Entsetzen über Gebühren-Pläne

Stormarner Tageblatt  12.05.2021

Kostenpflichtige Parkzonen in Bad Oldesloe sollen ausgeweitet werden / Frust bei vielen Kreisstädtern

Obacht: Wer in Bad Oldesloe parken will, wird bald an neu eingeführten Parkgebührenzonen zur Kasse gebeten.  Patrick Niemeier
Obacht: Wer in Bad Oldesloe parken will, wird bald an neu eingeführten Parkgebührenzonen zur Kasse gebeten. Patrick Niemeier

Patrick Niemeier
Heftig schüttelt Karsten Lohmann auf dem Oldesloer „Park-and-ride“-Parklplatz mit dem Kopf. „Ich sage dazu lieber gar nichts. In Zukunft werde ich halt nicht mehr mit der Bahn pendeln, sondern gleich direkt mit dem Auto fahren“, sagt er und schlägt seinen Kofferraum geräuschvoll zu. Auch er habe am Vortag erfahren, dass die Stadt Bad Oldesloe auf seinem täglich genutzten Gratis-Bahnhofs-Parkplatz bald Gebühren erheben wird.
„Das ist Irrsinn. So viel zum Thema Bahnfahren attraktiver machen“, ergänzt eine junge Autofahrerin, die gerade neben ihm einparkt und das Thema mithörte. Auch sie werde es sich – je nach Höhe der Parkgebühren – überlegen, ob sie in Zukunft nicht lieber direkt mit dem Auto nach Lübeck fahre. Die Ankündigung der Stadtverwaltung, die Parkgebühren-Zonen in Bad Oldesloe deutlich auszuweiten, trifft in diesen Tagen auf wenig Verständnis, dafür aber auf Wut und Sorgen in der Öffentlichkeit, in Teilen der Lokalpolitik.
Vor allem der Fakt, dass in manchen Anwohnerstraßen, auf dem Park & Ride-Parkplatz am Bahnhof und vor den Schulen zeitnah Gebühren erhoben werden sollen, können viele Bürger der Kreisstadt absolut nicht verstehen. „Dann fahren alle wieder mit dem Auto direkt zur Arbeit, weil es günstiger ist“, kommentiert der Oldesloer Haddy Gramkow und findet viel Zustimmung zu seinem Kommentar unter dem Artikel des Stormarner Tageblatts zu dem Thema. Zusätzlich zum Bahnticket nun auch noch einen Parkschein zu ziehen, ist auch aus Sicht weiterer Oldesloer in Zukunft ein Grund, die Bahn nicht zu nutzen oder Oldesloe gleich ganz zu meiden.
Die Grünen der Kreisstadt hatten daher versucht, wenigstens für Pendler mit einem HVV-Ticket die Parkgebühr-Pflicht zu verhindern. Aber das sei nicht möglich, wie Lajoscha Rausch von der Stadtverwaltung erklärte. „Es gibt dann auch noch andere Nutzer mit Dauerkarten und Pendler, die keine Monatskarte haben. Das haben wir rechtlich abklären lassen. Sie können nicht von Parkgebühren befreit werden“, führte Rausch aus. In den politischen Fraktionen hatte man andere Vorstellungen von einem „Park-and-ride“-Parkplatz. Wurde aber rechtlich eines Besseren belehrt. „Es ist tatsächlich nur eine zusätzliche Beschreibung und kein Verkehrszeichen mit anderen Rechten“, so Rausch. Die Parkgebühr am Bahnhof werde also kommen.
Bürgermeister Jörg Lembke verwies pragmatisch darauf, dass Radfahrer in Zukunft im im Bau befindlichen Radhaus ebenfalls zahlen müssen. Außerdem gelte es, Dauerparker zu vertreiben. Einen Widerspruch zu Klimaschutzzielen sehe er nicht. „Man kann doch nicht ernsthaft diejenigen bestrafen, die Bahn und Bus nutzen. Solche Beschlüsse sind in jeder Beziehung auch extrem klimaschädlich: Kommen zum ohnehin teuren Bahnfahren auch noch Parkgebühren am Bahnhof, werden die ohnehin gegenüber anderen Arbeitnehmern benachteiligten Pendler vielfach gleich ganz das Auto zur Fahrt zum Arbeitsplatz nutzen“, ist Karin Harms (FBO) entsetzt.
Sie sieht vor allem auch negative Folgen für die Innenstadt. „Der Zeitpunkt zur Verteuerung des Parkens in der Oldesloer Innenstadt ist fatal“, führt Harms weiter aus. Das Einkaufen in Bad Oldesloe werde aus ihrer Sicht nun noch unattraktiver gemacht. „Wir finden den Zeitpunkt der Diskussion in der Pandemie nicht glücklich. Immerhin wurden die Parkzonen angepasst, das ist positiv. Für uns gehört es aber eigentlich in das gerade erst entstehende Einzelhandels- und Verkehrskonzept“, sagt auch Nicole Brandstetter, Vorsitzende der Wirtschaftsvereinigung.
Anwohner der betroffenen Straßen rund um Schule, die hofften, dass sie Anwohnerparkausweise erhalten könnten, wurden von der Verwaltung abgewiesen. „Es gibt strenge gesetzliche Grundlagen für Anwohnerparkausweise und die sind hier nirgendwo erfüllt“, sagte Rausch. Dass einige Bürger nicht die Möglichkeit hätten, auf ihrem Grundstück zu parken, sei individuell problematisch, aber kein ausreichender Grund, sie von einer Ticketpflicht zu befreien. „Bürgerfeindlich“ sei dieses Vorgehen, sagt die FBO.
Die Verwaltung weist darauf hin, dass der Exer zumindest für Innenstadtbesucher ja als kostenloser Parkplatz weiterhin zur Verfügung stehen werde. Wenn wir das mit anderen Parkplätzen im Innenstadtbereich auch machen, parken da nur noch Mitarbeiter der Geschäfte. Das wäre doch viel schädlicher. Es besteht aber die Befürchtung, dass der Druck auf diese wenigen kostenfreien Parkplätze sich nur weiter erhöht. Unmut regt sich derweil rund um die Oldesloer Schulen. Die Forderungen von Parkausweisen wurde auch dort laut. Schließlich müssten Lehrer oder Mensa-Mitarbeiter doch in der Nähe ihres Arbeitsplatzes parken können. Doch dem schiebt Bürgermeister Lembke einen Riegel vor. „Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben zum Beispiel auch keine eigenen Parkplätze, warum sollten Lehrer oder Schüler darauf ein Anrecht haben?“, sagte der Verwaltungschef.

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