Die Inzidenz-Verwirrung

Stormarner Tageblatt  29.04.2021

Entscheidend für Lockerungen und Verschärfungen der Corona-Regeln ist der RKI-Inzidenzwert

Die Fallzahlen im Kreis Stormarn mit Stand 27. April. Rot in diesem Fall die aktiv Infizierten, orange gefärbt die Neuinfizierten der vergangenen sieben Tage.  Kreis Stormarn
Die Fallzahlen im Kreis Stormarn mit Stand 27. April. Rot in diesem Fall die aktiv Infizierten, orange gefärbt die Neuinfizierten der vergangenen sieben Tage. Kreis Stormarn

Patrick Niemeier

Schulen geschlossen, Kitas im Notbetrieb, Ausgangsbeschränkungen ab 22 Uhr. In Stormarn gilt seit Sonnabend eine Art schleswig-holsteinische Sonderausprägung des Bundes-Lockdowns.
Doch wie lange soll das eigentlich so bleiben und warum wurde er schon Sonnabend begonnen? In Kraft trat er, nachdem im Kreis drei Tage in Folge der Corona-Inzidenzwert von 100 überschritten worden war. Zumindest laut der Zahlen des Kreises. Denn was Kritiker auf den Plan ruft, ist die Diskrepanz dazwischen, dass der Kreis den Donnerstag als den dritten Tag in Folge rechnete, das Robert-Koch-Institut (RKI) aber für einen Tag zuvor eine Inzidenz von nur rund 85 angegeben hatte. Warum wurde die Bundesnotbremse trotzdem gezogen? Wie schon berichtet, hatte das RKI eine falsche Zahl berechnet. Das lag aber nur an einem Übertragungsfehler. Fälschlicherweise war so ein Tag mit null neuen Fällen in die Statistik eingegangen, was den Sieben-Tage-Wert deutlich verringerte.
Kreis, Land und RKI konnten diesen Fehler aufklären und so traten ab Sonnabend härtere Regeln in Kraft. Diese werden nach aktuellem Stand mindestens bis Donnerstag, 6. Mai, bestehen bleiben müssen. Zumindest wenn man strikt dem Bundesinfektionsschutzgesetz folgt, und das ist wohl nicht zu vermeiden.
Demnach muss der Inzidenzwert nämlich fünf Werktage in Folge unter 100 liegen. Dafür zählen aber die Inzidenzwerte des RKI. Dort gibt es aktuell noch Vermeldung einer eintägigen Verzögerung. Heißt: der Corona-Inzidenzwert von 99,9, den der Kreis für Dienstag vermeldete, gilt beim RKI als für Mittwoch vermeldet.
Damit ist in der Konsequenz also der 28. April und nicht der 27. April der erste Werktag unter 100 in Stormarn. Das hat natürlich Einfluss auf die Zählung. Die sieht nämlich laut Kreissprecher Gregor Tuscher wie folgt aus: Sollte die Inzidenz jeden der jetzt folgenden Tage unter 100 bleiben, wird die Anzahl der fünf Tage am Dienstag, 4. Mai, erreicht werden können. Der Sonnabend fällt als 1.Mai Feiertag genau wie der Sonntag aus der Werktagszählung. Demnach wären Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Montag und Dienstag die fünf notwendigen Tage, an denen das RKI jeweils eine Inzidenz von unter 100 für Stormarn vermelden muss. Wenn dem so sein sollte, können die Maßnahmen der Corona-Notbremse am übernächsten Tag aufgehoben werden. Das wäre entsprechend der Donnerstag.
Verwirrung bestand außerdem auch weiterhin darüber, weshalb Schulen und Kitas in ihrem Betrieb in Stormarn deutlich heruntergefahren wurden. Denn laut der Bundesgesetzgebung ist das ja erst für eine Inzidenz von 165 vorgesehen. Allerdings steht es einem Bundesland immer offen, härtere Regeln anzuwenden. Das hat das Land Schleswig-Holstein getan. Hier gilt der Wert 100 weiterhin.
Für den gestrigen Mittwoch vermeldete der Kreis Stormarn übrigens eine Inzidenz von 94,2. Dieser errechnet sich aus den 230 bestätigten Neuinfektionen der vergangenen sieben Tage. Am Mittwoch waren 33 neue Fälle hinzugekommen. Es kam auch zu einem weiteren Todesfall unter den Infizierten. Ein Mann aus der Alterklasse über 90 überlebte seine Infektion nicht. Es war der 293 Todesfall unter den Infizierten seit Beginn der Pandemie in Stormarn.

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