Immer mehr Waffen in Stormarn

Stormarner Tageblatt  19.12.2022

Sportschützen, Jäger und Sammler: Die Zahl der Privateigentümer stieg in fünf Jahren um 40 Prozent

Finn Fischer

Vor etwas mehr als einer Woche haben die Sicherheitsbehörden in Deutschland 22 mutmaßliche Putschisten festgenommen. Bei den Extremisten soll es sich um sogenannte Reichsbürger handeln. Also um Personen, die die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik ablehnen. Sie wollten laut Generalbundesanwaltschaft mit Waffengewalt die Regierung stürzen und einen neuen Staat aufbauen.
Die mutmaßlichen Putschisten waren teils schwer bewaffnet. Bei den Razzien wurden hunderte legale und illegale Waffen gefunden. Darunter 19 Faustfeuerwaffen (Pistolen, Revolver) sowie 25 Langwaffen (Gewehre).

Mutmaßliche Putschisten haben legale Waffen
Unter anderem in Untersuchungshaft sitzt die Richterin und ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Als Sportschützin soll sie selbst mehrere legale Schusswaffen besitzen, wie unter anderem der „Spiegel“ berichtete.
Das wirft die Frage auf: Wie wird gewährleistet, dass nur verantwortungsbewusste Menschen in den Besitz legaler Schusswaffen gelangen? Und wie wird sichergestellt, dass eine Erlaubnis entzogen wird, wenn sich Waffenbesitzer als unzuverlässig erweisen? Und reicht das derzeitige Waffenrecht aus?
In Stormarn befinden sich, Stand 15. Dezember 2022, 12994 Revolver, Pistolen und Gewehre in Privatbesitz, aufgeteilt auf 5015 Personen, denen – wie Birgit Malsack-Winkemann – eine Waffenbesitzkarte ausgestellt wurde. Während die absolute Zahl an Schusswaffen in Privatbesitz (2017: 13912) innerhalb von fünf Jahren leicht gesunken ist, ist die Zahl der Waffenbesitzer (2017: 3544) um satte 40 Prozent gestiegen.

Jäger ist größte Gruppe der Waffenbesitzer
Die größte und gleichzeitig am schnellsten wachsende Gruppe an Waffenbesitzern sind Jäger. 2019 waren es noch rund 1300. Mittlerweile gibt es in Stormarn laut Kreis etwa 1500 Jäger. Hinzu kommen derzeit rund 900 Sportschützen. Ebenfalls berechtigt sind Waffensammler, Sachverständige, Sicherheitskräfte, Erben und Personen mit besonderer Gefährdung.
Ob jemand eine Schusswaffe besitzen darf und eine Waffenbesitzkarte ausgestellt bekommt, prüft die Waffenbehörde des Kreises Stormarn. Sie gehört zum Fachbereich Sicherheit und Gefahrenabwehr, die von Andreas Rehberg geleitet wird. Er sagt: Vollständige Sicherheit gibt es nicht.
Grundsätzlich sieht Rehberg beim derzeitigen deutschen Waffenrecht keine größeren Defizite: „Der Informationsaustausch zwischen Behörden läuft in der Regel gut und ist teilweise automatisiert. Da gibt es keine größeren Probleme.“
Vor jeder Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis fragt die Waffenbehörde beim Verfassungsschutz nach, ob Bedenken bestehen. Im Zweifelsfall werden weitere Behörden abgefragt. Das wird alle drei Jahre wiederholt. Denn Zuverlässigkeit kann sich ändern. Andreas Rehberg: „Seit 2019 haben wir 15 Personen die Waffenbesitzkarte wieder entzogen, weil die persönliche Eignung oder Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben war.“
Waffenbesitzer haben dann die Möglichkeit, ihre Schusswaffen innerhalb einer Frist zu verkaufen. Passiert das nicht, werden die Waffen mithilfe der Polizei eingezogen. Rehberg: „Ich erinnere mich an zwei solche Fälle seit 2019.“

Lagerung der Waffen besser kontrollieren
Grundsätzlich hält Andreas Rehberg illegale Waffen für das weit größere Problem, wenn es um Kriminalität oder Extremisten geht. Allerdings ist es auch so, dass jede illegale Waffe irgendwann mal legal war und etwa durch Verlust, Diebstahl oder andere Wege in die Hände von Kriminellen gelangt. Rehberg berichtet von sehr geringen Verlustzahlen: „Dass registrierte Waffen abhandenkommen, kommt praktisch nicht vor.“ Um mögliche Verluste aber auch unsachgemäße Lagerung festzustellen, will der Kreis Stormarn im kommenden Jahr – wie schon 2019 – verstärkt kontrollieren und Waffenbesitzer unangekündigt besuchen.

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