Stormarner Wochenschau: Die Kirche einfach mal im Dorf lassen

Stormarner Tageblatt  17.07.2021

Die Kirche einfach mal im Dorf lassen

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Nicht tonangebend: Sirenen in Stormarn. Karikatur: Megi Balzer

Guido Behsen, Patrick Niemeier und Volker Stolten

Testalarm
Mit Ruhm hat man sich nicht bekleckert beim großen Sirenen-Test in Stormarn. Dass die automatische Ansteuerung offenbar nicht funktionierte, ist allerdings eine Erkenntnis, mit der man was anfangen kann. Schlimm wäre es gewesen, wenn es erst im Ernstfall aufgefallen wäre, dass irgendwas seinen Dienst nicht macht. Wie schnell Naturkatastrophen über einen hereinbrechen können, zeigt sich ja gerade im Südwesten Deutschlands. Der Tonfall mancher Kritik im Internet schießt aber wieder über das Ziel hinaus, wenn mit „die können halt gar nichts“ oder „die müssten alle gefeuert werden“ aus verbalen Rohren gefeuert wird. Da muss man die Kirche mal im Dorf lassen. Apropos…..

Um Himmelswillen…
Seit Jahren nagen die Kirchen am Hungertuch. Weniger Mitglieder, weniger Kollekte. Rücklagen schmelzen. Gebäude müssen vermietet oder verkauft werden, Pastorate ebenfalls, um überhaupt noch über die Runden zu kommen. Insbesondere kleinere Kirchengemeinden, die über keinen Finanz-Puffer verfügen und eh von der Hand in den Mund leben, stehen mit dem Rücken zur Wand. Und angesichts der Corona-Pandemie bleibt ihnen kaum Luft zum Atmen. Da wünschte man sich ein Sauerstoffzelt, das einen wieder aufpäppelt. Für die kleine, aber feine Kirchengemeinde Hoisbüttel in Ammersbek könnte der Wunsch in Erfüllung gehen.
Dort ist ein Sauerstoffzelt in Form eines Partners gefunden worden. Die „Kirchenpark an der Lottbek GmbH“ ist bereit, für die Kirche, für das Gemeinwohl viel Geld in die Hand zu nehmen, um ein neues Gottes-Quartier für jedermann aus dem Boden zu stampfen. Versehen mit barrierefreien und bezahlbaren Wohnungen, Tiefgarage, Extraräumen, größeren Grünflächen und einem neuen Glockenturm, der den alten ersetzt. Wer kann allein zu mehr Wohnraum schon nein sagen? Bürger tun das nicht, die Gemeinde, allen voran Bürgermeister Horst Ansén, auch nicht. Das Kirchenpark-Projekt wird von vielen Seiten gelobt und befürwortet. Doch letzten Endes muss es vom Kirchenkreis befürwortet und abgesegnet werden. Der muss in die Finanzbücher schauen und abwägen, ob sich das neue Quartier finanziell trägt. Wann das Votum erfolgt, ist derzeit unklar. Klar ist: Nach den Sommerferien starten die Bürger-Workshops zum geplanten Kirchenzentrum an der Lottbek. Der Plan ist gut und die Hoffnung da, dass sich alles zum Guten wendet. Das wäre schön und ein Zeichen gegen den Trend – made in Stormarn! Mit Gottes Hilfe müsste es doch klappen. Allerdings sind die Wege des Herrn mitunter unergründlich…

Heile Welt
In Zeiten, wo anderenorts in Deutschland ganze Landstriche ausradiert werden, wo es viele Tote und noch viel mehr Vermisste gibt, mutet die Nachricht von einem Filmpanzer, der in einem Stormarner Dorf für Aufsehen sorgt, unsagbar banal an. Und doch ist es gerade angesichts der erschütternden Bilder aus dem Westen und Südwesten des Landes erholsam, ein wenig Zeit auf die heile Welt von „Büttenwarder“ zu verwenden. Auf Adsche Tönnsen, auf urige Drehorte in Granderheide und Grönwohld. Und eben auf die Haubitze, genannt „Gwosdika“ (Nelke), die aus einem Museum für ostdeutsche Technik und Fahrzeuge im Harz in den hohen Norden verfrachtet wurde.

Alternative Fakten
Morgen werden gleich vier Bomben in Bad Oldesloe entschärft. Und sie liegen definitiv nicht in der Hebbelstraße, wie es vor lauter Ungeduld und trotz Unwissens mit großem Selbstbewusstsein durch die sozialen Medien im Internet kursierte. Fehlinformation und offenbare Profilneurosen werden auch lokal immer häufiger zum Info-Gau.
Denn ohne Recherche und basierend auf gefühltem Viertelwissen, posten Mitmenschen immer häufiger puren Unsinn. Auf der Jagd nach Aufmerksamkeit, Klicks und Likes geht da oft Verantwortungsbewusstsein und Nachdenken über das eigene Tun verloren. Da das dann leider auf oft mangelnde Medienkompetenz trifft, welchen Quellen man trauen sollte, ist ein Info-Chaos vorprogrammiert.

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