Bike-Sharing ausgebremst: Verleih-Räder Mangelware

Stormarner Tageblatt  12.08.2022

Warum ein kreisweites Angebot in Stormarn unrealistisch ist

Klimaschutzmanagerin beim Kreis Stormarn: Anne Munzel.  Patrick Niemeier
Klimaschutzmanagerin beim Kreis Stormarn: Anne Munzel. Patrick Niemeier
 

Patrick Niemeier

Die Mobilitätswende ist ein entscheidender Faktor in Sachen Klimaschutz. Der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel, aber vor allem für kurze Strecken auch auf das Fahrrad, soll daher attraktiver gemacht werden.

70 Prozent aller Wege im Pkw zurückgelegt

Eine Möglichkeit dazu könnte die Etablierung von „Bike-Sharing“-Angeboten (FahrradVerleihsystem) auch in Kleinstädten sein, wie es gerade von Agnes Heesch, bei der Stadt Bad Oldesloe unter anderem für den Tourismus zuständig, ins Gespräch gebracht wurde. Sie hatte dabei auch eine flächendeckende Lösung für Mietfahrräder angeregt, die am besten vom Kreis Stormarn organisiert werden sollte. Gerade im ländlichen Raum werden noch immer 70 Prozent aller Wege mit dem Pkw zurückgelegt, wie eine Studie des Bundesverkehrsministeriums aus dem Jahr 2019 belegt. Im Schnitt liegen laut dieser Studie auch die höchsten Tagesstrecken pro Person in den kleinstädtischen und dörflichen Räumen wie im Kreis Stormarn.
Es sind im Schnitt 44 Kilometer pro Person pro Tag (in Metropolen insgesamt 37), von denen in den ländlichen Regionen 37 Kilometer mit dem Pkw zurückgelegt werden. Wenn ein Pendler pro Tag fünf Kilometer zur Arbeit fährt, so stößt sein Pkw laut Berechnungen bei einem Verbrauch von sieben Litern Benzin pro 100 Kilometer an 210 Arbeitstagen insgesamt 340 Kilogramm Kohlendioxid aus.
Dabei handelt es sich um Emissionen, die vermieden werden könnten. Während in Großstädten 31 Prozent der Haushalte keinen eigenen Pkw besitzen, sind es im ländlichen Raum nur zehn Prozent. Aber auch ohne, dass ein Pkw abgeschafft wird, hilft die Multimodalität – ein Mix aus Pkw, ÖPNV und Radnutzung – bereits die Kilometer mit dem Pkw deutlich zu senken und somit auch den Kohlendioxid-Ausstoß. Aus Sicht von Agnes Heesch könnte daher ein kreisweites Bike-Sharing-Angebot nicht nur Touristen dabei helfen, den Umstieg vom Vier- auf das Zweirad zu beschleunigen oder zu unterstützen. Die Idee eines kreisweiten Bike-Sharing-Angebots sieht Anne Munzel, Klimaschutzmanagerin in der Kreisverwaltung, allerdings sehr skeptisch.
„Aktuell bestehen keine Überlegungen eines kreisweiten Bike-Sharing-Angebots“, sagt Munzel: „Viele große Städte nutzen Bike-Sharing um den Pkw-betriebenen Individualverkehr zu minimieren und unter anderem die „letzte Meile“ zwischen anderen Mobilitätsangeboten zu schließen.

Notwendige Verkehrswende
Allerdings sei das Angebot eben nur dann interessant für die Bürger, wenn eine bestimmte Dichte an zur Verfügung stehenden Fahrrädern gegeben ist und somit die Ausleih-Möglichkeit auch zuverlässig sei, so Munzel. Daher finde man solche Angebote nur in größeren und kleineren Städten sowie wenigen Gemeinden, in denen in einem sehr begrenzten Radius die Siedlungsdichte und die Nachfrage hoch genug sei. Generell sei es aber gut, dass Bad Oldesloe oder auch andere Städte und Gemeinden in Stormarn über solche Ausleihmöglichkeiten nachdenken, auch wenn sie nicht kreisweit umgesetzt werden. „Potenziale zu ermitteln und Überlegungen zur Umsetzung von Bike-Sharing-Angeboten in den Städten und bevölkerungsreichen Gemeinden in Stormarn anzustellen, ist in Hinblick auf die notwendige Verkehrswende sinnvoll und notwendig“, sagt Anne Munzel.

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