowie Allergien gesichert. Danach nicht mehr. Danach ist das seit 70 Jahren bestehende Haus Geschichte.
Eine große Finanzspritze hätte dem Klinikum, wo jährlich 3000 Patienten stationär aufgenommen und 4500 ambulant behandelt werden, vermutlich reanimiert. Aber die gab und gibt es nicht. Dafür rote Zahlen. Da konnte das zuständige Kuratorium am Ende nur schwarz sehen und den Schlussstrich ziehen: Der Betrieb rechne sich nicht. Punkt. Aus. Aha! Aber womit muss jetzt das Personal rechnen? Geht für die Mitarbeiter die Rechnung auf? Skepsis ist angebracht.
Zwar sollen alle Arbeitsverträge erhalten, so das Universitäts-Klinikum (UKSH) in Kiel, das die Trägerschaft für das weiter bestehende Forschungszentrum in Borstel übernimmt. Aber welche Perspektiven sich letztendlich für die Beschäftigten ergeben, steht auf einem ganz anderen Blatt. Diese Diagnose kann derzeit wohl niemand fällen. Wer möchte auch schon jeden Tag nach Kiel fahren (Lübeck würde ja noch gehen) oder in die Landeshauptstadt gar hinziehen? Vorausgesetzt man erhält wirklich eine Anstellung…

Kommando zurück!
Nicht nur die Wege des Herrn sind unergründlich. Die Wege des Landesministeriums sind es mitunter auch. Nehmen wir einmal als Beispiel die Gemeinde Oststeinbek. Aus Sicherheitsaspekten (man fragt sich nur welche) wurde die Polizeistation vor fünf Jahren geschlossen. Aus Sicherheitsaspekten wird sie nun wieder geöffnet. Damals war die Schließung als „goldener Schuss“ gesehen worden. Fünf Jahre später war man offensichtlich zu der Erkenntnis gelangt, dass das wohl eher ein Schuss nach hinten war. Sonst hätte man das Rad sicher nicht zurückgedreht. Zur Freude der Oststeinbeker. Der vehemente Einsatz für mehr Polizei-Präsenz, für die Rückkehr der Polizeiwache hat sich gelohnt. Schön, dass das Ministerium einlenkte und ein Einsehen hatte. Ein Fall mit Happy End, von dem womöglich andere Gemeinden, denen die Polizeistation ebenfalls aus „Sicherheitsgründen“ genommen wurde, profitieren können – mit Sicherheit?

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