Stormarner Tageblatt 24.09.2021
Unterstützung in Bad Oldesloe: Lokalpolitik stimmt mit großer Mehrheit einem Pilotprojekt zu
Patrick Niemeier
Sie waren lange durch das Gebaren des Vermieters verängstigt, fühlten sich im Stich gelassen und hatten das Vertrauen in Vermieter und zum Teil in die Gesellschaft verloren. Doch seitdem sich Quartiersmanagerin Maria Herrmann mit ihrem Team im Treffpunkt „Plan B“ für die Mieter der Hochhäuser im Oldesloer Hölk und Poggenbreeden einsetzt, haben einige neuen Mut gefasst. Nachdem der Besitzerwechsel zu der Adler Real Estate Group sich erst wie ein Hoffnungsschimmer anfühlte, wurde er für viele Mieter aus ihrer Sicht zum erneuten Albtraum – defekte Heizungen und Fahrstühle, kaputte Türen und Löcher im halbfertigen Küchenboden waren nur einige der Punkte, die sie verzweifeln lassen, oder, man müsste eher sagen „ließen“.
Denn wie Herrmann schon vor mehreren Monaten berichtete, ist es durch lange Gespräche und zahlreiche Aktionen gelungen, dass eine Reihe Mieter Vertrauen zu ihr und dem Plan-B-Team gewonnen haben. Gleichzeitig sinke die Angst vor den Vermietern. Das liegt auch daran, dass immer mehr Menschen sich engagieren. Sei es der CDU-Stadtverordnete Jens Wieck oder mittlerweile auch der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Habersaat. Neben dem, was tatsächlich erreicht werde, sei es ein wichtiges Signal, dass die betroffenen Mieter nicht vergessen werden.
Jetzt wird auch eine spezielle Mieterberatung für die Bewohner der beiden in den 1970er-Jahren erbauten Hochhäuser eingerichtet. Diese soll helfen, dass die Mieter noch besser und fundierter über ihre Rechte und auch über mögliche juristische Schritte aufgeklärt werden. Die Lokalpolitik hat diesem Projekt zugestimmt. Es soll von den Mietern genutzt werden können, die Sozialhilfe empfangen. Denn diesen stünden besonders wenige finanzielle Mittel zur Verfügung, um sich zum Beispiel einen Anwalt zu nehmen. Herrmann hatte darauf hingewiesen, dass diese Betroffenen nicht unbedingt Angebote annehmen, die weiter entfernt sind oder Geld kosten. Eine kompetente Beratung soll den Mietern auch den Rücken stärken, wenn der Vermieter mit Rausschmiss oder Strafgeldern droht. Geplant ist es, dass einmal in der Woche eine Mietersprechstunde für diesen Zweck im Quartierstreff eingerichtet wird.
Erfahrene Berater könnten dann entscheiden, ob die Mieter an andere Stellen verwiesen werden sollten. Es sei Unterstützung von anderen Stellen bereits zugesagt. Es sei auch wünschenswert, dass ein betroffener Mieter mal den Rechtsweg einschlage und so einen Präzedenzfall schaffe, hatte Herrmann kürzlich im Bildungs-, Sozial- und Kulturausschuss betont.
FDP meldet Bedenken an
Rechtliche Bedenken brachte die FDP an. Anita Klahn sieht eine versteckte Subventionierung von Mietervereinen. Dieser Argumentation möchte die Verwaltung aber nicht folgen. Sie sieht kein juristisches Problem. Die Stadt kostet das Angebot 6895 Euro.
Die Lokalpolitiker stimmten mit großer Mehrheit zu. Die Pilotprojektphase soll zwei Jahre dauern. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite der beiden Wohnblöcke, die das Stadtviertel optisch prägen, weht derweil das Protestplakat, das vor den Häusern selbst von Mitarbeitern der Adler Real Estate entfernt worden war. Dass es wieder aufgehängt wurde, ist auch ein Ausdruck des neu gewonnenen Selbstbewusstseins der Mieter, die sich nicht mehr alles bieten lassen wollen.