Betrachtungen zum Wochenausklang: Stormarner Eigenarten

Stormarner Tageblatt   20.04.2019

Stormarner Wochenschau

Stormarner Eigenarten

Der E-Highway ist fast fertig: Was fehlt, sind die Lkw.Megi Balzer
Der E-Highway ist fast fertig: Was fehlt, sind die Lkw.Megi Balzer

Patrick Niemeier und Stephan Poost

Pünktlichkeit Elbphilharmonie, BER, Stuttgart 21 oder „Gorch Fock“, die Liste der Problembaustellen in Deutschland ist lang. Anders im beschaulichen Stormarn, der E-Highway ist fast fertig, die Rettungskräfte aus Bad Oldesloe, Reinfeld und Lübeck wurden geschult. Im Juni ist die Strecke bereit. Nur die Lkw sind dann noch nicht da. Der am Projekt beteiligte Spediteur Bode rechnet zu Anfang September mit der Lieferung der summenden Brummis. So werden wir uns alle noch ein wenig gedulden müssen, bis die mit Strom angetriebenen Laster dort rollen. Schade eigentlich! Wenn wir hier schon so rechtzeitig fertig sind, können wir es doch kaum erwarten.

Kartentrick Warum der Kreis Stormarn so lange braucht, um die Bildungskarte einzuführen, wird wohl nie so ganz aufgeklärt werden. Waren es Fehler in der Verwaltung, waren es Falschinformationen, Personalmangel oder doch das von Oldesloer Lokalpolitikern vorgeworfene Desinteresse an finanziell schwachen Mitbürgern? Dass einer der reichsten Kreise Deutschlands bei sozialen Themen immer häufiger kritisch in den Fokus gerät, ist peinlich. Dass es tausende Kinder gibt, die als arm gelten, ist beschämend. Da braucht sich niemand für Schuldenfreiheit oder Wirtschaftsstärke auf die Schultern klopfen, solange soziale Fragen nicht gelöst sind. Einer der reichsten Kreise des Landes zu sein, ist nur ein Grund stolz zu sein, wenn vor allem die finanziell Schwachen davon ebenso profitieren wie Wirtschaft, Infrastruktur und Villenbesitzer im Hamburger Speckgürtel.

Ausgetanzt Die Umfrage zur Studie „Vitale Innenstädte“ hatte in Bad Oldesloe unlängst ergeben, dass die Oldesloer sich mehr Events in der Innenstadt wünschen. Der 2017 sehr erfolgreiche „Tanz in den Mai“ wird 2019 nun doch nicht dazugehören. Wie es dazu kam, dass niemand mehr Interesse hatte, den Tanz durchzuführen, ist ein Lehrbeispiel, wie schwer es sein kann, überhaupt eine Belebung von Innenstädten umzusetzen. Einfach mal eine Veranstaltung machen, funktioniert nämlich nicht. Die Vorgänge, die an einem Event hängen, demotivieren und frustrieren häufig. Das ist kein rein Oldesloer Problem, sondern die Folge deutscher und europäischer Regelungswut. Zunächst besteht das Problem, dass – wenn mehrere Organisatoren an einem und denselben Event Interesse haben, die jeweilige Stadt an den eingereichten Konzepten gebunden abwägt und sich offen hält, wer den Zuschlag für die jeweilige Nutzung eines Platzes bekommt. Dieser Prozess kann sich so lange hinziehen – und das ist dann eher ein lokales Problem – dass der ehemals noch interessierte Veranstalter gar keine Lust mehr hat oder zu wenig Planungssicherheit. Ist diese Hürde genommen, folgen Auflagen und Nutzungskosten. Im ersten Bereich sollten die Städte und Gemeinden sich allesamt auf die Fahnen schreiben, dass sie nicht primär Verbote durchsetzen sollen oder quasi nach Fehlern der Veranstalter suchen, sondern im Sinne der Bürger und Veranstalter arbeiten. Auch da ist häufig Nachbesserungsbedarf in Verwaltungen, die nicht das Image einer Verbots- und Auflagenbehörde bekommen sollten, die zu oft wie Eventverhinderer und nicht wie Eventunterstützer wirken. Im Bereich der Nutzungskosten müssen die Städte und Gemeinden abwägen. Wollen sie die Belebung ihrer Plätze und Straßen, werden sie dort verzichten müssen. Events sind Imagemaßnahmen, können aber nicht die Stadtkasse füllen. Veranstalter, die in Kleinstädten mit den angeblichen „Säcken voller Gold“ aus den Stadttoren reiten, gibt es längst nicht mehr. Ausschreibungen, harte Auflagen und hohe Nutzungskosten töten die Belebung so oft, bevor sie beginnt.

 
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