Stormarner Tageblatt 27.09.2021
SPD und CDU liegen auch im Kreis eng beieinander / Klimaschützer beklagen fehlenden Mut zum Wandel
Patrick Niemeier
Ein erstes Fazit der Bundestagswahl steht fest. Der politische Rutsch in Richtung rot-rot-grün ist 2021 ausgeblieben. Hunderte Stormarner waren am Freitag nochmal direkt vor den Kreistag gezogen und hatten für mehr Klimaschutz auch direkt in Stormarn demonstriert. Dabei schwang auch zugleich die Forderung nach einem kompletten deutschlandweiten Politikwechsel mit. Denn die Klimaschützer rund um die „Fridays for future“ nannten die gestrige Bundestagswahl eine, die nicht schicksalshafter sein könnte.
Erwartet wurde daher ein deutlicher Schwung in Richtung der Parteien, die am lautesten für mehr Klimaschutz eintraten. Nicht wenige Menschen bei der Kundgebung glaubten auch noch immer an einen Wahlsieg von Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock, auch wenn sie in Umfragen bereits deutlich hinter den Parteien von Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) lag. Umfragen seien ja schon öfter verkehrt gewesen, hieß es. Am Sonntagabend kehrte daher im Lager dieser Stormarner eine gewisse Ernüchterung ein.
Denn auch wenn wenn die Zahlen für die Grünen in Stormarn und deutschlandweit gut waren, waren sie weit von einem möglichen Wahlsieg entfernt.
Nils Bollenbach, Direktkandidat der Grünen im Wahlkreis 008 und Sprecher von „Fridays for future“ Stormarn, machte daher früh am Abend klar, dass es nicht das sei, was sich die Klimaschützer gewünscht hatten. Und das ganz unabhängig von seinem eigenen Abschneiden. Er selbst lag zum Zeitpunkt dieses Artikels auf Platz drei bei den Direktmandaten im Wahlkreis 008, allerdings deutlich abgeschlagen hinter Gero Storjohann (CDU) und Bengt Berg (SPD). Als Sprecher von „Fridays for future“ könne er aber schon jetzt sagen, dass man ein wenig enttäuscht sei. Denn es habe offenbar nur eine Wanderung der Wähler stattgefunden, die einen grundlegenden Politikwechsel verhindere. „Die Wähler von den Linken sind zu den Grünen abgewandert und die von der CDU zum Teil zur SPD, andere von der SPD dann wieder zu den Grünen“, analysierte Bollenbach. Daher sei auch noch immer eine große Koalition möglich, sagte Bollenbach. Und das habe man immer verhindern wollen.
Insgesamt zeigte sich in Stormarn bei den Direktmandaten der Trend, den man auch bundesweit so beobachten konnte. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden großen Volksparteien und relativ starke Grüne, gefolgt von der FDP. Auch die Wahlbeteiligung spielte sich in ähnlichen Dimensionen ab. In einigen Wahllokalen hatte es – auch durch die Coronaschutz-Maßnahmen – den gesamten Tag über kleine Schlangen und Wartezeiten gegeben. Zu Zwischenfällen kam es nicht. Die Verwaltungen der unterschiedlichsten Städte und Gemeinden zeigten sich zufrieden mit der hohen Resonanz und der relativ hohen Wahlbeteiligung.
In Glinde gab es zum Beispiel im Bürgerhaus einen Musterwahlbezirk (Wahlbezirk 6). Dort wurde stündlich die Wahlbeteiligung gemeldet.
Um 17.30 Uhr waren es 83,3 Prozent. Vor vier Jahren war die Wahlbeteiligung dort deutlich geringer ausgefallen, nämlich nur 53 Prozent. Stadtsprecherin Katharina Richter rechnete deshalb schon relativ früh mit einer insgesamt hohen Wahlbeteiligung.
Tobias Koch, Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag Schleswig-Holstein, sagte, dass er die erste Prognose trotz des historisch schlechten Ergebnis für seine Christdemokraten mit „einem lachenden und einem weinenden Auge“ sehe. Zuletzt habe er festgestellt, dass die Stimmung an Wahlkampfständen besser war, als die Umfragen es suggeriert hätten. Jetzt gebe es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der Chance auf die Regierungsbildung. Aber: „Natürlich ist das kein schönes Ergebnis.“ Es sei gut, dass rot-rot-grün wohl am Ende keine Option sei.