Theaterstück würdigt den „Pferdeflüsterer“

Stormarner Tageblatt  27.05.2021

Der Oldesloer Krischan Thegen galt als Sonderling, nach seinem Tod wurde er allerdings für seine naive Kunst weltberühmt

Krischan Thegen (Foto in der Mitte des Bildes) wurde nach seinem Tod als Maler weltbekannt.  privat/Susanne Rohde
Krischan Thegen (Foto in der Mitte des Bildes) wurde nach seinem Tod als Maler weltbekannt. privat/Susanne Rohde

Susanne Rohde-Posern
Mit dem Open-Air-Stück „Das Original – Krischan Thegen“, ein kurzweiliges Live-Theaterstück für die ganze Familie, möchte „Bad Oldesloe macht Theater“ aus der coronabedingten Zwangspause entkommen.
Die Aufführungen sind für Juli und August geplant und sollen als „Wandeltheater“ auf die Straße gebracht werden, natürlich pandemiegerecht und „mit Abstand“.

Ein Projekt gegen die Pandemiemüdigkeit
„Unsere Idee war es, etwas gegen die Pandemiemüdigkeit zu unternehmen“, sagt Maximilian Ponader. Denn die ursprünglich für 2020 geplanten Open-Air-Aufführungen des Badomat-Theaterstücks „Neue Heimat Oldesloe“ mussten in das Jahr 2022 verschoben werden.
Doch um wen geht es in dem Stück eigentlich? Der historisch verbürgte Protagonist des geplanten Wandeltheaters ist Carl Christian Thegen (geboren 1883 in Bad Oldesloe), genannt Krischan, ein Oldesloer Original, das einige Zeitzeugen noch persönlich kennengelernt haben.

Eine Straße wurde nach ihm benannt
Sogar eine kleine Straße im Steinfelder Redder wurde nach ihm benannt. Er galt Zeit seines Lebens als Sonderling und hatte nach allen vorliegenden Berichten nie einen Beruf erlernt. Er lebte als Vagabund, war meist obdachlos und viele Mitbürger hielten ihn für ein bisschen verrückt.
Er reiste umher, arbeitete mal hier und mal dort, aber am liebsten mit Tieren, ist überliefert. Er soll den Intellekt eines Kindes, aber ein großes Gespür für Tiere gehabt haben. „Er war eine Art Stormarner Pferdeflüsterer“, glaubt Maximilian Ponader. Deshalb arbeitete Krischan Thegen bisweilen auch in einem Zirkus und in Hagenbecks Zoo in Hamburg als Tierpfleger.
Außerdem reiste er in Länder in aller Welt, um für Hagenbeck dort wilde Tiere zu fangen. Während des zweiten Weltkriegs wurde er in der Psychiatrie in Hamburg Ochsenzoll untergebracht, entging aber den Euthanasieverbrechen der Nazi-Diktatur.
Im Alter von etwa 50 Jahren begann Krischan Thegen nach allem was man weiß, plötzlich an zu malen. Er arbeitete damals als Gärtner bei Emil Maetzel in Volksdorf. Dabei sah er dem Architekten und Maler beim Aquarellieren zu. „Dat kan ick ok un noch vel beter!“ soll Krischan da gerufen haben. Er griff laut der Überlieferungen zu Farben, Pinsel und Papier und malte hunderte Bilder – Cowboy- und Indianergeschichten, Darstellungen aus der Bibel und dem Zirkus, Tiere im Zoo, einen Stierkampf und eine tanzende Salome.
Thegen malte alles, was er im Kopf hatte, kindlich-naiv in bunten Deckfarben oder mit Bleistift auf Papier, oft auch auf die Rückseite von Tapeten. Viele seiner Bilder verschenkte er einfach, außerdem legte er sich ein Musterbuch für Bilderbestellungen an.
Kaum jemand hielt damals seine Bilder tatsächlich für „Kunst“. Das änderte sich erst nach seinem tragischen Tod im September 1955, als Krischan Thegen in einer Scheune von der Leiter fiel und sich das Genick brach. Bald waren seine Bilder begehrt und erzielten bei Sammlern Höchstpreise.
Er wurde zu einem Klassiker der Naiven Kunst und seine Bilder hängen heute in Galerien in aller Welt und sogar im Museum of Modern Art in New York. „Wir werden ein schönes und lebendiges Panorama von 30 Jahren seines Lebens darstellen“, verspricht der Regisseur, der noch an dem Dialogbuch feilt. Die Idee dahinter sei, dass die Rolle des Krischan Thegen sein Publikum im Sommer durch die Oldesloer Innenstadt führt und an vier verschiedenen Stationen von seinem außergewöhnlichen Leben erzählt.
Die Rolle soll doppelt besetzt werden, denn auf seinem Weg durch die Stadt wird er immer älter. An jeder Station warten weitere Schauspieler, die die Episoden lebendig werden lassen. Spielerisch konfrontiert Krischan im das Publikum mit der Frage, ob es auch seinem Innersten treu ist: Zeigt man seinen Mitmenschen nur eine schützende Fassade – oder zeigt man sich wirklich selbstbewusst als das „Original“? Außerdem gibt es Tanz, Gesang und Musik aus jener Zeit, gespielt vom Sänger und Pianist Christoph Wiatre.
Wer noch Interesse hat sich einzubringen, kann sich per Mail bei Badomat unter info@badomat.net melden. Wer noch etwas zu Krischan Thegen beitragen kann, wird gebeten, sich bei Maximilian Ponader telefonisch unter 01578/7608425 oder per E-Mail m.ponader@nysakultur.de zu melden.

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